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Black Bottom

Black Bottom

Titel: Black Bottom
Autoren: Martin Keune
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geschossen.«
    Sándor räusperte sich. Dann fügte er kleinlaut hinzu:
    Â»Dabei hat Belfort schon vorher ein paar Schnitzer gemacht, die mir vielleicht aufgefallen wären, wenn ich den neuen Kollegen nicht so unverschämt effektiv gefunden hätte. Dass ich den Bombenbastler überhaupt verhören sollte und er sich dieses Vergnügen nicht selbst gegönnt hat, das hätte mich schon stutzig machen müssen. Natürlich wollte er vermeiden, dass der Mann ihn erkennt.«
    Sándor hatte die rechte Hand vor sein Gesicht gehalten und zählte nun im Sprechen die weiteren Punkte an den Fingern ab.
    Â»Warum ich selbst am Abend des Gasangriffs in der Femina war, war klar; ich kenne die Bands, ich kenne den Laden, ich gehe da häufig hin, wenn ich um die Ecke bei den Kollegen in der Keithstraße zu tun habe.«
    Bernhard Weiß lächelte weise; ein Pokerface, dem man nicht ansah, ob er von Sándors Spritztouren mit den ausgeliehenen Automobilen nichts wusste oder in dieser kleinen Feierstunde nicht näher darauf zu sprechen kommen wollte. Sándor fuhr fort:
    Â»Aber warum war Belfort dort? Eigene Ermittlungen, generelle Beobachtungen – er hat nur ausweichend auf die Frage reagiert; einen konkreten Fall gab es nicht, das hätte mich stutzig machen müssen.«
    Weiß winkte entschuldigend ab:
    Â»Müssen … können …«
    Sándor nickte grimmig.
    Â»Oh doch. Am Tag nach dem Anschlag stand ich mit Belfort auf der Nürnberger Straße, und er hantierte mit den detaillierten Grundrissen aller Stockwerke herum. Zu dieser Zeit war Liemann, der Besitzer, noch im Zug aus Paris unterwegs nach Berlin; mit dem Türsteher Hallstein hatten wir noch nicht gesprochen. Woher hatte Belfort also so schnell die Baupläne des Gebäudes? Ich habe bei einem anderen Fall mal versucht, Grundrisse eines Tatortes aus dem Archiv der Reichsbaudirektion zu bekommen. Gar kein Problem – wenn man fünfzehn Seiten Anträge schreibt und ein paar Wochen Wartezeit mitbringt.«
    Weiß schmunzelte. Sándor breitete die Handflächen aus:
    Â»Völlig klar! Die Grundrisse hat Belfort sich viel früher besorgt – als er seine Tat minutiös plante und sich ein Bild von den Räumlichkeiten und Fluchtwegen machen wollte.«
    Sándor blätterte durch die Akte, die vor ihnen auf dem Tisch lag, und starrte einen Moment lang unverwandt auf das Lichtbild, das der Kriminalfotograf von der Leiche des armen »Onkel« Hallstein gemacht hatte.
    Â»Vielleicht wollte Belfort die Sache von Anfang an dem schnurrbärtigen Klarinettisten in die Schuhe schieben, aber als er dann den Eintrag ›Jenitzky‹ in Hallsteins Notizbuch fand, improvisierte er kurz entschlossen. Den Nachtclubkönig der Friedrichstadt gleich mit in die Sache zu ziehen, ihn womöglich zum Täter aufbauschen zu können, der dann beim Verhör totgeprügelt wird: Das war eine interessante neue Perspektive, die er unbedingt ausprobieren wollte. Und ich Vollidiot habe ihn nach Leibeskräften dabei unterstützt.«
    Weiß wiegelte ab:
    Â»Ich bitte Sie … jeder hätte das.«
    Sándor schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht jeder. Ich bin das unbeliebte Arschloch, das immer eine eigene Meinung haben muss – mein Leben lang schon. Aber diesem arroganten Mistkerl wollte ich zeigen, dass ich sogar die gleiche Meinung haben könnte wie er und trotzdem noch besser darin wäre, den Fall zu lösen.«
    Er räusperte sich und sprach ruhiger weiter:
    Â»Hallstein war ein Zeuge, den er sich um jeden Preis vom Hals schaffen musste. Belfort hat zu Protokoll gegeben, wie er es geschafft hat, die Gasgranate am Türsteher vorbeizuschmuggeln. Das Ding war in einen Geschenkkarton verpackt; Hallstein wollte ihn eigentlich nicht hochlassen damit, weil man Pralinen und Präsente oben an der Bar kaufen kann. Aber Belfort hat ihm einen Zehner zugesteckt und behauptet, es sei ein Perlencollier für seine Verlobte, der er heute den Heiratsantrag machen wolle … Da hat Hallstein ein Auge zugedrückt. Über kurz oder lang hätte er sich an dieses Detail erinnert; bei mir hat er sich schon nach meinem neuen Kollegen erkundigt. Da wollte Belfort auf Nummer sicher gehen und Hallstein beseitigen.
    Und während wir braven Polizisten wie die Entenküken oder bei der Polonaise hinter dem Mann hergerannt sind, immer zickzack durchs überfüllte KaDeWe, ist
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