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Zeig keine Angst!

Zeig keine Angst!

Titel: Zeig keine Angst!
Autoren: Tim Bowler
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Die Nacht, das Motorrad, die kurvenreiche Straße. Der Lichtstrahl des Scheinwerfers bohrt sich in die Dunkelheit. Er könnte ebenso gut mich durchbohren. Denn ich bin eh bald tot. Das weiß ich. Ich hocke auf dem Rücksitz und rase durch die Finsternis.
    Und wieder bin ich so gut wie tot.
    Ich kenne nicht einmal den Fahrer. Ich habe kurz seine Stimme gehört und seine Augen durch den Schlitz des Helmes gesehen. Das ist alles. Aber ich weiß genug. Es war richtig, auf sein Motorrad zu springen, als er mich dazu aufgefordert hat, denn so bin ich an meinen Feinden vorbeigekommen. Aber das verschafft mir nur eine kurze Galgenfrist.
    Denn dieser Kerl ist auch ein Feind.
    Glaub mir, Bigeyes. Ich habe zu viele Feinde und keine Freunde. Du kannst dir also selbst ausrechnen, was für ein Typ dieser Kerl ist. Er ist gefährlich und bedeutet Ärger, großen Ärger. Warum sollte er für nichts Kopf und Kragen riskieren? Das tut niemand. Er hat viel gewagt, um mich da rauszuholen. Also was will er?
    Was es auch ist, Bigeyes, es ist jedenfalls nichts Gutes.
    Ich schätze, er erledigt einen Auftragsjob. Ich habe dir ja schon erzählt, dass ich verschiedene Sorten von Feinden habe. Da sind die, die mich kriegen wollen, weil ich bestimmte Sachen weiß. Sobald sie die gewünschten Informationen aus mir rausgeholt haben, werden sie mich zum Schweigen bringen. Und dann sind da noch die, die mich kriegen wollen, weil ich bestimmte Sachen getan habe. Ich kann nur hoffen, dass sie mich schnell und schmerzlos töten.
    Aber ich glaube nicht, dass ich so viel Glück haben werde.
    Vermutlich ist dieser Kerl einer von der zweiten Sorte und wurde von einem mächtigen Feind aus der Vergangenheit geschickt, der einen Hass auf mich hat. Von denen gibt es genug. Ich habe zu viele Mistkerle hopsgehen lassen, um ein ruhiges Leben zu führen. Vielleicht habe ich einen von seinen Männern erledigt. Deshalb hat er diesen Kerl auf mich angesetzt.
    Und jetzt ist die Zeit der Rache gekommen.
    Was auch passieren wird, es wird übel, Bigeyes. Und ich bin jetzt so verdammt schwach. Meine Wunde macht mir immer noch zu schaffen, mein Körper ist total erschöpft von der anstrengenden Flucht, und mein Kopf ist noch ganz verwirrt von der Begegnung mit Jaz und dem Gespräch mit Mary. Wie viel Kraft habe ich noch, um gegen einen weiteren Feind zu kämpfen?
    Nicht mehr viel. Vielleicht gar keine mehr.
    Trotzdem habe ich noch so was wie eine Chance. Ich bin auf das Motorrad gesprungen, weil ich es so nur noch mit einem Feind zu tun habe. Im Moment jedenfalls. Es wird nicht lange so bleiben, aber vorerst heißt es: er gegen mich. Das sind bessere Karten, als die, die ich davor hatte. Deshalb klammere ich mich weiter fest und hoffe das Beste. Irgendwann muss er anhalten.
    Und dann werde ich wissen, was ich tun muss.
    Kämpfen oder fliehen.
    Oder beides.
    Wir fahren immer noch verdammt schnell. Ich sage dir, das ist wirklich eine heiße Maschine, und der Kerl ist ein toller Fahrer. Das muss ich ihm lassen. Ich checke ihn ab, so gut ich kann. Ein großer, kräftiger Kerl mit mehr Muckis als der Durchschnitt. Ich blicke zurück.
    Das dachte ich mir.
    Scheinwerfer verfolgen uns. Aber das sind keine Motorräder, sondern Autos. Und bald werden aus der anderen Richtung noch mehr kommen. Die Feinde hinter uns haben natürlich per Handy ihre Kumpels verständigt. Sie haben bestimmt einen zweiten Kreis gebildet, falls wir durch den ersten durchkommen.
    Und das haben wir ja gerade geschafft.
    Was der Motorradfahrer auch von mir will, er steckt nun auch in Schwierigkeiten. Und er wird bald einen Ausweg finden müssen, denn da vorne ist schon die Autobahn, wo uns bestimmt ein Empfangskomitee erwartet. Aber Moment mal …
    Er hat das Licht ausgeschaltet und wir werden langsamer. Wir fahren noch, aber es ist nun dunkel um uns rum. Das gefällt mir gar nicht. Ich kann fast nichts mehr sehen. Ich werfe einen Blick zurück.
    Die Scheinwerfer werden größer. Sie rasen uns hinterher, aber sie sind immer noch ein gutes Stück entfernt. Von vorn, von der Autobahn her, nähern sich jetzt auch welche. Wir düsen weiter ohne Licht durch die Dunkelheit.
    Aber jetzt biegen wir von der Straße ab. Wir fahren durch ein offenes Tor – das kann ich gerade noch erkennen – und holpern einen Weg runter. Links ist eine Wiese und rechts ein Zaun. Ich beobachte den Fahrer.
    Er hat sich kein einziges Mal
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