Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
BitterSueß

BitterSueß

Titel: BitterSueß
Autoren: Antje Ippensen
Vom Netzwerk:
grässlicher Ausdruck. Als sei der Mann eine Tube Senf, an der die Frau so lange zwanghaft rumdrücken musste, bis auch der letzte Rest rausgequetscht war, wie sie meinte. Ich kenne das. Es ist dieses verflixte haushälterische Denken, das manchmal einfach völlig unangebracht ist. Im Discounter nach Schnäppchen fahnden, die Spülmaschine ordentlich bestücken und erst anmachen, wenn sie ganz voll ist, und Rabattpunkte sammeln. Alles schön und gut, nur auf der Beziehungsebene funktioniert es so eben nicht – da tut auch einmal magisches Denken gut, etwas wie: Es ist wie es ist. Akzeptiere ihn in seinem So-Sein.
    Bill ist für mich keine Senftube. Er ist Bill.
    Und dazu – und nun komme ich mal auf den Punkt – gehört eben auch, dass er als Anfangfünfziger kein leeres Blatt Papier sein konnte, und von Beginn unserer »Affäre« an wusste ich ja, er hat Ex-Frau (harte Scheidung) und Freundin drüben in den States, in Arizona, wenngleich die Beziehung zur Freundin gerade bröckelt, weil er mit ihrer Eifersucht so gar nicht mehr kann.
    Bill ist Luftzeichen, Waage (ich Wassermann, auch Luftzeichen) – heißt, wir beide lieben unsere Freiheit über alles, und bereits bei unserem dritten Treffen oder so habe ich gecheckt, dass er polyamante Züge hat – hey, dieses schöne Wort habe ich neulich erst im immer bunter wuchernden World Wide Web entdeckt. Viel musste er nicht erzählen, doch es schien mir zu passen. »I love deeply and forever, but my love isn’t exclusive.« Ich sagte mir an jenem Abend, das ist auch gut so, Bill ist dazu geschaffen, nicht nur eine, sondern mehrere Frauen parallel zu beglücken …
    Na gut, nun bin ich natürlich auch nur ein Mensch und eine Frau und nicht immer von solch hehrem Gedankengut durchdrungen.
    Wenn ich dann an seine eifersüchtige Freundin namens Angela denke, durchzuckt mich manchmal doch wie ein Blitz ein Widerwille, den man von einem kleinen Armbrustbolzen aus purer grüner Eifersucht nicht wirklich unterscheiden kann.
    Dass die Zuneigung zur Ex-Frau, der Mutter seiner drei erwachsenen Kinder, ganz klar bestehen bleibt, damit kann ich viel lockerer umgehen.
    Aber diese Angela … ich hab einmal sogar mitgekriegt, wie sie anrief; darauf hätte ich gut verzichten können. (Er soll sich von ihr trennen, verdammt, sie engt ihn doch nur ein! sagt eine ganz neue giftgrüne Stimme in mir, die sich zum Glück nur selten zu Wort meldet.)
    Also das ist einer der Wermutstropfen. Der andere, der schon eher die Größe einer Riesenträne besitzt, speist sich aus der Tatsache, dass Bill früher oder später – beruflich bedingt – nach Amerika zurückkehren wird.
    Doch auch das wusste ich von Anfang an.
    Aber eben das hat mich veranlasst, ihm einmal mit leichter Bitterkeit zu mailen, dass ich nun einmal nur seine kleine deutsche Abwechslung sei, eine Art Zwischensnack. Ich versteckte das gut in dem übrigen locker-heiteren Ton, der zwischen uns üblich war, und er hätte gar nicht weiter darauf eingehen müssen, und doch tat er es. Es klang sehr überzeugend, als er mir versicherte, zwischen ihm und mir sei es – anders, es sei viel mehr als ein »Snack«. Er war geradezu empört über dieses Wort.
    Bitteres Kraut hatte ich ihm gesandt und – bekam Honig zurück.
    Wie weit kann ich ihm glauben? Ist seine Beziehung zu Angela wirklich am Zerbrechen?
    Achtung, scharfe Kurve, aus der ich getragen zu werden drohe … wirklich und wahrhaftig, nur selten tauchen diese Fragen auf. Nur ganz am Rand.
    Hey, ich hab grad gelesen, dass die noch recht junge BDSM-Bewegung den 24. Juli zum BDSM-Tag ausgerufen hat; 24.7., um auf das beliebte (und meiner Ansicht nach völlig unrealistische, unerfüllbare) 24/7, die Einstellung des Wir-spielen-nicht-sondern-leben-SM-rund-um-die-Uhr anzuspielen.
    24/7? Kreisch.
    Nein, echt nicht. Auch nicht mit Bill. Überhaupt mit niemandem, das liegt völlig jenseits meiner Vorstellungskraft, obwohl ich als Autorin doch eigentlich eine Menge davon besitze.
    Bill und ich haben nicht gerade viel gemeinsam, außer unserer Neigung. Er hat mir schon von seinen Reisen nach Tibet und Nepal erzählt, ich lausche ihm gern, doch dahin fahren will ich nicht, ich schreibe lieber. Und er kann meine Geschichten gar nicht lesen, ich müsste sie ins Englische übersetzen, und so weit geht meine Liebe zu Fremdsprachen nun doch nicht.
    »BDSM« überhaupt, auch noch ein recht neues Kürzel. Ob sich das wohl durchsetzen wird? Keine Ahnung. Das unfehlbare Wiki spricht von einem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher