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Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I

Titel: Blau unter Schwarzen - Gesammelte Prosa I
Autoren: Thomas Gsella
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    »Trauen Sie sich das zu?«
    »Ohne weiteres. Geht klar.«
    »Okay, wir schicken Ihnen ein paar Hefte.«
    »Gibt’s die in neutralem Umschlag?«
    »Wenn Sie darauf bestehen. Natürlich müssten wir Sie testen. Einen ersten Themenvorschlag lege ich bei.«
    »Alright. Tschüssii!«
    Zwei Tage später brachte mir die Post sechs pralle Magazine mit einem Gegenwert von damals harten achtundvierzig Mark. Schon beim ersten Durchblättern zählte ich siebenundachtzig Darstellungen. Sechs waren zum Ausklappen gedacht. Trotzdem dauerte es lange, bis ich die Kolumne gefunden hatte; sie stand jeweils auf Seite eins und näherte sich dem Eros prosaisch vom Alltag her. Den Texten gemein war, dass sie ihr Thema in eine personalreiche Ich-Erzählung packten und also etwa so anfingen:
    »Mein Gott, war Gaby durcheinander. Noch nie hatte sie zwischen zwei Männern gestanden, nun aber liebte sie außer ihrem festen Freund Stefan auch mich. ›Hey, wo ist das Problem?‹, fragte ich und schlang meine Arme um sie, als plötzlich Monika und Heiner«; oder so was. Ich sollte, laut Willners Begleitbrief, doch einmal eine Geschichte über Männerbrusthaar schreiben. Das, so der Redakteur, sei nämlich derzeit out.
    Noch am selben Abend setzte ich mich hin und begann mit dem Titel: »Frauenlust auf blanke Männerbrust«. Das strich ich wieder durch und probierte es mit »Alles klar – ohne Brusthaar«. Das strich ich auch wieder durch und ließ die Überschrift erst mal offen. Der Text ging dann so:
    Seit einer geschlagenen Stunde hatten wir jetzt schon Blickkontakt, und es funkte gewaltig. Das waren aber auch zwei Funkenmariechen mir gegenüber an der Bar-Theke! Schnell hatte sich ein Flirt entsponnen. Jacqueline war schwarzhaarig, Helena goldblond, also für jeden Geschmack was dabei, und zusammenwohnen taten sie auch. Aber heute, das war mal klar, wollten die Häschen was erleben, waren auf der Suche nach adventure pur – während ich für meinen Teil sechs, na sagen wir ruhig sieben Biere intus hatte und entsprechend Kribbeln in der Buxe. Schnell saßen wir dann im Taxi hinten und befummelten uns. Und ich muß sagen, die Figuren waren tadellos. Der Taxifahrer wurde neidisch, dann hieß es aussteigen. Ihre Betten waren noch durchwühlt, aber insgesamt war die Wohnung modern in Flötotto gehalten. Wir zogen uns gegenseitig aus, was uns sehr anmachte. Aber als die Reihe an mir war und mir Helena ausgesprochen hemmungslos Unterhemd und Rolli auszog, tauchten die Probleme auch schon auf.
    »Iiih, guck mal, was der hat«, schrie Helena perplex zu Jacqueline herüber, und Jacqueline ekelte sich jetzt auch: »Das ist ja widerlich! Zieh dich sofort wieder an, du Mistsau!« Helena hielt sich die Augen zu, und Jacqueline kotzte glaub ich ein bisschen auf den Flötotto-Flokati. Na, das schien ja eine schöne Nacht zu werden. Allmählich fragte ich mich schon, was denn an mir dran war, dass man sich übergeben mußte vor Mißgunst. Dann hatte ich eine Idee und schäkerte: »Helena, Jacqueline, hey, sagt mal: Liegt es an meinem Brusthaar, ihr Süßen?«
    Wie auf ein Stichwort hörten die beiden mit dem Kotzen auf und versammelten sich um mich herum. Da wußte ich, was der Fall gewesen war. Ich bat die zwei, mir das Brusthaar abzuschneiden, und es wurde noch ein brodelnder Abend. Komisch, wie sich Vorlieben mit der Zeit verändern und wandeln. Was heute noch in ist, kann morgen schon out sein. ENDE.«
    Da hatte ich das Thema also gepackt, aber der Text wurde nicht genommen, überhaupt hörte ich rein gar nichts mehr vom Playboy . Kurz darauf musste ich zum Zivildienst, wo ich alten Menschen den Speicher putzte. Viele Nette waren dabei. Aber ein stockblöder Nazi, achtundneunzig Jahre und mit Darmausgang, den ich rasieren musste, starb während meiner Amtszeit an »Herzkasper«, ehehe.

GEISTERJÄGER JOHN GSELLA

    Schon seit geraumer Zeit hatte Lin Peh den Eindruck, verfolgt zu werden. Und das am helllichten Tag und bei einer völlig normalen Beschäftigung, denn er tat das, was viele Oberhausener in diesen heißen Wochen unternahmen, um sich abzukühlen.
    Er kaufte sich eine Currywurst.
    Sie war lecker, und sofort wurde ihm noch heißer. Doch nicht das war es, worauf der ehemalige Chinese und heutige Geheimagent in Diensten des BKA /Abteilung Dämonenbekämpfung achtete. Unauffällig bürstete er den Kohlenstaub vom Lodenmantel und sah nach links.
    Da waren sie. Und nun fiel es ihm auf: Sie waren Asiaten wie er, aber in ihren Augen – fehlte
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