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Blaubeertage (German Edition)

Blaubeertage (German Edition)

Titel: Blaubeertage (German Edition)
Autoren: Kasie West
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ist das auch nicht besonders schwer.
    Skye ist ein paar Jahre älter als ich und arbeitet nebenan in einem Laden, der von dem »mehr« jede Menge verkauft. Es ist ein Antiquitätengeschäft, das sich »Die Schatzgrube« nennt und das ich »Die Müllhalde« getauft habe. Aber die Leute lieben diesen Laden.
    Rein biologisch könnte man es so beschreiben: Skye ist der Wirt und ich ihr Parasit. Sie hat ein Leben. Ich tue so, als wäre es meins. Anders gesagt: Sie hat Stil – sie steht auf bestimmte Musik und ausgewählte Vintage-Klamotten und schräge Frisuren – und ich gebe vor, all das genauso toll zu finden. Nicht, dass ich die Sachen nicht mag; sie sind mir nur einfach egal. Aber ich mag Skye, warum also nicht einfach mitmachen? Ganz besonders, weil ich keine Ahnung habe, was mir wirklich gefällt.
    Ich seufze und mache einen Schritt über sie drüber. »Hast du schon den Sinn des Lebens entdeckt?« Skye benutzt oft den Fußboden unseres Ladens für ihre philosophischen Betrachtungen (eine elegante Umschreibung für: Selbstgespräche).
    Sie stöhnt und legt ihre Hand auf ihre Stirn. »Wenn ich denn zum College gehen würde – was soll ich überhaupt studieren?« Skye würde am liebsten für immer in dem Souvenirladen arbeiten, aber das Collegestudium ist ihrem Hatnie-studiert-und-ist-deswegen-jetzt-Leiter-eines-Beerdigungsinstituts-Vater wichtig.
    »Jammern?«
    »Haha.« Sie setzt sich auf. »Was willst du denn studieren, wenn du fertig bist?«
    Keine Ahnung. »Die Langzeitwirkung philosophischer Betrachtungen.«
    »Wie wär’s mit ›Die Kunst des Sarkasmus‹?«
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich in diesem Fach schon so etwas wie ein Diplom erworben habe.«
    »Aber mal im Ernst, was willst du studieren?«
    Diese Worte höre ich ständig: »Aber mal im Ernst«, oder: »Ganz ernsthaft«, oder: »Spaß beiseite.« So etwas sagt jemand, der eine klare Antwort haben will. Und die will ich nicht geben.
    »Ich hab mir noch nicht so Gedanken darüber gemacht. Wahrscheinlich werde ich mein Hauptfach erst später wählen.«
    Sie legt sich wieder hin. »Ja, das ist vielleicht eine gute Idee. Dann finden wir das Richtige, wenn wir in den Vorlesungen sitzen.« Unvermittelt richtet sie sich auf und schnappt nach Luft.
    »Was denn?«
    »Wir sollten zusammen studieren! Nächstes Jahr. Du und ich. Das wäre doch super!«
    Ich hab ihr eine Million Mal gesagt, dass ich nächstes Jahr nicht aufs College gehen werde. Meine Mutter wird zwar absolut dagegen sein (weshalb ich ihr nichts davon gesagt habe), aber ich werde ein oder zwei Jahre aussetzen, damit ich ganztägig im Laden aushelfen kann. Aber Skye sieht so glücklich aus, dass ich einfach nur lächele und ihr unverbindlich zunicke.
    Sie fängt an, ein spontan gedichtetes Lied zu singen: »Caymen und ich – gehen aufs College! Finden das Richtige …« Ihre Stimme wird leiser und geht in ein fröhliches Summen über, als sie sich wieder zurücksinken lässt.
    Ein paar kleine Mädchen, die vorhin den Laden verlassen haben, haben alles durcheinandergebracht. Meine Mom lässt sich nicht von der Theorie abbringen, dass Kunden sich schneller in die Puppen verlieben, wenn sie ihren Namen wissen. Deshalb steht vor jeder Puppe ein Namensschild. Und die sind jetzt vertauscht oder liegen verkehrt herum. Es ist wirklich traurig, dass ich weiß, dass Bethanys Namensschild vor Susie steht. Wirklich. Wirklich. Traurig.
    Skyes Handy klingelt. »Hallo? … Nein. Ich bin im ›Kleinen Horrorladen‹.« So nennt sie unser Geschäft.
    Für eine Weile ist es still, dann sagt sie: »Ich wusste nicht, dass du vorbeikommen wolltest.« Sie richtet sich auf und lehnt sich an die Ladentheke. »Hast du? Wann?« Sie wickelt eine Haarsträhne um ihren Finger. »Na ja, während des Konzerts bin ich irgendwie abgedriftet.« Skyes Stimme passt zu ihrem Namen, leicht und luftig, was alles, das aus ihrem Mund kommt, süß und unschuldig klingen lässt. »Du bist also immer noch hier?« Sie läuft um Puppenwiegen und die mit Stoff überzogenen Tische herum zum Schaufenster und späht hinaus. »Ich kann dich sehen … ich bin nebenan im Puppenladen. Komm rüber.« Sie steckt das Handy ein.
    »Wer war das?«
    »Mein Freund.«
    »Dein Freund. Bedeutet das, dass ich ihn endlich kennenlernen darf?«
    Sie lächelt. »Ja, und gleich wirst du sehen, warum ich keine Sekunde gezögert habe, als er mich letzte Woche gefragt hat, ob wir ausgehen wollen.« Sie reißt die Ladentür auf und die Glocke fliegt praktisch
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