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Blaubeeren und Vanilleeis

Blaubeeren und Vanilleeis

Titel: Blaubeeren und Vanilleeis
Autoren: Gudrun Helgadottir
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stellen.«
    Das tat die kleine Vala mit geschwellter Brust, auch wenn die Kerze vermutlich nicht so gut brennen würde, weil der Docht nach unten zeigte.
    Die Kinder suchten für jedes Glas einen Platz im Garten und waren gerade fertig, als Oma sie auf einen heißen Kakao und Toastbrot mit reichlich Käse ins Haus rief.

    Mama sah dem Auto ihres Vaters nach, das mit Kartons voller Töpferwaren im Kofferraum zum Flughafen fuhr. Endlich konnte auch sie aufatmen.
    »Fahr vorsichtig, Papa!«, rief sie ihm hinterher.
    Verrückt, wie gut wir es hier in unserem Zuhause haben, dachte Vildis, die ihrer Mutter beim Einpacken geholfen hatte. Am schönsten wäre es natürlich, wenn auch Papa auf dem Wallhof wohnen würde, aber sie alle hatten sich längst daran gewöhnt, dass er nun mal eine andere Frau hatte.
    Bei einigen Kindern in der Schule war es ganz ähnlich. Vildis war froh, dass Papa keine Kinder mit Sigga hatte. So war es bei vielen ihrer Klassenkameraden, und man wusste nie genau, wer wohin gehörte. Gut, dass Papa und Sigga nur einen Hund hatten.
    Mama legte den Arm um Vildis’ Schultern und gemeinsam gingen sie ins Haus. »Danke für deine Hilfe, mein Mädchen«, sagte sie.

[zurück]

    Ein Geheimnis wird gelüftet
    Später an diesem Abend beschäftigte Vildis jedoch noch etwas ganz anderes. Etwas viel Absurderes als die Tatsache, wie gut sie es doch hatten. Genau genommen sogar etwas ganz abartig Absurdes. Etwas geradezu Grundverrücktes.
    Tumi war es, der die Sache losgetreten hatte. Wer auch sonst? Sie putzten sich gerade im Badezimmer die Zähne, als Tumi sagte: »Vildis, ich muss dir was sagen, wenn du schwörst, es niemandem zu verraten.«
    »Ich schwöre«, sagte Vildis einigermaßen neugierig. Manchmal waren Tumis Einfälle schließlich gar nicht so schlecht.
    »Vielleicht kommt der Filialleiter morgen zum Fest«, sagte er und warf einen beinahe ängstlichen Blick auf seine Schwester.
    Vildis ließ die Zahnbürste fallen und starrte Tumi an.
    »Was … wie … warum kommt denn
der
?«, stieß sie schließlich hervor.
    »Er hat eine Einladung bekommen«, sagte Tumi.
    »Und wieso hat er eine Einladung bekommen?«, fragte Vildis verwirrt. »Hat Mama ihm eine geschickt?«
    »Nicht direkt«, sagte Tumi.
    Vildis starrte ihren Bruder noch immer an. Dann ging ihr ein Licht auf.
    »Tumi, hast du ihm eine Karte geschickt?«
    »Nein, geschickt habe ich ihm überhaupt nichts. Ich bin einfach mit der Karte in die Bank gegangen und habe sie heimlich auf den Schalter gelegt. Niemand hat mich dabei gesehen.«
    »Weiß Mama davon?«, fragte Vildis bestürzt.
    »Ähm, nee, eigentlich nicht.«
    »Du bist … völlig durchgeknallt«, sagte Vildis. »Wir müssen es Mama sagen.«
    »Nein, tu das nicht. Es kommen doch so viele. Er wird niemandem auffallen. Er ist irgendwie so … ganz ruhig und still. Ich sage Mama einfach später, dass ich ihn eingeladen habe. Ich kenne ihn ja auch. Eigentlich ist er sogar mein Freund.«
    Vildis war etwas erleichtert. Wenn außer ihnen beiden niemand von Tumis Heiratsplan wusste, dann musste Mama sich ja gar nicht darum kümmern. Und überhaupt – Vildis musste sich sowieso keine Sorgen machen. Sie war sich nämlich ganz sicher, dass Mama absolut keinen Mann wollte.
    »Außerdem ist das nicht nur Mamas Fest«, sagte Tumi zufrieden. »Wir alle laden zum Geburtstag ein. So steht es doch auf der Karte. Da darf ich ja wohl auch selber entscheiden, wen ich einladen will. Aber sag es bitte trotzdem niemandem.«
    Was Tumi da redete, war gar nicht so verrückt. Vielleicht hätte Vildis auch jemanden einladen können, doch dafür war es jetzt zu spät.
    Und vielleicht findet Mama das Ganze ja sogar witzig, dachte Vildis. So ist sie nämlich, die Mama.
    Mit ernster Miene sah Vildis ihren Bruder an.
    »Tumi, ich verrate nichts, wenn du mir eines versprichst«, sagte sie.
    »Und zwar?«
    »Du sagst niemandem etwas davon, von diesem Hochzeitsquatsch, du weißt schon.«
    »Kein Problem, versprochen«, sagte Tumi.
    Er ging und schloss die Tür hinter sich, öffnete sie aber gleich wieder, steckte den Kopf ins Badezimmer und fragte: »Hast du mal seinen Jeep gesehen?«

[zurück]

    Ein rundum gelungenes Fest – zumindest fast rundum
    Mama war hochzufrieden. Einen schöneren Maitag hätte man sich nicht aussuchen können, warm und sonnig. Die Bäume im Garten schlugen schon aus und die zarten Blätter an den Zweigen zitterten beim geringsten Lufthauch wie Schmetterlinge. Am Haus zeigten sich leuchtend gelbe
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