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Bis zum Ende der Welt

Bis zum Ende der Welt

Titel: Bis zum Ende der Welt
Autoren: Norbert Zähringer
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zerlegt und in Gefrierbeuteln abgepackt! Doch, doch, es ist
wahr
! Ich hab’s von jemandem, der sie
gekannt
hat! Also, kurzum: Der Traumprinz war, nein –
ist
ein Serienkiller. Miss Popo kriegt einen hysterischen Anfall, rennt in den Garten und klettert über die zwei Meter hohe Mauer aufs nächste Grundstück. Dort ist aber niemand. Der Pool leer, das Haus verrammelt. Wie in einem Albtraum. Da rennt sie quer über dieses Grundstück und klettert wieder über eine Mauer, völlig außer sich, und steht auf einem Grundstück mit ordentlich gemähtem Rasen und Swimmingpool und zwei alten Leutchen, die Portwein schlürfen und kein Wort von dem verstehen, was Miss Popo, die kaum etwas anhat, ihnen sagt. Und so klettert sie noch über einige andere Mauern an einigen anderen verwirrten britischen und holländischen Rentnern vorbei, bis sie an einen gerät, den es stört, dass sie da in Tanga und T-Shirt vor seinen kleinen Enkelkindern über seinen frischgemähten Rasen hüpft. Er ruft die Polizei. Die Dorfgendarmen nehmen sie mit auf die Wache, eine junge, bis auf die Nase eigentlich bildhübsche, aber kreischende Fremde, und auch sie verstehen kein Wort und bringen sie dann am Abend in die Provinzhauptstadt, und dort gibt man ihr ein Bett und holt am nächsten Tag einen Dolmetscher, und der übersetzt die Geschichte mit dem Traumprinzen und der Tiefkühltruhe, und die Polizisten fahren zu dem Bauunternehmer, und der glotzt sie fassungslos an, erklärt, die kleine ukrainische Nutte habe ihm Geld geklaut, das undankbare Luder, und dann zeigt er ihnen den Keller mit der Tiefkühltruhe, in der natürlich nichts ist außer tiefgefrorenem Fisch. Und Miss Popo steht daneben und kriegt den nächsten Kreischanfall, und der Traumprinz sagt: ‹Schaffen Sie mir dieses Weib aus den Augen, ich will sie nicht mehr.›»
    Annas Mitstudentin machte sich ein neues Bier auf, drückte die Zigarette aus.
    «Der Rest ist schnell erzählt. Die einen sagen, die Portugiesen hätten Miss Popo abgeschoben und sie habe sich wieder bei einer Agentur gemeldet, aber diesmal bei so einer, wo die Mädchen nur für eine Nacht vermittelt werden. Die anderen sagen, sie sei den Polizisten ausgerissen, habe sich dann als Bardame, als Tänzerin, als Model durchgeschlagen, sei durch halb Europa getingelt und schließlich in einem Ort, der sich Castrop-Rauxel nennt, in einem billigen Puff gelandet. Und der Kühltruhenkerl läuft immer noch frei herum! Sitzt wahrscheinlich gerade vor seinem Computer und schaut sich Bildchen von jungen, saftigen Mädchen für seine Sammlung an. Deswegen – also, wenn du meinen Rat hören willst, lass das sein. Warum willst du weg von hier? Schon richtig, wir leben von der Hand in den Mund, aber das halbwegs anständig. Ich hänge jedenfalls an meiner Heimat. Wir Mädchen, wir müssen zusammenhalten, verstehst du? Bleib hier, ich hör mich mal um, vielleicht kannst du später woanders unterkommen. Die von diesen Agenturen versprechen dir das Blaue vom Himmel, aber am Ende liegt doch nur ein Massenmörder oder ein Zuhälter auf dir drauf.»
     
    Die Partnervermittlung hieß «Transeuro Wedding» und befand sich in einem kleinen Büro in einer Seitenstraße des Kreschatik. Die Frau, die sie führte, hatte am Telefon auf Anna den freundlichsten Eindruck gemacht, und nun saß sie mit hochtoupierten Haaren hinter ihrem Schreibtisch und lächelte Anna einladend an.
    Anna setzte sich auf einen Stuhl ihr gegenüber, und sie gingen gemeinsam den Fragebogen durch.
    «Du bist also Lehrerin? Für Geographie und Deutsch?»
    «Ich studiere noch. Bin fast fertig.»
    «Das ist egal. Wenn du fertig wärst, bekämst du trotzdem keine Arbeit als Lehrerin. Also können wir auch gleich reinschreiben, dass du schon Lehrerin bist.» Die Vermittlerin strich etwas durch und kritzelte dann etwas daneben. «Kinder?»
    «Nein.»
    «Aber du magst Kinder? Du willst gerne welche?»
    «Kann sein.»
    «Du magst Kinder, glaube mir. Und wenn dich einer fragt, dann sagst du immer: Ich liebe Kinder, ich kann gut mit Kindern. Du musst nicht jedes Mal sagen, dass du selbst welche haben willst, das kannst du von Fall zu Fall selbst entscheiden, aber es ist immer gut zu sagen, dass man sie mag. Was machst du sonst so, hast du Hobbys?»
    Anna zuckte mit den Achseln. «Ich geh gerne in Clubs, tanzen und so …»
    Die Vermittlerin verzog das Gesicht. «Das ist doch kein richtiges Hobby, oder?»
    «Was ist ein richtiges Hobby?»
    «Das ist etwas, was man in seiner
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