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Blanks Zufall: Roman

Blanks Zufall: Roman

Titel: Blanks Zufall: Roman
Autoren: Christian Sidjani
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kein 'ich will dich besitzen'. Es war einfach Nähe.
    Den Kartenstapel hat er in die linke Hand gebettet, und bevor er die ersten Karten mit der rechten anhebt, um sie unter andere zu mischen, trinkt er einen Schluck Kaffee. Dann mischt er, und unterbricht nur, um weiter zu trinken, und mischt, bis Anna aus dem Badezimmer kommt.
    „Ich könnte was essen“, sagt sie. Ihr nasses Haar klebt an ihren blanken Schultern, der nackte Körper wird von einem Handtuch verborgen.
    Langsam, als wäre sie nicht sicher, ob es gut ist, was sie tut, tritt sie näher zum Sofa, setzt sich auf seine Lehne, streckt ihren rechten Arm vor und streichelt Marcus durch das Haar. Ihr Lächeln ist schwach.
    „Aber vorher solltest du duschen“, sagt sie, steht wieder auf und beim Verlassen des Zimmers lässt sie das Handtuch auf den Boden fallen. Ein letzter Blick ruht auf ihrem nackten Rücken und dem Hintern, der sich im Takt ihrer Schritte bewegt. 
    Marcus mischt. Das leise Rascheln beruhigt, das Verlangen nach Anna, und die Erinnerungen, die kommen und gehen, wie es ihnen beliebt. Das Reiben der Karten aneinander, wenn sie zusammen gemischt werden, die Pik Dame zum Herz As. Und der Kreuz Bude dazu. Etwas verbindet sie nun, für immer.
    Er steckt die zweiundfünfzig Karten in den Karton zurück, die drei Joker sortierte er aus und lässt sie nun offen auf dem Tisch liegen, bizzare Gestalten, die jede Position einnehmen können; den es gegeben ist, unerkannt zu bleiben bei den dreckigsten Aufträgen, Spione des Lebens.
     
    „FRANKS ZUSTAND HAT sich stabilisiert, Marcus, endlich, oh mein Gott, ich fasse es nicht, all die Stunden, die ich bangte, endlich, Marcus, endlich. Sie sagen, dass er es schafft.“ Beate versprach, Marcus anzurufen, sollte sich etwas am Zustand ihres Sohnes ändern, und jetzt ist es so weit und sie schreit erleichtert in sein Ohr.
    Marcus sitzt mit Anna in einem Lokal, das als Kette in ganz Hamburg vertreten ist, hat eine Mozarella-Pizza vor sich, den ersten Bissen halb zerkaut im Mund, als er Beates Worte vernimmt. Er schluckt schnell, trinkt Wasser hinterher und weicht Annas fragendem Blick aus. Er schaut zum Fenster hinaus, auf die leblose Straße an einem Sonntag.
    „Endlich“, bringt Marcus hervor und Beate wiederholt dieses Wort wie ein Mantra.
    „Ja, Marcus. Ich werde jetzt erstmal nach Hause gehen und ein paar Sachen für ihn packen. Die Ärzte sagen, er wird noch längere Zeit im Krankenhaus bleiben müssen, aber sie haben ihn vorhin von der Intensivstation in ein normales Zimmer verlegt. Er ist noch nicht bei Bewusstsein, aber sie sagen, dass er jeden Moment aufwachen könnte. Sie sprechen von einem Wunder, Marcus, bei seinem Blutverlust und den Wunden. Oh mein Gott, ich bin so durch den Wind. Ich wollte dich noch fragen, was ich Frank mitbringen soll. Was er noch unbedingt brauchen könnte. Das weißt du doch bestimmt.“ 
    „Kaufe ihm die 'Deadline', eine Filmzeitschrift, die gibt’s auf jeden Fall am Hauptbahnhof, und lege ihm ein Notizbuch mit Stift hin. Er hat da ein paar von diesen Notizbüchern in seinem Regal, nimm ein schwarzes.“
    Die Antwort kommt ihm ohne zu überlegen. Genau das sind die Dinge, die Frank brauchen wird. Für Musik und Romane wird Marcus sorgen. Auch hier weiß er schon genau, was er mitbringen wird. Morgen, denkt er, wenn ich morgen in das Krankenhaus fahre, heute bleibe ich mit Anna.
    Aus all dem Chaos erwächst eine neue Ordnung, ein Plan, den Marcus nun direkt einsehen kann, ohne jeglicher zeitlicher Verzögerung. Franks neuer Zustand stellt Verbindungen her, die bisher fehlten. Und der Plan offenbart sich in den noch so kleinsten Details. In den Dingen, die mitzubringen sind, um Frank einen angenehmen Aufenthalt zu garantieren, und in Annas Blick, der von Sorge zu purer Neugierde wechselt.
    „Was ist los?“ will sie wissen, nachdem Marcus auflegte.
    „Frank geht es besser“, erwidert er und schneidet sich ein Stück aus seiner Pizza. Der Bissen, dieser Geschmack ist anders als der erste. Langsam zerkaut er Käse, Tomatensauße und Pizzaboden, bis sie zu einer Masse werden. Marcus schluckt etwas Ganzes, das nicht mehr auf seine Einzelheiten zurückzuführen ist. Eine Entität, wie der Zustand, in dem er sich jetzt befindet. Alles, was zuvor geschah, war nötig, jede Kleinigkeit, und trotzdem lässt es sich nicht mehr durch das davor erklären.  
    Marcus erklärt sich aus sich selbst, erhebt sich von seinem Platz, um sich über den Tisch zu beugen und Anna auf
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