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Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Titel: Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I
Autoren: Thomas Gsella
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Toastbrot, Milram-Streichkäse fettarm, sogar die angefressene Currywurst hatte der Triadenoberst schweren Herzens wieder rausgerückt. Mit Heißhunger biss der Geheimstdienstler hinein –
    – und spuckte aus. Denn was nun geschah, war so schrecklich, so unvorstellbar grauenvoll, dass er sich wünschte, er läge vor Hawaii auf einer Luftmatratze, unter ihm das grünblaue Wasser des Riffs, über ihm der endlose Himmel und neben ihm, mit dem unwiderstehlichen Lächeln des Lotus, zwei Blumenmädchen, die ihren Blowjob einwandfrei erledigten.
    Aber so war es nicht.
    Denn irgendetwas geschah mit diesem gottverdammten unterirdischen See. Er befand sich inmittten der Grotte, Lin Peh hatte ihn vor Hunger gar nicht richtig wahrgenommen, hatte nur mit den tiefsten Schichten seines Freudschen Unbewussten registriert, dass er da war, dass er rot war, zäh und rot wie die Flüssigkeit an den skelettdurchsetzten Wänden.
    Und nun warf er Blasen.
    Überall in diesem See, der ohne Zweifel mit satanischem Plasma gefüllt war, stiegen Blasen an die Oberfläche, halbmetergroß, schleimig, widerlich. Ihnen folgte eine Wellenbewegung, zäh und langsam, ein klebriges Schwappen wie von schwerem Öl.
    Dann drückten sie sich hoch.
    Vier Frauen waren es. Münder, die nach Luft schnappten und aus denen stöhnende Laute drangen. Zuerst erschienen die Köpfe, und das sahnedicke Plasma rann an ihren Wangen entlang auf die Hälse, die Brüste, die Bäuche, die Muschis.
    Sie waren allesamt nackig.
    Alle Gesichter waren Lin Peh zugewandt.
    Vier tödliche Feinde!
    Hannelore Kohl war die erste, die sich ganz aufrichtete, sichtlich erstarkt vom Bad des Bösen. Wie würziges Salatdressing tropfte der höllische Schmodder aus ihrer Frisur. Anmutig zog sie die Augenbrauen nach und setzte ihr bezauberndstes Lächeln auf:
    »Ertränkt ihn! Ertränkt diese Chinesensau im Blubber des Satans!«
    Drei Zombies staken langsam auf ihn zu. Luise Rinser, Marion Gräfin Dönhoff und Queen Mum durchwateten den stinkenden Tümpel und stießen tierische Laute aus.
    »Öörrgh!«
    »Aahhrrr.«
    »Nice to see you!«
    Lin Peh musste unwillkürlich grinsen. Was glaubten die eigentlich? Er hatte doch sein Kruzifix dabei. Mit der Rechten riss er sich’s vom Hals, streckte es der Teufelsbrut entgegen und machte mit der Linken das Victory-Zeichen.
    Sie würden augenblicklich erstarren oder sich in Luft auflösen.
    Doch sie lachten.
    Da wusste Lin Peh, dass sein Schicksal besiegelt war.
    Der moderne Wärmemelder hatte es mir leicht gemacht. Mehr als hundert masurische Seen hatte ich mit meiner Cessna überflogen, über einem kleinen Gewässer schlug er bis zum Anschlag aus. Entweder gab es hier riesige Fische, oder irgendwo dort unten befand sich Lin Peh. Und wenn, dann in verdammten Schwierigkeiten.
    Ich streifte den wasserdichten Rucksack über, brachte den Hobel runter und sprang ab.
    Die Explosion hörte ich noch drei Meter unter Wasser.
    Dann dieser Sog. Eine Metallplatte öffnete sich, ich rutschte, ich stürzte ins Nichts, kurvig, unaufhaltsam, und schließlich – eine Teufelsgrotte! Hurra! Geister! Wunderbare Skelette prangten an den Wänden, im obligatorischen Satanstümpel standen vier untote Spinner, hauten wie gewöhnlich einem frischen Opfer auf den Kopf und drückten es in ihre Sektenbrühe.
    Wie langweilig.
    »Hilfe!«
    Ups: die Stimme meines Freundes! Wie war es möglich, dass sein Kruzifix ihm nicht geholfen hatte? Ich musste handeln. In Lin Pehs Lungen konnte ich nicht gucken, aber Sauerstoff war höchstwahrscheinlich nicht mehr viel dadrin vorhanden.
    Pfeilschnell sprang ich in den See im See – Arschbombe. Noch im Fliegen erkannte ich den Geist von Hannelore Kohl und zog eine allegorische Sonnenblume aus dem Rucksack:
    »Nimm das, du Lichtempfindliche!«
    Ein polymorph perverses Gurren, fast ein Wiehern: »Hihihi! Das ficht mich nich!«
    Blitzschnell war ich im Stand. »Okay. Ich hätte da noch Juliane Webers Schreibtisch-Elefantensammlung. Juliane Weber, du erinnerst dich: Sekretärin und Gespielin deines …«
    »Bitte nicht!«
    »Doch.« Ein erster Elefant. Die Kohlsche zerfiel langsam. Haut bröckelte ab, die Arme lösten sich vom Rumpf. Der zweite Elefant. Blut quoll ihr aus den Augen, ihr Kopf sackte wie vom Hals getrennt nach hinten. Der dritte Elefant.
    Sie brüllte auf. Es war ein furchtbarer Laut, und er passte besser zu einem Tyrannosaurus Rex als zu einer kultivierten Stiftungslady. Ich berührte ihren Körper. Er war zu Stein
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