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Bis ich bei dir bin

Bis ich bei dir bin

Titel: Bis ich bei dir bin
Autoren: Emily Hainsworth
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habe Angst davor. Je müder ich bin, desto weniger wird mein Gehirn vielleicht darauf aus sein, Träume zu produzieren. Ich beschließe, im Supermarkt anzurufen und um eine zusätzliche Schicht zu bitten, zucke jedoch zusammen, als ich das beschädigte Telefon auf dem Tresen neben der Obstschale und die Nachricht dazu sehe.
    Cam,
    lass uns darüber reden, wenn ich nach Hause komme.
    Alles Liebe,
    Mom
    Ich drehe den Zettel um und beginne, eine Antwort daraufzukritzeln.
    Mom,
    Diverse Entschuldigungen kommen mir in den Kopf:
    Das Telefon ist von allein heruntergefallen.
    Keine Sorge, ich habe es wegen Dad kaputt gemacht, nicht deinetwegen.
    Überhaupt, wenn du ab und zu mal zu Hause wärst, hätte er uns vielleicht nicht verlassen.
    Ich werfe den Stift hin und lasse den Zettel leer.
    Dann sehe ich auf die Uhr. Mit ein bisschen Glück bin ich es diesmal, der noch arbeitet, wenn sie nach Hause kommt. Ich krame im Rucksack nach meinem Handy, um im Supermarkt anzurufen.
    Seltsam, ich habe sechs versäumte Anrufe von zwei Nummern, die ich nicht kenne.
    Es klopft an der Haustür.
    Ich klappe das Handy zu und spitze die Ohren. Ist wahrscheinlich irgendein Anwaltskollege. Oder die Mormonen. Weil ich heute möglicherweise gegenüber Leuten, die mir Gott predigen wollen, ausfällig werden könnte, schleiche ich zur Tür und warte darauf, dass sie wieder abhauen.
    Es klopft erneut. Lauter.
    »Scheiße.«
    Gott muss das gehört haben, denn wer auch immer da draußen ist, fängt jetzt an, gegen die Tür zu hämmern.
    Ich reiße sie so schnell auf, dass ich mich vor einer kleinen Faust wegducken muss.
    Mir fällt die Kinnlade herunter.
    Dort an meiner Schwelle steht, mit Tränen in den Augen, das Mädchen von der Ecke.
    Sie ist nicht durchsichtig. Sie ist nicht grün.
    Sie ist echt.

SIEBEN
    S ie lässt sich gegen den Türrahmen sinken.
    »Gott sei Dank, du wohnst noch hier.« Fahrig wischt sie sich mit dem Handrücken übers Gesicht. »Ich war bei unserem Haus – aber es war nicht mehr unser Haus …«
    Sie steht hier, an meiner Türschwelle. Obwohl mein Magen leer ist, merke ich, wie er sich hebt. Sie richtet sich ein Stück auf und sieht mich erwartungsvoll an. Ich kann sie nur anstarren.
    Es gibt sie tatsächlich, sie ist ein Mädchen aus Fleisch und Blut. Eine graue Jacke, ein dunkelblauer Rock darunter. Ihre Haare glänzen in einem gleichmäßigen Kupferbraun. Auch ihre Augen sind braun, nicht grün, und sie hat Sommersprossen auf der Nase. Besonders groß ist sie nach wie vor nicht.
    »Sag mal, kenne ich dich?«, frage ich.
    »Bitte, Cam, du musst mich reinlassen.«
    Ich spähe auf die Straße hinter ihr, ohne zu wissen, wonach ich suche. Jemandem, der lachend hinter einem Busch hockt? Dann wird mir alles klar.
    Logan.
    »Wer hat dich dazu angestiftet?«, frage ich sie böse.
    »Niemand …«
    Ich balle die Hände zu Fäusten. »Ist ein ziemlich fieser Spaß, findest du nicht?«
    »Jetzt spinn doch nicht.«
    Ich sehe rot. »Es war Logan, stimmt’s? Ich weiß, dass Logan dahintersteckt.«
    »Du bist schuld daran, dass ich jetzt hier festsitze. Du hast mich gestoßen!«
    Ich schnappe nach Luft. Sie fasst sich an die Schulter, an der ich sie gestern Abend weggeschubst habe.
    »Hör mal, ich will einfach nur wieder nach Hause«, sagt sie.
    Sie hat dunkle Ringe unter den Augen, ihre Haare sind wirr und ungekämmt, aber sie klammert sich an den Türrahmen, als würde sie ihn notfalls herausreißen, um ins Haus zu kommen. Ich klappe den Mund zu und lasse sie herein, nachdem ich noch einen misstrauischen Blick auf die Straße geworfen habe. Es gibt schließlich keinen Grund, hier draußen weiterzudiskutieren, wo man uns beobachten kann … oder filmen.
    Ich schließe die Tür.
    »Was ist denn hier passiert?«, murmelt sie.
    »Wieso?«
    »Nichts«, erwidert sie schnell, sieht sich aber weiterhin verwundert um. Betrachtet die Möbel, die Bücherregale. Dabei fällt mir auf, dass unsere beiden Grünpflanzen tot sind.
    Das Mädchen geht durch den Flur und auf mein Zimmer zu, wie hypnotisiert oder so, halb schwebend, halb stolpernd. Sie sieht mich nicht einmal an, sondern lässt mich einfach stehen, als wäre sie hier zu Hause.
    »Hey, du kannst doch nicht einfach …«
    Sie bleibt an der offenen Tür stehen und sieht hinein, schließt schockiert die Augen. Ich greife über sie hinweg und knalle die Tür zu, dass es durch den Flur hallt. Der Lärm kommt mir sehr entgegen, denn ich bin kurz vorm Schreien. Ich halte den Türknauf fest
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