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bK-Gruen, Sara

bK-Gruen, Sara

Titel: bK-Gruen, Sara
Autoren: Das Affenhaus
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was?
    ID: Das
über meine Familie. Können Sie das rausnehmen?
    JT: Klar.
Kein Problem.
    ID: [macht
eine erleichterte Geste] Puh. Danke. Also, im Grunde war
ich so ein planloses Erstsemester, das irgendein Psychologieseminar belegt, und
dann habe ich von dem Affenprojekt gehört und es mir angeschaut, und als ich
die Affen erlebt hatte, konnte ich mir nicht mehr vorstellen, etwas anderes
mit meinem Leben anzufangen. Ich kann es wirklich nicht hinreichend
beschreiben. Ich habe Dr. Hughes angefleht, hier arbeiten zu dürfen, egal als
was.
    Ich hätte
Fußböden gewischt, Toiletten geputzt, Wäsche gewaschen, bloß um in ihrer Nähe
zu sein. Sie sind einfach ... [lange Pause, Blick in die Ferne]
... ich weiß nicht, ob ich sagen kann, was es ist. Es ... ist
eben. Ich hatte das ganz starke Gefühl, dass ich hierhergehöre.
    JT: Und
er hat Sie gelassen.
    ID: Nicht
gleich. [Lacht] Er sagte, wenn ich im Sommer einen Intensivkurs in Linguistik
besuche, seine sämtlichen Werke lese und bei einem erneuten Besuch ASL fließend
beherrsche, würde er sich's überlegen.
    JT: Und
haben Sie's gemacht?
    ID: [wirkt
erstaunt] Ja, das habe ich.
    Es war
der härteste Sommer meines Lebens. Das ist, als würde man von jemandem
verlangen, nach vier Monaten fließend Japanisch zu sprechen. ASL ist nicht
einfach Englisch in Zeichen - es ist eine komplexe Sprache mit einer eigenen
Syntax. Zwar orientieren sich die Aussagen wie im Englischen gewöhnlich an der
Tempus-Thema-Deutung-Struktur, aber es gibt Variationsspielraum. Zum Beispiel
kann man sagen [verfällt in Zeichensprache] Tag-davor ich essen
Kirschen oder Tag-davor essen Kirschen ich. Aber das
heißt nicht, dass ASL nicht auch die Subjekt-Prädikat-Objekt-Gliederung kennt;
es gibt nur keine Verben, die Befindlichkeit ausdrücken.
    JT: Da
komme ich nicht mehr mit.
    ID:
[lacht] Verzeihung.
    JT: Sie
sind also wiedergekommen, haben ihn zutiefst beeindruckt und hatten den Job.
    ID:
Zutiefst beeindruckt vielleicht nicht gerade ...
    JT:
Erzählen Sie mir von den Affen. ID: Was denn genau?
    JT: Als
ich Sie heute mit ihnen gesehen habe und dann selbst mit ihnen sprach und es wahrhaftig
fertigbrachte, eines der Tiere zu beleidigen - das hat mich aus den Socken gehauen.
    ID: Er
ist drüber weggekommen.
    JT: Nein,
ist er nicht. Aber was ich sagen will: Ist Ihnen klar, wie seltsam das alles
auf einen Durchschnittsmenschen wie mich wirkt? Die Vorstellung, dass man ein
Tier in einer geselligen Situation beleidigen kann und sich bei ihm
entschuldigen muss? Und diese Entschuldigung womöglich nicht angenommen wird?
Dass man sich mit Affen unterhalten kann, und zwar in der Menschensprache, und
zwar einzig und allein, weil sie es so wollen?
    ID: Mein
Gott, jetzt hat er's!
    JT: Okay,
wahrscheinlich hab ich's verdient, dass Sie sich über mich lustig machen.
    ID: Tut
mir leid. Aber ja, darin liegt der ganze Sinn unserer Arbeit. Affen eignen sich
Sprache durch sprachlichen Input von außen an und durch den Wunsch, sich
mitzuteilen, genau wie Menschenkinder, und altersmäßig haben wir da
schätzungsweise dasselbe Zeitfenster. Aber das ist nicht alles.
    JT: Was
noch?
    ID:
Bonobos haben ihre eigene Sprache. Sie haben es heute beobachtet - Sam hat
Bonzi exakt mitgeteilt, wo der Schlüssel versteckt war, obwohl sie sich nicht
im selben Raum befanden und sich nicht ansehen konnten. Sie ist direkt darauf
zugesteuert und hat nirgendwo anders nachgeschaut. Wir werden
höchstwahrscheinlich nie imstande sein, durch ihre Laute zu kommunizieren, aus
denselben Gründen, wie sie sich nicht in gesprochenem Englisch ausdrücken
können - unser Vokaltrakt ist unterschiedlich aufgebaut; wir nehmen an, dass
das mit der HARI-Genom-Sequenz zusammenhängt, und ich finde, es ist höchste
Zeit, dass es gelingt, sie zu entschlüsseln.
    JT:
Kommen wir zum Sex.
    ID: Was
ist damit?
    JT: Sie
machen es so oft. Und so... virtuos. Es geht dabei eindeutig nicht allein um
Fortpflanzung.
    ID:
Stimmt genau. Bonobos sind - neben Delphinen und Menschen - die einzigen
Lebewesen, die aus reinem Vergnügen Sex haben.
    JT: Warum
tun sie das?
    ID: Warum
tun Sie's?
    JT: Ahm
... okay. Nächstes Thema.
    ID:
Verzeihen Sie. Das war eine berechtigte Frage. Wir glauben, Sex ist für sie
ein Mechanismus, um Spannungen abzubauen, Konflikte zu lösen und Freundschaften
zu festigen, aber es hat auch mit der Größe der Klitoris der Weibchen zu tun
und damit, dass sie unabhängig vom östralen Zyklus paarungsbereit sind. Ob dies
auf die Bonobo-Kultur einwirkt
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