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Blaubeertage (German Edition)

Blaubeertage (German Edition)

Titel: Blaubeertage (German Edition)
Autoren: Kasie West
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am besten passt.«
    Sie nimmt sich den schwarzen Kuli von der Ladentheke und notiert sich etwas in ihrem Büchlein. »Vielleicht schicke ich jemanden vorbei, der sie für mich abholt. Wäre das möglich?«
    »Selbstverständlich.«
    »Sein Name ist Alex.«
    Ich notiere mir den Namen auf dem Bestellschein. »Alles klar.«
    Sie greift nach meiner Hand und drückt sie mit beiden Händen. »Du bist so ein tüchtiges Mädchen, Caymen. Ich bin froh, dass du für deine Mom da bist.«
    Manchmal frage ich mich, wie viel meine Mom eigentlich unseren Kunden erzählt. Was wissen sie über uns? Wussten sie von meinem Vater? Als verwöhnter Sohn aus reichem Elternhaus hatte er sich schneller aus dem Staub gemacht, als meine Mom sagen konnte: »Ich bin schwanger, was nun?« Seine Eltern hatten sie genötigt, eine Vereinbarung zu unterschreiben, deren Inhalt sie nicht verstand und in der praktisch stand, dass sie auf jegliche Unterhaltszahlungen verzichtete. Sie hatten ihr Schweigegeld gegeben, aus dem dann irgendwann das Startkapital für den Laden wurde. Und das ist der Grund, warum ich nicht das geringste Bedürfnis habe, mit dieser Perle von einem Vater Kontakt aufzunehmen. Nicht, dass er es je versucht hätte.
    Okay, vielleicht habe ich doch dieses Bedürfnis. Aber nachdem, was er meiner Mutter angetan hat, fühlt es sich falsch an.
    Ich drücke Mrs Daltons Hand. »Ach, Sie kennen mich doch. Ich will den Preis für die beste Tochter im Universum gewinnen. Ich hab gehört, dass dieses Jahr eine Tasse drin sein soll.«
    Sie lächelt. »Ich glaub, den Preis hast du schon längst gewonnen.«
    Ich verdrehe die Augen. Sie streichelt mir über die Hand und verlässt den Laden, nicht ohne jedoch vorher noch ein bisschen herumgestöbert zu haben.
    Ich mache es mir wieder auf dem Hocker bequem und lese weiter. Als es sieben wird, wandert mein Blick zum gefühlten hunderttausendsten Mal zur Treppe. Meine Mom ist nicht nach unten gekommen. Das passiert selten. Wenn sie zu Hause ist, lässt sie mich fast nie hier unten allein. Nachdem ich abgeschlossen, die Jalousien runtergelassen und das Licht ausgemacht habe, schnappe ich mir den Stapel mit der Post und gehe nach oben.
    Im Haus riecht es köstlich. Nach süßen gekochten Karotten und Kartoffelbrei mit Soße.
    Meine Mom steht am Herd und rührt die Soße. Als ich sie begrüßen will, sagt sie: »Ich weiß. Und das ist das Problem.«
    Sie telefoniert. Ich gehe in mein Zimmer, um meine Schuhe auszuziehen. Auf halbem Weg durch den Flur höre ich sie sagen: »Ach bitte. Die leben doch nicht hier, um sich unter das Volk zu mischen.«
    Bestimmt unterhält sie sich mit ihrer besten Freundin. Sie hat keine Ahnung, dass ich schon jede Menge solcher Gespräche mitbekommen habe. In meinem Zimmer schleudere ich die Schuhe von den Füßen und gehe zurück in die Küche.
    »Riecht lecker, Mom«, sage ich.
    Sie zuckt zusammen. »Na gut, Caymen ist gerade reingekommen«, sagt sie. »Ich muss Schluss machen.« Sie lacht über irgendetwas, was ihre Freundin gesagt hat. Ihr Lachen klingt melodiös.
    Die Küche mag es nicht, wenn sich zwei Menschen auf einmal in ihr aufhalten und stößt mir deshalb ständig die Kanten der Küchentheke und Schubladengriffe in die Hüften und den Po. Weil wir beide sowieso nicht gleichzeitig hier hineinpassen, gehe ich um die Küchentheke herum in die kleine Essecke.
    »Tut mir leid, dass ich nicht nach unten gekommen bin«, sagt Mom, nachdem sie aufgelegt hat. »Ich dachte, ich koche uns was. Das hab ich schon lange nicht mehr gemacht.«
    Ich setze mich und blättere die Post durch, die ich mit nach oben gebracht habe. »Irgendein Anlass?«
    »Nein. Einfach nur so.«
    »Danke, Mom!« Ich halte die Stromrechnung im rosa Umschlag hoch. Warum nimmt man für Mahnungen die Farbe Rosa? Ist das wirklich die Farbe, die aller Welt (oder wenigstens dem Postboten) verkündet: Das hier sind totale Versager? Ich könnte mir vorstellen, dass Kotzgelb diese Ankündigung besser rüberbringen würde. »Achtundvierzig Stunden Frist.«
    »Mist. Ist das die einzige?«
    »Sieht so aus.«
    »Okay. Ich erledige später die Online-Überweisung. Leg sie einfach auf die Küchentheke.«
    Ich brauche nicht einmal aufzustehen, um an die Küchentheke zu kommen. Sie ist weniger als einen halben Meter vom Tisch entfernt. Meine Mom bringt zwei dampfende Teller und stellt einen davon vor mir ab. Beim Essen unterhalten wir uns.
    »Ach Mom, ich hab total vergessen, dir von dem Typen zu erzählen, der vor ein
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