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Bis einer stirbt

Bis einer stirbt

Titel: Bis einer stirbt
Autoren: Olaf Buettner
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Freundin.«
    Ich hätte es ja nie zugegeben, aber das letzte Wort ging mir runter wie Öl. Langsam wurde es peinlich.
    Â»Hallo Klara«, sagte sie. »Ich bin Marlena. Sagen wir du? Ist praktischer.«
    Ohne eine Reaktion von mir abzuwarten, verschwand sie in der Küche.
    Â»Seid ihr in Sachen Überfall schon weitergekommen?«, fragte Nils, als wir am Küchentisch frühstückten. Meine Müdigkeit war mittlerweile verflogen. Ich trank Kaffee und aß mein zweites Brötchen.
    Â»Nicht wirklich«, sagte Marlena nachdenklich.
    Ich schätzte sie auf Mitte vierzig, also ungefähr so alt wie meine Mutter. Obwohl auch sie Fältchen um die Augen hatte, wirkte sie aber viel jünger. Wahrscheinlich kommt so was auch von innen.
    Â»Die Täter waren wieder maskiert. Es gibt zwar ein Video, aber viel erkennen kann man darauf nicht. Aber natürlich wird es noch weiter ausgewertet.« Sie schenkte sich Kaffee nach und trank ihn schwarz. »Sicher wissen wir nur, dass es wieder vier Täter waren«, sagte sie. »Wahrscheinlich auch diesmal Jugendliche. Neu ist, dass offenbar ein Mädchen dabei war. Dafür gab es bei den bisherigen Überfällen keine Anhaltspunkte.«
    Â»War aber dieselbe Gang, oder?« Nils verstand sich darauf, eine Frage zu stellen, ohne im Geringsten interessiert zu wirken. »Auf jeden Fall«, sagte Marlena. »Dieselbe Art, den Raum zu stürmen, dieselbe Personenzahl, Baseballschläger als Waffen, wieder ein Freitag, fast dieselbe Uhrzeit. Mit Sicherheit alles kein Zufall.«
    Â»Aber vorher haben sie noch nie jemanden verletzt«, meinte Nils. »Wieso diesmal? Ist irgendwas Ungewöhnliches passiert?«
    Â»Es war ein Kunde im Raum«, erklärte sie. »Dem ist die Brieftasche auf den Boden gefallen. Als einer der Täter sich danach bückte, hat der Kunde ihm mit der Faust auf den Kopf geschlagen, wenn auch nicht besonders hart. Aber das hat gereicht, um einen anderen zum Angriff mit seinem Baseballschläger zu provozieren. Wahrscheinlich den jüngsten, auf jeden Fall aber den kleinsten Täter. In all diesen Punkten stimmen Video und Zeugenaussage überein.«
    Â»Nur ein Schlag?«
    Marlena nickte. Sie hielt die Tasse in der Hand, ohne daraus zu trinken, der Kaffee dampfte kaum noch. Dann stellte sie die Tasse ab. »Schädelbasisbruch. Der Mann war offenbar sofort tot.«
    Â»Also mehr ein Unfall als Absicht«, schaltete ich mich ins Gespräch ein. Eine Sekunde lang betrachteten mich beide wie einen Eindringling. Es war das erste Mal, dass ich sie als eine Einheit wahrnahm.
    Â»So kann man es natürlich auch sehen«, meinte Nils.
    Â»Klara hat schon Recht«, sagte Marlena. »Wahrscheinlich hatte der Täter nicht die Absicht zu töten.«
    Â»Absicht oder nicht«, meinte Nils. »Der Mann ist tot.«
    Â»Ja«, sagte Marlena, »für den Toten macht es keinen Unterschied. Anders ist das mit unseren Ermittlungen. Nach der Art der Gewaltbereitschaft können wir den potenziellen Täterkreis einengen. Die meisten solcher Täter kommen ja nicht zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt.«
    Sie lächelte und wandte sich an mich: »Manchmal glaube ich, er wird doch noch Polizist.«
    Nils passte diese Bemerkung offenbar nicht.
    Â»Das Einzige«, fuhr Marlena fort, »was ihn daran hindert, ein wirklich guter Detektiv zu sein, ist sein Gerechtigkeitssinn.«
    Â»Den man nicht haben darf?«, fragte ich unsicher.
    Â»Doch«, sagte Marlena. Sie stand auf, kippte den kalt gewordenen Kaffee in die Spüle und schenkte sich frischen ein. »Aber man muss in der Lage sein, ihn manchmal zu unterdrücken. Wer zu sehr von seinen Gefühlen beherrscht wird, kann nicht mehr klar denken. Übrigens nicht nur bei der Lösung von Kriminalfällen.« Ein Seitenblick traf ihren Sohn, dann sah sie wieder mich an: »Und wo wir grad beim Thema sind, Klara: Wie lange willst du von zu Hause wegbleiben?«
    Eine Attacke aus dem Hinterhalt. Völlig überrumpelt musste ich erst mal schlucken. Ȁh … woher wissen Sie …«
    Â»Wir waren doch schon beim Du.«
    Ihr Lächeln brachte mich durcheinander. Marlena war freundlich und misstrauisch zugleich, eine brisante Mischung.
    Â»Aber zu deiner Frage, Klara: Das ist nun wirklich nicht schwer. Du bist, sagen wir, höchstens sechzehn. Du kannst also nicht einfach übernachten, wo es dir gerade
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