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Blackout (German Edition)

Blackout (German Edition)

Titel: Blackout (German Edition)
Autoren: Alice Gabathuler
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frischen Farben glänzten, kam Susanna ins Büro, nahm ihm den Pinsel aus der Hand und malte ein lachendes Gesicht auf seinen Gips.
    Am gleichen Tag meldete sich die Praxis seines Hausarztes. Doktor Jung wollte Nick zu einem Kontrollbesuch sehen und bei dieser Gelegenheit auch den Gips entfernen.
    »Das ist deine erste Bewährungsprobe«, meinte Martin nach dem Abendessen. »Du fährst übermorgen allein nach Chur. Pass gut auf dich auf.« Er sagte es so, als sei Chur ein gefährlicher Ort und keine langweilige Kleinstadt und Nick ein kleiner Junge, der zum ersten Mal alleine mit der Bahn fuhr. Nick versteckte seine Gereiztheit hinter einem Lächeln. Martins Art war nicht sein Ding. Ehrlich gesagt, manchmal nervte er ganz schön.
    Nick lief die Churer Bahnhofstraße hoch, eine dieser ewig gleichen Einkaufsmeilen, gesäumt von Kleiderketten und Warenhäusern. Sein Revier war die Altstadt gewesen mit ihren verwinkelten Gassen, wo er mit seinen Kumpels abhängen oder einen draufmachen konnte. Er schaute auf das lachende Gesicht auf seinem Gips. Wie ein Versprechen sah es aus. Und jetzt kam es weg.
    In Gedanken versunken bahnte er sich seinen Weg durch ein Heer von gestresst wirkenden Hausfrauen, langsam dahinschlurfenden Rentnern auf der Suche nach ein wenig Gesellschaft und Jugendlichen, die sich in Gruppen auf dem Gehsteig breitmachten und so cool taten, wie sie nie werden würden. Plötzlich trat eine Gestalt aus einem Hauseingang, kam auf ihn zu und klopfte ihm auf die Schulter.
    »Mann, Nick, bist du das?«
    Nick hätte ihn beinahe nicht erkannt.
    »Hey, Mike.«
    Mike war ein früherer Mitschüler. Vor allem aber seinehemaliger Drogenlieferant. Ein mieser kleiner Dealer, der sich den Großteil seines Stoffs selber reinzog. Er sah noch schlechter aus als das letzte Mal. Dünn, mit glasigen Augen und fettigem Haar stellte er sich vor Nick hin.
    »Willst du was? Es gibt da was ganz Neues auf dem Markt. Krasser Stoff. Haut voll rein.«
    Nick schüttelte den Kopf.
    »Das glaub ich nicht«, sagte Mike, »du willst echt keinen Stoff? Geht’s dir nicht gut? Hab gehört, du hast Scheiße gebaut.«
    Nick wollte weitergehen, aber Mike ließ sich nicht so leicht abschütteln.
    »Mann, was soll das?« Mike hielt Nick am Ärmel zurück. »Du wirst doch wohl Zeit für deinen alten Kumpel haben. Ich mach dir auch einen Spezialpreis. Weil du es bist.«
    »Keinen Bock!«
    »Keinen Bock? Ha! Kauf ich dir nicht ab. Die haben dich kleingekriegt, die haben tatsächlich den großen Nick kleingekriegt!« Ein unverschämtes Grinsen zog über sein Gesicht. Nick stieß Mike beiseite und lief weiter. Doch der nervöse Junkie tänzelte neben ihm her, kramte in seinen Taschen und zog eine kleine Plastiktüte heraus.
    »Verzieh dich!«, zischte Nick. Er schaute sich um, aber er sah, wie die Passanten ihre Blicke von ihnen abwandten, als ob es nicht geben würde, was sie nicht sehen wollten.
    »Hey, wer wird denn gleich so unfreundlich werden? Warst schließlich mal einer meiner besten Kunden. Und ich hab dich nie verpfiffen. Sieh dir die Ware wenigstens an!«
    Nick blieb stehen.
    »Jetzt hör mal zu«, sagte er und blickte Mike direkt in die Augen, »ich bin runter von dem Zeug, ja? Also verpiss dich!«
    Mike schüttelte den Kopf. »Mann, du bist so was von kaputt!«
    Nick ließ ihn stehen und ging wortlos weiter.
    Sein Hausarzt Doktor Jung war wenig erfreut, ihn zu sehen.
    »Da wird eine Narbe bleiben. Lässt sich nicht vermeiden«, brummte er, während er über die verheilte Wunde auf der Stirn fuhr. Dann machte er sich schweigend daran, den Gips zu entfernen. Er arbeitete schnell und grob. Nick beschwerte sich nicht. Er nahm dem Mann seine raue Art nicht übel. Der Doc hatte ihn in jener Nacht aus dem Wagen gezogen und dabei hatte Nick ihm auf seine teuren Schuhe gekotzt. Berufsrisiko, dachte sich Nick. Der arme Kerl war der Familienarzt der Bergamins. Am falschen Ort zur falschen Zeit. Wenigstens war es nicht sein Wagen gewesen, den Nick zu Schrott gefahren hatte, sondern der des Direktors der Bündner Kantonalbank.
    Der Gips war weg. Nicks Bedarf an Chur war mehr als gedeckt. Er nahm die nächste Bahn zurück nach Buchs und war froh, wieder in Susannas Laden zu sein.
    Nach dem Essen wollte sich Nick in sein Zimmer zurückziehen, aber Martin bat ihn, sich zu ihm ins Wohnzimmer zu setzen.
    »Ist alles gut gegangen heute?«, begann sein Onkel das Gespräch.
    »Klar«, sagte Nick.
    »Gut.« Martin nickte bedächtig und zündete sich seine
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