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Blaubeertage (German Edition)

Blaubeertage (German Edition)

Titel: Blaubeertage (German Edition)
Autoren: Kasie West
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aus ihrer Halterung. »Hey, Baby.«
    Er umarmt sie und dann stellt sie sich neben ihn. »Caymen, das ist Henry. Henry, Caymen.«
    Ich hab keine Ahnung, ob ich nicht genau genug hinsehe, aber ich kann definitiv nichts Besonderes an ihm feststellen. Er ist hager, hat lange, fettige Haare und eine spitze Nase. Eine Sonnenbrille hängt im Ausschnitt seines T-Shirts mit Bandlogo und eine lange Kette, die an seiner Gürtelschnalle befestigt ist, baumelt an seinem Bein herunter und verschwindet in der Gesäßtasche. Ohne es zu wollen, rechne ich aus, wie viele Schritte er gebraucht hat, um von Skyes Laden zu unserem zu kommen, und wie oft ihm diese Kette wohl gegen das Bein geknallt sein muss.
    »Ey, was geht?«, sagt er. Im Ernst. Das sagt er wirklich.
    »Äh … nichts?«
    Skye grinst mich breit mit einem Lächeln der Sorte Siehst du, ich wusste doch, dass du ihn toll finden würdest an. Skye schafft es, auch noch einer ertrunkenen Ratte etwas Positives abzugewinnen, aber ich versuche immer noch zu begreifen, wie das hier passieren konnte. Skye ist schön. Nicht auf herkömmliche Weise schön. Tatsächlich bleiben die Leute stehen, um sie anzustarren, erst wegen ihrer zerzausten blonden Haare mit rosa Spitzen, dem Diamantenstecker in ihrem Kinn und ihrer verrückten Klamotten, aber dann, weil sie schön ist mit ihren unglaublich blauen Augen und diesem zierlichen Körperbau.
    Henry geht jetzt durch den Laden und schaut sich alle Puppen an. »Mann, echt schräg.«
    »Ich weiß. Beim ersten Mal ist das ein bisschen viel.«
    Ich schaue mich um. Viel trifft es. Überall sind Puppen, ein Meer von Farben und Gesichtsausdrücken. Sie alle starren uns an.
    Die Puppen stehen und sitzen nicht nur in den Regalen an den Wänden, auch der Rest des Ladens ist ein Labyrinth aus Tischen und Wiegen und Kinderwagen und noch mehr Puppen. Im Brandfall gibt es keinen direkten Weg nach draußen. Ich würde auf meiner Flucht ins Freie Babys aus dem Weg schubsen müssen. Babys aus Porzellan, aber immerhin.
    Henry geht auf eine Puppe zu, die einen Schottenrock trägt. »Aislyn«, sagt er, während er ihr Namensschild liest. »So ein Outfit habe ich auch. Diese Puppe sollte ich kaufen, dann können wir gemeinsam auf Tournee gehen.«
    »Und Dudelsack spielen?«, frage ich.
    Er wirft mir einen verwirrten Blick zu. »Nee. Ich bin Gitarrist bei den Crusty Toads.«
    Den Muffelkröten? Wie passend. Allerdings erklärt das, warum Skye sich mit ihm abgibt. Sie hat eine Schwäche für Musiker. Aber sie könnte sich ganz andere Typen angeln, nicht jemanden, der aussieht, als hätte er als Inspiration für den Namen seiner Band gedient.
    »Cry, bist du so weit?«
    »Jup.«
    Cry? Ich werde sie später danach fragen.
    »Wir sehen uns, Caveman«, sagt er mit einem schallenden Lachen, als hätte er sich den Witz bis jetzt aufgespart.
    Jedenfalls konnte ich es mir sparen, wegen Cry nachzufragen. Er gehört zu dieser Sorte von Typen, die einen sofort mit einem Spitznamen beglücken.
    »Tschüss« – Muffelkröte – »Henry.«
    Meine Mom kommt durch die Hintertür, als die beiden gerade vorne hinausgehen. Sie trägt in beiden Händen Einkaufstüten. »Caymen, ich hab noch ein paar Tüten im Auto, kannst du sie bitte reinholen?« Sie steuert direkt auf die Treppe zu.
    »Du willst, dass ich den Laden verlasse?« Die Frage klingt merkwürdig, aber mit dem Verlassen des Verkaufsraums nimmt sie es sehr genau. Erstens, weil unsere Puppen teuer sind. Falls irgendeine von ihnen je gestohlen werden sollte, gäbe es ein Riesendrama. Wir haben weder Videoüberwachung noch Alarmanlage im Laden – das wäre zu teuer. Zweitens ist der Kunde für Mom König. Wenn jemand reinkommt, muss er sofort begrüßt werden.
    »Ja. Bitte.« Sie klingt außer Atem. Meine Mom, die Yoga-Queen, ist außer Atem? Ist sie joggen gewesen?
    »Okay.« Ich werfe einen Blick auf die Tür, um mich zu vergewissern, dass gerade niemand kommt, und gehe dann durch die Hintertür nach draußen, um die restlichen Tüten zu holen. Ich bringe sie nach oben, steige über die Taschen, die Mom gleich hinter der Tür abgestellt hat, und lege alles auf die Küchentheke unserer Puppenstubenküche. Wirklich, sie sind unser Lebensinhalt: Puppen. Wir verkaufen sie. Wir leben in ihrem Haus … jedenfalls was die Größe betrifft: drei winzige Zimmer, ein Badezimmer, Miniaturküche. Und ich bin überzeugt, dass die Größe der Wohnung der Hauptgrund dafür ist, dass meine Mom und ich uns so nahestehen. Ich schiele um
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