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Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet
Autoren: Rachel Caine
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überhaupt nichts komisch, Mann. Vor allem nicht in dieser Stadt. Es ist ja nicht so, dass wir uns alle darauf freuen können, in Frieden alt zu werden«, sagte Shane.
    »Ich meine, komisch, wer das unterrichtet«, sagte Michael. »Wenn man bedenkt, dass dieser Typ« – er tippte auf den unteren Rand des Flyers – »ein Vampir ist.«
    Claire kniff die Augen zusammen und konnte nur mit Mühe entziffern, dass der Typ Wassily hieß. »Ein Vampir, der Selbstverteidigung lehrt«, sagte sie. »Und das auch noch uns Menschen.«
    Shane war einen Augenblick lang verwirrt, aber dann sagte er: »Nun ja, wer könnte das besser? Amelie hat angeordnet, dass die Menschen das Recht haben sollen, diese Dinge zu lernen, oder nicht? Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein Vampir daraus Kapital schlagen würde.«
    »Du meinst aus uns «, sagte Claire. Sie persönlich war nicht besonders wild darauf, sich trainieren zu lassen; wusste auch nicht, ob sie überhaupt genug Muskeln und Körpermasse mitbrachte. Bei Shane war das natürlich etwas anderes. Er war konkurrenzfähig und konnte gut einstecken, vorausgesetzt der Kampf gefiel ihm. Außerdem beklagte er sich wirklich schon eine ganze Weile, dass es hier kein richtiges Fitnessstudio gab.
    Claire gab ihm den Flyer zurück. Shane faltete ihn sorgfältig zusammen und verstaute ihn in seiner Tasche. »Pass auf dich auf«, sagte sie. »Hau ab, wenn irgendetwas merkwürdig ist.« Auch wenn das in Morganville, Texas, kein besonders hilfreicher Rat war. Aber immerhin ging es hier um einen Vampir, der Selbstverteidigung unterrichtete. Und das war so ziemlich das Seltsamste, was sie in letzter Zeit gehört hatte.
    »Ja, Mom«, flüsterte ihr Shane vertraulich ins Ohr und dann küsste er sie auf diese Stelle am Hals, was immer eine Gänsehaut bei ihr erzeugte. »Iss dein Frühstück.«
    Sie wandte sich ihm zu und küsste ihn auf den Mund, bevor er sich abwandte, um zu gehen. Doch dann überlegte er es sich noch einmal anders und kam zurück, um sie noch einmal zu küssen, dieses Mal langsamer, heißer, besser.
    Michael setzte sich mit seiner Kaffeetasse an den Küchentisch, schlug die dünne, vierseitige Lokalzeitung auf und sagte: »Einer von euch sollte jetzt bereits an einem ganz bestimmten Ort sein. Ich sag’s nur, ich will hier nicht den Dad spielen.«
    Er hatte recht. Claire unterbrach den Kuss mit einem enttäuschten Knurren, das tief aus ihrer Kehle kam. Shane grinste. »Du bist so süß, wenn du das machst«, sagte er. »Du klingst wie ein richtiges, kleines Wildkätzchen.«
    »Leck mich, Collins.«
    »Uups, falscher Mitbewohner. Ich glaube, du meinst eher den, der Blutplasma trinkt.«
    Michael zeigte ihm den Mittelfinger, ohne von den neuesten Niederlagen des Morganviller Highschool-Sports aufzublicken. Claire zweifelte daran, dass ihn das tatsächlich interessierte, aber Michael brauchte immer etwas zu lesen. Und sei es nur, um Wissen über die örtliche Fußballszene anzusammeln, mit dem er seine Freundin Eve beeindrucken konnte.
    Claire schnappte sich ihr Frühstück – Pop-Tarts, die gerade aus dem Toaster sprangen – und wickelte es in eine Serviette, damit sie es mitnehmen konnte. Sie nahm ihre Büchertasche, warf Shane und Michael einen Luftkuss zu und ging durch die Hintertür hinaus in den kalten Herbsttag.
    In anderen Teilen der Welt war der Herbst eine herrliche Jahreszeit, geprägt von braunen, orangefarbenen und gelben Blättern … Hier aber waren die Blätter an nur einem einzigen Tag braun geworden und dann von den Bäumen gefallen, um wie alte Knochen durch Straßen und Hinterhöfe zu rasseln. Eine deprimierende Jahreszeit. Aber wenigstens war es kühler als in der gleißenden Sommerhitze. Claire hatte sich etwas Langärmliges angezogen und darüber noch einen dünnen Pulli, denn die peitschenden Windböen trugen die schneidende Winterkälte schon in sich. Demnächst würde sie Mantel, Handschuhe und Mütze brauchen, vielleicht sogar Stiefel, wenn es viel Schnee geben würde.
    Claire biss von ihrer Pop-Tart ab, sah auf die Uhr und hätte sich beinahe verschluckt, als sie feststellte, wie wenig Zeit sie nur noch hatte. Sie fing an zu laufen, was wegen des Gewichts ihres Rucksacks nicht besonders leicht war, und rannte wenig später durch die großen Eisentore der Texas Prairie University. Im Herbstsemester war immer viel los. Lauter ahnungslose Neulinge liefen, orientierungslos trotz ihrer Karten, auf dem Campusgelände herum. Zwei- oder dreimal wäre Claire beinahe
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