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Liebe, Tod & Selbsttherapie

Liebe, Tod & Selbsttherapie

Titel: Liebe, Tod & Selbsttherapie
Autoren: Gerry Stratmann
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Ohne Dich
    Nur mit einem leichten Seidenhemd und einer dünnen Gabardinehose bekleidet, stand Jay auf der Terrasse seines Hauses. Jackett und Schuhe hatte er abgelegt, da er sich in den Sachen nicht besonders wohl fühlte. Gerne hätte er insgesamt bequemere Kleidung angezogen, aber noch bevölkerten die Gäste alle Räume.
    Fröstelnd schloss er die Arme um den Oberkörper. Die Kälte, die er empfand, entsprang nicht allein der kühlen Brise, die vom Wasser zu ihm heraufwehte.
    Er fühlte sich leer, abgestorben, ausgebrannt. Zitternd umschlang er sich fester, mehr aus der Angst geboren, der Wind würde die kaum noch vorhandene Hülle durchdringen und seine Atome verwehen.
    Brennender Schmerz tobte durch seine Eingeweide, nagte wie ein hungriges Raubtier an den Organen.
    Dolph war weg!
    Ohne ein Wort des Abschieds war er aus Jays Leben gegangen. Für immer.

    Leuchtend rot versank die glühende Scheibe der Sonne am Horizont. Verhöhnte ihn mit diesem wundervollen Bild. Sie hüllte den Garten, der das Anwesen umgab, in unwirkliches Licht. Die Blüten der Hibiskussträucher erstrahlten in voller Pracht.
    Sein Partner hatte die Gewächse mit viel Liebe ausgesucht, gepflanzt und gehegt und gepflegt. Ihr Anblick und das romantische Flair dieses Spätsommerabends riefen unwillkürlich Erinnerungen wach.

    Vor zwei Jahren hatte Dolph ihn überredet, das beschauliche Städtchen in der Lüneburger Heide zu verlassen und mit ihm nach Schottland zu gehen.
    Dolph war Bassist einer Rock-Jazz-Formation, die in der Musikbranche inzwischen zu einer bekannten Größe geworden war.
    Da sein Freund alle Stücke komponierte und dringend einen abgeschirmten Proberaum brauchte, war Jay mit dem Umzug einverstanden.
    Sein eigenes Haus war zu klein, sie hätten auf jeden Fall etwas Neues suchen müssen.
    Für Jay spielte es keine Rolle, wo er lebte und arbeitete. Als erfolgreicher Schriftsteller wäre Schottland zudem eine Bereicherung für seine Kreativität.
    Die Ruhe und Abgeschiedenheit, die das Cottage am Loch Ness bot, war für beide ein Gewinn. Erst hier hatte Jay festgestellt, wie naturverbunden sein nach außen so rebellischer und extrovertierter Geliebter war.
    Lange Spaziergänge am See, wandern in den Highlands und besonders die Gartenarbeit entspannten Dolph, sorgten dafür, dass er sich von seinem bisher ausschweifenden Leben erholte.

    Jays Gedanken verloren sich immer tiefer in der Vergangenheit.
    Samantha, seine jüngere Schwester, hatte ihn zu einem Konzert geschleppt. Sie wollte nicht länger tatenlos zusehen, wie er sich in seinem Arbeitszimmer verkroch und nur mit seinen Protagonisten lebte und redete.
    Sam war ein glühender Fan der Gruppe und hatte von einem Bandmitglied Backstage Karten bekommen. Nach dem Konzert, bei dem Jay nur Augen für den Bassisten gehabt hatte, gingen sie hinter die Bühne. Keith, der Percussion Mann, lud die Geschwister direkt zur After Show Party ein.
    Verloren stand Jay in einer Ecke und verfolgte das muntere Treiben.
    So richtig wusste er nichts mit sich anzufangen. Große Menschenansammlungen waren ihm ein Gräuel. Er hasste es schon, wenn der Verlag ihn auf Lesereise schickte und er sich den Fragen seiner Fans stellen musste. Diese laute, dröhnende Party überforderte ihn völlig.

    Erschrocken fuhr Jay herum, als ihm jemand auf die Schulter tippte und ihn ansprach.
    „Du siehst aus, als könntest du einen kräftigen Schluck vertragen. Dieser verrückte Zirkus liegt nicht jedem.“
    Aufgeregt schnappte Jay nach Luft.
    Vor ihm stand der Bassist und reichte ihm ein Glas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit.
    „Lagavulin garantiert 25 Jahre alt. Genieß ihn. Er wärmt deinen Magen und macht dich lockerer.“
    Fahrig griff er nach dem Glas und fast wäre es ihm aus der Hand gefallen.
    „How, how, how. Vorsicht mein Freund. Du kannst das edle Gesöff doch nicht so lieblos behandeln. Übrigens, mein Name ist Dolph. Was hat dich in diese Hölle verschlagen? Du machst nicht den Eindruck, als würdest du regelmäßig Konzerte besuchen.“
    Grinsend wurde Jay dabei einer genauen Musterung unterzogen. Dieser Blick vermittelte ihm das Gefühl, gleich von einem Raubtier verschlungen zu werden.
    Mehrfach musste er sich räuspern, ehe seine Stimme ihm gehorchte.
    „Jay, ich heiße Jay. Meine Schwester, Sam, hat mich mitgeschleppt.“
    Dabei drehte er sich um und wies mit der Hand auf die kleine Gruppe, die sich um Keith und Samantha versammelt hatte.
    Dort ging es hoch her. Alle lachten und
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