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Bittersuess

Bittersuess

Titel: Bittersuess
Autoren: Ki-Ela Stories
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bisher noch keine Toilette entdeckt habe, würde ich sie jetzt bestimmt nicht finden.
    Ich gehe, soweit es die Ketten zulassen, im Kreis herum. Doch ich stoße auf nichts, was mir in diesem Punkt weiterhelfen könnte, es gibt keinen Eimer oder etwas Ähnliches.
    Aber noch muss ich nicht so nötig. Ich kann noch einhalten und ich habe auch überhaupt keine Lust, mich hier irgendwo hinzuhocken.
    ‚Du kannst ja mit dem Wasser nachspülen’ , sage ich mir höhnisch, doch der Zynismus hilft mir nicht weiter. Ich kann nicht anders, ich merke wie die Verzweiflung wieder hochkommt.
    Ich will nicht weinen, aber ich kann es auch nicht stoppen.

    Ich weiß nicht mehr, wie viel Zeit vergangen ist. Aber irgendwie ist etwas anders, die Lichtverhältnisse haben sich geändert. Es wird heller, ich kann mehr erkennen, doch ich weiß nicht, ob ich das auch wirklich will.
    Ich sehe einen kleinen Schatten, der schnell vorbeihuscht, und mir stockt der Atem.
    War das eine Ratte? Oh nein, bitte nicht. Nicht, dass ich was gegen diese Tierchen hätte – solange ich ihnen nicht begegnen muss , ist alles in Ordnung. Aber diese hier war eindeutig zu nah. Sind Ratten gefährlich? Würden die mich angreifen?
    ‚Jetzt hör aber auf! Stell’ dich nicht so tussihaft an! Es sind nur kleine Ratten!’
    Ich konzentriere mich auf meine Umgebung, die so langsam sichtbar wird. Zunächst ist alles dunkelgrau, dann kann ich deutlichere Konturen erkennen.
    Die Theorie mit der alten Fabrik scheint sich zu bestätigen. Nur diese Halle ist leer , mal abgesehen von jeder Menge Dreck, Staub und Glassplitter. An den langen Wänden sind im Abstand von zwei Metern diese Fenster, von denen ich auch eines an ‚meiner’ Wand entdeckt habe. Ein paar Scheiben sind kaputt, ich kann froh sein, dass Sommer ist, sonst wäre das hier alles noch unangenehmer geworden.

    Die Dämmerung setzt mit aller Macht ein, ich kann blauen Himmel erkennen, es würde ein schöner Tag werden. Jetzt höre ich auch Vogelgezwitscher, so wie das nunmal ist, an einem Sommertag.
    Ich werde wütend. Wie kann die Sonne scheinen und wie können die Vögel zwitschern, während ich hier hocke und vor Angst kaum noch mehr ein- und aus weiß. Wie kann alles so normal sein, wenn für mich nichts mehr normal scheint?

    Ein paar Sonnenstrahlen scheinen jetzt hinein und lasse n Abermillionen von Staubflocken tanzen und das zerbrochene Glas glitzern. Sieht eigentlich schön aus, ich lache bitter.
    Wieder stehe ich auf, ich muss mich so gut es geht bewegen. Ich komme mir vor, wie ein Raubtier im Zoo, das in einen viel zu kleinen Käfig eingesperrt ist. Genauso unruhig laufe ich auf und ab, bis zu den Begrenzungen, die mir die Ketten auferlegen. Immer stärker macht sich meine Blase bemerkbar, was soll ich bloß tun? Ich kann doch nicht hier auf den Boden…
    Doch es nutzt ja nichts, der Drang wird einfach zu groß. Verschämt blicke ich mich um – eigentlich Blödsinn, denn außer mir, den Ratten und was weiß ich noch für ein Ungeziefer ist ja niemand da. Trotzdem schaue ich an den Wänden hoch, suche nach Kameras, doch ich kann nichts entdecken. Und selbst wenn ich welche sehen würde, das wäre mir wohl auch langsam egal.

    Ich gehe an die Wand, in Reichweite dieser defekten Wasserleitung. Mit zitternden Händen öffne ich den Knopf meiner Hose und schiebe sie hastig zusammen mit meinem Spitzenslip hinunter. Oh Gott, wie lange ist das schon her, dass ich außerhalb einer Toilette mal gemacht habe?
    Bestimmt war ich da noch ein kleines Mädchen. Es ist peinlich und erniedrigend, aber ich fühle mich im wahrsten Sinne des Wortes erleichtert. In meiner Hosentasche finde ich sogar noch ein Taschentuch, das ich als Papier benutzen kann. Ich reiße etwas davon ab, ich werde mir das wohl einteilen müssen.
    Schnell ziehe ich mich wieder an, nicht das noch einer kommt und mich sieht.
    Dann muss ich lachen.
    ‚Und wenn? Dann kannst du es eh nicht ändern. Du bist demjenigen, der dir das hier beschert hat, sowieso komplett ausgeliefert, Stella!’
    Hektisch sammle ich das Wasser der Leitung in meinen Händen und ‚spüle’ damit die Stelle, auf die ich gemacht habe. Schnell ist der ganze Boden unter Wasser, aber das ist mir egal. Ich passe nur auf, dass ich nicht in das Nasse hineintrete. Barfuss wäre das mit Sicherheit nicht gerade angenehm.
    Wenigstens ist es warm genug, dass meine Pfütze bald wegtrocknet. Und es riecht auch nicht unangenehm – noch nicht jedenfalls. Will gar nicht daran denken, wie
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