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Bis aufs Messer

Bis aufs Messer

Titel: Bis aufs Messer
Autoren: Carter Brown
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mein Plagiat habe. Ich weiß, daß es unmöglich ist, aber was, wenn
es ihm irgendwie gelungen ist, diese Unterlagen so zu fälschen, daß sie echt
wirken? Ich habe keine Zweifel, daß ich einen Prozeß gewinnen würde, aber mein
Ruf würde bereits Schaden gelitten haben, bevor die Sache vor Gericht über die
Bühne geht.«
    »Was
haben Sie ihm am Telefon gesagt?«
    »Ich
habe ihm natürlich gesagt, es sei eine Lüge. Er lachte nur und sagte, er und
ich wüßten das beide besser, und wenn ich glaubte, er mache Spaß, dann würde er
sich glücklich schätzen, mir die Beweise vorzulegen. Aber Zeit und Ort unseres
Zusammentreffens müßten seiner eigenen Entscheidung unterliegen. Er gab mir
eine Woche, um mir die Sache zu überlegen, und sagte, daß er, wenn er bis zu
ihrem Ende nichts von mir gehört habe, seinem Klienten raten würde, sofort
gerichtlich vorzugehen.«
    »Hat
er Ihnen eine Adresse angegeben?«
    »Eine
Telefonnummer, unter der er zu erreichen ist; ich habe sie aufgeschrieben.«
    »Ich
werde ihn anrufen und ein Treffen vereinbaren«, sagte ich.
    »Gut.«
Er nickte eifrig. »Ich werde mitgehen.«
    »Nein«,
sagte ich. »Vielleicht hat er für Sie irgend etwas Spezielles geplant.«
    » Holman hat recht«, sagte Antonia.
    »Wie
Sie meinen.« Kendall paffte heftig an seiner Pfeife. »Aber angenommen, er
weigert sich, Ihnen seine sogenannten Beweise vorzulegen?«
    »Dann
handelt es sich um irgendeinen Verrückten, und Sie können ihn beruhigt
fallenlassen«, sagte ich. »Aber aus Ihrer heftigen Reaktion schließe ich, daß
er nicht gerade zum Typ des harmlosen Irren gehört.«
    »Hm.«
Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Wollen Sie sonst noch etwas wissen, Mr. Holman ?«
    »Im
Augenblick nur noch zwei Dinge«, sagte ich. »Wenn Ihnen jemand mit der Post ein
Manuskript schickt, lesen Sie das jemals?«
    Er
grinste breit. »Mein Manager hat mich die Tatsachen des literarischen Lebens
schnell gelehrt! Derartige Sendungen werden uneröffnet an den Absender zurückgeschickt.«
    »Nur
fürs Archiv: Wann und wo haben Sie Ihr Stück geschrieben?«
    »Hier
in diesem Haus. Die grundlegende Idee hatte ich schon lange mit mir
herumgetragen, so daß ich für das Schreiben selbst nur drei Monate brauchte. Es
liegt meiner Schätzung nach beinahe ein Jahr zurück.«
    »Gut«,
sagte ich. »Weitere Fragen können wir beiseite lassen ,
bis ich herausgefunden habe, worin diese sogenannten Beweise Bolers bestehen.«
    Die
Tür öffnete sich, und ein lang aufgeschossener Bursche kam ins Zimmer
geschlendert. Er war Mitte Dreißig, hatte dünnes blondes Haar, das schon vor
etwa zwei Monaten reif für den Friseur gewesen sein mußte, nun aber nur noch
vermittels einer fachkundigen Bearbeitung mit einem Motorrasenmäher zu
bewältigen war. Sein Gesicht war schmal, seine hellblauen Augen auffallend und
sein kleiner Mund verdrossen. Ein lavendelblaues Strickhemd disharmonierte
heftig mit hellen zitronenfarbenen Bermudashorts; die Kombination von mageren
Beinen und knorrigen Knien ließ jede Vorstellung von der eingeborenen Würde des
Mannes als hektische Verleumdung erscheinen.
    »Oh!«
Er betrachtete uns drei mit mildem Interesse, als ob wir soeben aus irgendeinem
vergessenen Reagenzglas entsprungen seien. »Störe ich?«
    »Nicht
unbedingt«, sagte Kendall. »Dies ist Mr. Holman .« Er
wies auf den knochigen Kerl. »Das hier ist mein guter Freund Bruce Talbot. Er
ist Dichter.«
    »Ha!«
sagte Antonia verächtlich.
    Auf
Talbots Gesicht erschien für eine Sekunde ein Ausdruck der Unsicherheit, dann
fuhr er mit derselben affektiert gedehnten Stimme fort: »Die frigide Jungfrau
zweifelt an meinen musischen Fähigkeiten? Vielleicht sollte ich die Sorte von
Knittelversen schreiben, die ihr winziger Verstand auffaßt ?«
Er sah mich an. »Wenn ich Ihnen meine genaue Position in diesem Haushalt nicht
erkläre, so bin ich überzeugt, daß Antonia das mit dem größten Vergnügen tun
wird.« Er verbeugte sich tief vor Rafe Kendall. » Rafe ist mein Mäzen — die wundervolle altmodische Bezeichnung,
die alle Vorstellungen von Almosen umgeht. Zufällig glaubt er an meine Dichtung
und unterstützt mich, so daß ich schaffen kann, anstatt meine Zeit mit den
Versuchen zuzubringen, meinen dürftigen Lebensunterhalt als Angestellter oder
dergleichen verdienen zu müssen.«
    »Das
ist unnötig, Bruce«, sagte Kendall mit ruhiger Stimme. »Mr. Holman interessiert sich nicht für...«
    »Oh,
aber ich bestehe darauf!« Talbot warf trotzig den Kopf
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