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Bis ich bei dir bin

Bis ich bei dir bin

Titel: Bis ich bei dir bin
Autoren: Emily Hainsworth
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Beste ist, einfach ganz normal weiterzumachen, als wäre nichts passiert. Ich werde um Extraschichten im Supermarkt bitten für abends, damit ich nicht zu viel allein bin, und vielleicht fange ich sogar wieder an, im Unterricht aufzupassen und Hausaufgaben zu machen. Wenn ich von Leuten umgeben bin, habe ich schließlich noch nie Geister gesehen. Ich reibe über die Stelle, an der sie mich berührt hat, und erschaudere. Wer oder was dieses Mädchen auch war, sie wollte mir jedenfalls nicht helfen, Viv zu finden.
    Falls ich versuche, Dr. Summers zu erklären, was an der Straßenecke geschehen ist, wird sie wahrscheinlich wieder von einem sogenannten Trigger sprechen. Sie hat das früher schon einmal erwähnt – dass bestimmte Orte, die mit schlimmen Ereignissen in Verbindung gebracht werden, einen verrückt machen können oder so.
    Bloß dass ich weiß, was ich gesehen habe.
    Ich habe also bis Freitagnachmittag um vier – meiner nächsten Sitzung – Zeit, mich in den Griff zu kriegen. Was bedeutet, keine Ecke und keine durchsichtigen Mädchen mehr.
    Mit erhobenem Kopf gehe ich zwischen den Autos auf dem Parkplatz hindurch. Heute kann ich es zum ersten Mal seit Langem nicht erwarten, zur Schule zu kommen. Um mich herum schlagen Leute Wagentüren zu, und ich höre, wie sie sich über geplatzte Partys am Wochenende und die Tests, die sie diese Woche schreiben, beklagen.
    Sie klingen so normal .
    Die üblichen Ankündigungen am Montagmorgen werden über Lautsprecher abgespult, während ich auf mein Pult starre. Irgendwas mit Spendensammeln für die Model UN, tolle neue Artikel im Schul-Shop und eine verbindliche Anfeuerungsprobe für die Schulmannschaft am Freitagnachmittag. Ich habe mich schon immer gefragt, wie sie dazu kommen, so etwas als verbindlich zu bezeichnen. Wollen sie einen mit vorgehaltenem Cheerleader-Puschel dazu zwingen hinzugehen?
    Tragt alle Rot und Weiß für unser Team! Zeigt’s ihnen, Rams!
    Nicht ohne Grund gehe ich jeden Freitag zu einer Hirnklempnerin.
    Ich nehme eine Abkürzung durch einen Gang, der an der Turnhalle vorbeiführt, um ausnahmsweise mal pünktlich zu Mathe zu kommen. Normalerweise meide ich diese Flure, wenn ich kann, und mein Bein erspart mir den Sportunterricht, aber die vertrauten Fliesen vor den Umkleideräumen und der Geruch nach Schweiß und altgedienten Turngeräten bombardieren heute meine Sinne. Endorphine schießen durch meine Adern, und ich muss mich ermahnen, dass meine Zeiten als Spieler vorbei sind.
    Ich halte den Atem an, als ich an den Umkleideräumen vorbeikomme, deren Türen quietschend in den Angeln schwingen, während Schüler herein- und herauslaufen. Fast bin ich daran vorbei und sehne mich schon nach einem tiefen Atemzug abgestandener Luft aus dem übrigen Schulgebäude, als jemand meinen Namen ruft.
    »Pike!«
    Ich bleibe stehen und atme durch die Zähne aus.
    »Ja, Coach … Mr Reed?«
    »Kann ich Sie einen Moment sprechen?«
    »Ich komme zu spät zu Mathe.«
    »Ich schreibe Ihnen eine Entschuldigung. Dauert nur eine Minute.«
    Er deutet auf das in der Nähe gelegene Trainerzimmer, das die meisten Trainer und Sportlehrer benutzen, während er ja noch sein offizielles Büro als Vizedirektor hat. Nicht dass mich das noch irgendwie interessieren würde. Ich betrete das leere Zimmer.
    Reed macht die Tür hinter mir zu und stellt sich an den Schreibtisch. Er trägt einen grauen Anzug mit blauer Krawatte, wodurch er ungefähr genauso gut in diese Umgebung passt wie ich. Mein Blick wandert unwillkürlich umher. Da ist das Regal, das schon immer mit kaputter oder nicht zusammenpassender Sportausrüstung vollgestopft war. Ein offener Karton mit nagelneuen Trikots steht auf dem Boden. Sieht aus, als hätte das Volleyballteam der Mädchen die Haushaltsdebatte dieses Jahr für sich entscheiden können.
    An der Wand hinter Reed befindet sich das Trophäenregal. Es ist noch ein wenig reichhaltiger bestückt als bei meinem letzten Aufenthalt hier und enthält jede Menge hohe Messingpokale von allen möglichen Wettkämpfen, angefangen von Schwimmen über Basketball bis hin zu Golf, und das aus mehreren Jahrzehnten. Meine Augen werden von einem großen gerahmten Foto angezogen. Ich muss schlucken, als ich die wohlbekannten roten Trikots aus meinem ersten Highschool-Jahr sehe, zugleich das erste Jahr, in dem wir uns für die Staatsmeisterschaft qualifiziert haben. Ich hatte es in der Mittelstufe schon in die Juniorenauswahl geschafft, und dann, als ich in die Neunte kam,
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