Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bittersuess

Bittersuess

Titel: Bittersuess
Autoren: Ki-Ela Stories
Vom Netzwerk:
schon, was passiert ist?
    Ich lege mich auf den Boden, fühle mich total am Ende. Ich würde gerne mein Gesicht kühlen, doch ich schaffe es im Moment nicht, mich aufzurappeln. Das Einzige, wozu ich gerade in der Lage bin, ist zu weinen.

    Ich weiß gar nicht, wie lange ich schon hier so liege. Jedenfalls wird mir der Boden langsam zu hart. Mühsam setze ich mich auf, meine Knochen tun mir weh, von meinem Gesicht mal ganz zu schweigen. Es pocht immer noch wie verrückt, doch irgendwie kann ich gar nicht so richtig fassen, was passiert ist. Der eine Kerl hat mich geschlagen. Kevin – oder wie auch immer er heißen mag.
    Niemand zuvor hat mich je geschlagen. Meine Eltern nicht und in eine Schlägerei bin ich auch noch nie verwickelt gewesen. Es ist unglaublich, Wut kommt wieder in mir auf, aber gleichzeitig wird mir wieder die Ausweglosigkeit meiner Lage bewusst. Ich bin den Kerlen ausgeliefert, sie können mit mir machen, was sie wollen. Ich schlucke wieder, mein Hals brennt. Ob sie auch noch andere Sachen vorhaben?
    Mein Puls beginnt zu rasen, wieder spüre ich den Angstschweiß aus meinen Poren rinnen. Wenn die beiden wollen, können sie alles machen. Wer soll mich hier schon finden?
    ‚Nein, hör auf’ , zwinge ich mich selbst. Ich muss an was anderes denken, darf mich nicht von den Sorgen und Ängsten kaputtmachen lassen. Ich zwinge mich aufzustehen, und mit wackeligen Schritten gehe ich zu der Wasserleitung. Mit meinen Händen fange ich die Flüssigkeit auf und trinke etwas. Das erste Mal, seit ich hier bin. Ich versuche, die pochenden Stellen mit dem Wasser zu kühlen, dabei mache ich mich total nass, aber das ist jetzt auch schon egal.
    Die Kälte auf meiner Haut lässt das Pochen ein bisschen schwächer werden, aber der Schmerz ist immer noch sehr stark.
    Vorsichtig taste ich mein Gesicht ab. Ob etwas gebrochen ist?
    Wie gerne hätte ich jetzt einen Spiegel, aber vielleicht ist es auch besser so, wenn ich mich gar nicht betrachten kann. Ich lache bitter auf, normalerweise sehe ich nicht schlecht aus. Ich hab eine passable Figur und ein ganz hübsches Gesicht. Ich hab die dicken dunklen Locken von meiner Mutter geerbt und ihre vollen Lippen. Von meinem Vater hab ich nur die Augenfarbe – grün.
    Ich hab nie Probleme gehabt, Jungen kennenzulernen, ich hatte sogar viele Verehrer bisher, was natürlich auch daran lag, dass meine Familie wohlhabend und einflussreich ist, das war mir immer klar. Aber der Mann fürs Leben war noch nicht dabei und mit zweiundzwanzig bin ich eh auch noch nicht auf der Suche nach ihm.
    Ich schaue an mir hinunter, meine ehemals weiße Tunika ist jetzt grau vom Schmutz – zumindest an den Stellen, an denen sie nicht voller Blut ist. Ich berühre vorsichtig meine Augenbraue, immer noch blutet sie ein wenig, ich fluche, weil ich nichts habe, um die Wunde abzudecken. Ich überlege, ob ich etwas von meiner Bluse abreißen soll, aber der Stoff ist viel zu dünn, er würde nicht groß was aufsaugen.
    ‚Luft dranlassen’ , sagt meine Omi immer. Aber gilt das auch für aufgeplatzte Augenbrauen? Die müssen doch genäht werden, oder?
    Ich kiche re hysterisch. Ich kann ja mal Kevin bitten, ob der mit seinen Monsterpranken mir mein Auge zusammenflickt. Quasi als ‚Wiedergutmachung’.
    Ich schüttelte den Kopf über mich selbst. So zynisch kenne ich mich gar nicht, aber der Galgenhumor rettet mich vorm Durchdrehen.
    Mein Blick fällt auf das Brot und ich greife danach. Es ist geschnitten und in einer Tüte verpackt. Ich öffne sie und schnappe mir eine Scheibe. Sie ist schon etwas trocken, ich rümpfe angeekelt die Nase. Noch habe ich auch überhaupt kein Hungergefühl.
    Ich stehe auf, meine Beine drohen unter mir wegzusacken. Ich schnappe mir die Tüte und schmeiße sie so weit es geht von mir weg. Sie landet irgendwo im hinteren Teil der Halle. Sollen sich doch meine kleinen pelzigen Freunde darum kümmern, ich werde das jedenfalls nicht essen.
    Was wollen die überhaupt machen, wenn ich mich weigere, was zu mir zu nehmen?
    Ich grübele ernsthaft darüber nach, dann kommt mir aber die Grobheit der beiden wieder in den Sinn. Die würden mich entweder verhungern lassen oder mir mit Gewalt Essen reinschieben. Aber das könnte man ja ruhig mal antesten…

    Mir wird schwindelig, ich weiß nicht, ob das von der blutenden Wunde kommt oder von den Schlägen. Jedenfalls hat dieser dreckige Boden auf einmal eine wahnsinnige Anziehungskraft auf mich.
    Müde lege ich mich hin, der Schmutz stört mich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher