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BitterSueß

BitterSueß

Titel: BitterSueß
Autoren: Antje Ippensen
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sie voller Verlangen zu – inhalieren.
24. Juli 2003
    Der abnorm warme Juni ist in einen äußerst heißen Juli übergegangen – was für ein Traumsommer, aber manche Leute jammern schon ausgiebig, und es regnet zu wenig.
    Nicht nur in Mannheim, nein, es ist in ganz Deutschland so afrikamäßig, und immer häufiger spricht man von Tropennächten. Phantastisch.
    Komisch, mein neuer Nebenjob geht mir total leicht von der Hand oder vielmehr von der Zunge. Dabei mochte ich es früher nicht übermäßig zu telefonieren, schon gar nicht, wenn ich mich dabei richtig anstrengen musste, um den Anrufer zufriedenzustellen. Nee, schon bei QUASI damals hatte ich’s eher unangenehm gefunden, wenn das Telefon klingelte. Zumal es mich auch immer aus einer anderen, wichtigen Aufgabe herausriss.
    Jetzt tat ich praktisch nichts anderes mehr als für Geld zu telefonieren, und zwar gern. Unglaublich, aber wahr. Es machte PIEEEP! in meinen Kopfhörern, und ich quatschte los, stellte unser Institut in kurzen Sätzen, klar umrissen vor und warb ums Mitmachen. Ich war gut darin und wurde täglich besser. Im Grunde versetzte ich mich selbst in Erstaunen; ich hatte gar nicht geahnt, dass ich so empathisch sein konnte und dass meine Stimme von den meisten Leuten als angenehm empfunden wurde.
    Bill bleibt noch eine Weile in Deutschland! Er muss pendeln zwischen Bayern und Heidelberg, aber jedes Wochenende treffen wir uns und verbringen soviel Zeit wie möglich miteinander.
    Ich habe mir das Rauchen vollends abgewöhnt; selbst nach meinen einst geliebten Joints verspüre ich kein Bedürfnis mehr. Angeblich nimmt man dann ja zu, aber bei mir ist das nicht der Fall – ich hab, anders als früher, einfach keine Heißhungerattacken. Bin schön schlank und genieße es, weniger Gelüste zu haben – und joggen tue ich eher noch mehr als früher; außerdem suche ich regelmäßig ein Schwimmbad oder die Blaue Adria auf.
    Bin auch schon mit Bill da gewesen, am FKK-Strand. Eine große Seen-und-Campinganlage ist das da in der Nähe von Altrip, platzt am Wochenende bei diesem Wetter natürlich auch aus allen Nähten. . Ich kannte aber ein paar verstohlene Winkel, die von den anderen meistens übersehen wurden. Ein wundervolles Erlebnis, zwischen Schatten unter den Bäumen und funkelnder Sonne auf dem See, der beinahe nicht mehr kühl war sondern eher zum Lauwarmen hin tendierte … hier waren zuviele Leute um uns herum, also kein Outdoor möglich, machte aber nichts; kleine Andeutungen, Berührungen, Klapse, Augen-Blicke genügten uns völlig.
    Mehr und mehr Menschen stöhnen unter der ungewöhnlichen Hitze und Trockenheit, man kommt sich inzwischen wirklich vor wie in Nordafrika – ich finde es herrlich. I like it hot. Meine Leistungsfähigkeit ist so groß wie selten zuvor, ich schreibe wie eine Weltmeisterin und meine Freundschaft mit Marie-Louise erreicht ungeahnte Tiefen; zugleich finden wir immer wieder einen Grund uns vor Lachen auszuschütten.
    Jedem dieser Wochenenden fiebere ich entgegen; unter der Woche mailen wir uns, Bill und ich. Nicht übertrieben, aber wir tun es, wir halten Kontakt.
    Manchmal – wirklich nicht oft – verglich ich das, was jetzt auf mich einströmte, mit den eher einseitigen Erlebnissen mit Falk und Phelan, wobei beide, jeder auf seine Art, einen wichtigen Platz bei mir innehatten. Vor allem Phelan, mit dessen Hilfe endlich der sich schon lange anbahnende Gedanke, ich könne SM lieben, als etwas Neues, Frisches und Freches eingetreten war durch meine Seelen-Tür.
    Es war eine eigenartige Zeit, jetzt. Im Grunde genommen hatte ich nicht den Eindruck, Antworten zu erhalten auf meine vielen Fragen nach dem Wer-Wohin-Wieso-Weshalb-Warum-Woher-und-WAS IST DER SINN DES GANZEN?
    Aber das machte nichts, denn diese vielen Fragen spielten auf einmal merkwürdigerweise gar keine Rolle mehr.
    Auch schien meine tantalusische Phase vorüber zu sein.
    Dies hier war sanfter und zugleich umfassender, es kam auf leisen Pfoten wie eine Katze, ja genau, wie mein Ivory, der auch große Stücke auf den ruhigen Bill hält. Katzen lieben zurückhaltende Menschen.
    Es ist jetzt wie eine Hand, die mich ganz umschließt, oder wie ein Strom aus Musik, der mich einhüllt.
    Nur zuweilen ein Wermutstropfen.
    Dazu muss ich ein wenig ausholen. Also, mit Bill gelingt es mir recht gut, endlich einmal aufzuhören mit den typischen Frauen-Fehlern, dem Hin- und Hergezerre an Männern, um »die Beziehung zu optimieren«. Alleine schon für sich ein
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