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Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas

Titel: Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas
Autoren: PeP eBooks
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einen starken glauben. In BWL ist der glaube noch wichtiger als in Theologie. glauben Sie mir das. Ich kriege Bilanzen hingelegt, da stehen Zahlen drin, da habe ich nur eine Chance, indem ich mir sage: Das muss ich jetzt einfach glauben.
     
    Unwirsch hält plötzliche inne und merkt, dass er sich noch gar nicht vorgestellt hat. Er kramt in seinen Sakko taschen und sucht Visitenkarten.
Unwirsch
    Ich muss mich entschuldigen, dass ich mich noch nicht vorgestellt habe. Sorry, das ist unhöflich. Normalerweise habe ich immer Visitenkarten dabei. Aber irgendwie habe ich gestern alle in der Bar verteilt. Macht nichts.
    Ich heiße Hubert Unwirsch und ich leite zusammen mit meinen Partnern Bernd Qualig und Harald Strohmaier die MCC, die Munich Consulting Company 2000. Über uns thront nur noch der Walter Wesendonk, unser alter Herr, der das Unternehmen gegründet hat. Hat sich aber aus dem operativen geschäft weitgehend zurückgezogen. Hält sich raus. Ab und an aber leider nicht. Na ja, er ist quasi im Austrag, hat übergeben, schnabelt dazwischen, hat aber im grunde genommen nichts mehr zu melden. Eine gelegenheit zur Toleranz. Wir müssen ihn aushalten. Mit Humor ist er zu ertragen. Finde ihn gar nicht so übel. Er sorgt mit seinem, äh, freundlichen gesabbel für ein grundgeräusch im Vorstand. Auf diese Weise reißt die Kommunikation nie ab.
    Wir sind ein mittleres, sehr erfolgreiches Unternehmen mit einem überaus attraktiven Angebotsmix. Strategie, Technologie, IT, Prozessmanagement, Kommunikation, Lobbying, daneben auch Privat Equity - wir machen alles.
Publishing
    Und Publishing! Publishing wird immer wichtiger. Das heißt, dass man an die Öffentlichkeit geht. Die Öffentlichkeit ist heute in unserer Medienwelt von entscheidender Wirkung. Wer die Deutungshoheit in den Medien hat, der hat die Macht. Deshalb legen wir sehr viel Wert auf die Deutungshoheit, die man erlangen und behalten muss! Dazu gehört, dass man auch mal einen Unsinn in die Welt setzt, aber die Deutungshoheit muss gewährleistet sein. Verstehen Sie, was ich meine? Es kommt nicht darauf an, ob etwas wahr ist oder gelogen. Das sehen wir wertfrei. Eine Lüge kann genauso wertvoll sein wie eine Wahrheit, wenn wir die Deutungshoheit darüber behalten. Sie müssen die öffentliche Debatte dominieren. Sie können heute in den Medien einen Riesenblödsinn publizieren, was weiß ich, über die Zeugungsschwäche der Deutschen zum Beispiel oder die Familientauglichkeit von Deutschen Schäferhunden. Sie müssen nur die Deutungshoheit darüber behalten. Armut, Prekariat, Sozialstaat - egal welches Thema Sie wählen. Es kommt nicht auf Inhalte an, alles Unsinn, was zählt, ist die Deutungshoheit.
    Also, bevor über ein Unternehmen eine dumme geschichte in den Medien veröffentlicht wird, was weiß ich, Dinge, die zum Erfolg des Unternehmens beitragen, Korruption, Puffbesuche, so was, gell, da veröffentlichen wir vorher lieber selber einen Blödsinn dazu. gut, ich drücke das jetzt ein bissl salopp aus, gell. Was ich sagen will, es gibt immer verschiedene Sichtweisen. Die Welt ist ambivalent. Und es kommt in unserer Medienwelt darauf an, als Erster seine Sichtweise zu platzieren, weil sich die anderen dann danach richten müssen.
    Schauen Sie, Sie können heute eine negative Behauptung über ein Unternehmen oder eine Persönlichkeit in die Welt setzen, die absolut falsch ist, wenn sie einmal publiziert ist, muss der Angegriffene versuchen, sie zu entkräften. Er muss sich verteidigen und den ungerechtfertigten Angriff abwehren. Da sagt beispielsweise einer, dass Sie auf Stammtischniveau argumentierten, dass Ihre politischen Aussagen eher dem rechten Umfeld zuzurechnen seien und Beifall von der falschen Seite bekämen. Ja, es entstünde bisweilen sogar der Eindruck, dass Sie reaktionär seien. Hoppala! Wie bitte? Reaktionär? Lassen Sie sich das gefallen? Wer will schon als reaktionär gelten in unserer demokratischen Öffentlichkeit?
    Sie können diese Behauptung nun einfach stehen lassen oder aber darauf reagieren. Sie sollten sich das sehr gut überlegen. In dem Moment, wo Sie anfangen dagegenzuhalten, sagt einer: Aha, er verteidigt sich. Warum verteidigt er sich denn? Sie wehren sich, Sie versuchen zu entkräften, was nicht stimmt, und wenn Sie dabei auch noch aggressiv werden sollten, haben Sie schon verloren, obwohl Sie jedes Recht der Welt dazu hätten, diesen unverschämten Angriff auf Ihre Person abzuwehren.
    Wer sich wehrt, ist in dieser
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