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Billigflieger

Titel: Billigflieger
Autoren: Philip Tamm
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hast Recht, Katie. Ich bin wirklich ein Esel. Oder sagen wir, ich war einer.«
    »Ich finde, du bist immer noch einer. Kein Mensch rettet eine Frau und riskiert dabei sein Leben, nur um einen Tag später eine andere zu heiraten.«
    »Doch. Und zwar dann, wenn er gar nicht heiraten wird.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Das soll heißen, dass ich eingesehen habe, was für ein Idiot ich war.«
    »Stimmt, das warst du wirklich.«
    »Und es heißt, dass ich niemals eine andere heiraten könnte, weil es ja bedeuten würde, dass ich nicht mit dir zusammen sein kann. Und …«
    Sie gebietet mir mit einer Geste Einhalt, sieht mich ziemlich misstrauisch an und meint: »Moment mal! Du willst also mit mir zusammen sein?«
    »Mehr als alles andere.«
    »Und warum? Um dich bei nächster Gelegenheit wieder einmal davonzustehlen und mich irgendwo in der Pampa zurückzulassen?«
    »Bestimmt nicht, nein, ganz im Gegenteil.«
    »Und würdest du …« Sie stockt, schüttelt gedankenverloren den Kopf und fängt dann einfach an zu lachen. Keine Ahnung, was in ihr vorgeht. Es kommt mir so vor, als würde ihr erst jetzt klar, was ich ihr eigentlich gerade gesagt habe. Und wenn ich ehrlich bin, dann wird es mir selber auch gerade erst so richtig klar.
    »Was?«, frage ich sie ungeduldig, denn immerhin hat sie ihren Satz nicht beendet. »Was würde ich?«
    »Und würdest du mich dann vielleicht auch … küssen?«
    »Jetzt?«
    »Natürlich! Manche Dinge lassen sich nicht aufschieben.«
    In diesem Moment passieren mehrere Dinge gleichzeitig. Ich küsse Katie, während direkt unter uns die Fensterscheiben des siebten Stockes bersten und mit einer immensen Entladung gewaltige Flammen ins Freie schießen. Und unten vor dem Hotel grölt die Menge vor Begeisterung und stimmt denselben Gesang wie vorher an: »Aus-ziehen! Aus-ziehen!«
    Das Problem ist allerdings, dass die Hitze immer stärker wird. Katie schreit plötzlich auf, und gemeinsam weichen wir von der Kante des Vordaches zurück. So entkommen wir zwar den Flammen, aber auch weiter oben auf dem Dach ist es jetzt so heiß, dass wir kaum atmen können.
    Dann sehen wir, wie tief unter uns die Menschenmenge zurückweicht und endlich ein Einsatzfahrzeug der Feuerwehr vorfährt. Sie haben uns entdeckt! Aufgeregte Polizisten und Feuerwehrleute rennen herum. Die Drehleiter wird entsichert, und der Einsatzleiter nimmt an der Schaltkonsole auf dem Wagen Platz.
    Ein Beamter winkt zu uns hoch und brüllt etwas auf Spanisch, was ich nicht verstehe. »Wir sollen versuchen, ganz an die Seite des Daches zu gelangen«, übersetzt Katie.
    »Welche Seite?«
    Sie zeigt auf einen Punkt, der etwa zehn Meter von uns entfernt ist. Um dorthin zu kommen, müssten wir entweder auf der Regenrinne balancieren oder hinauf auf den Giebel klettern, uns dort entlanghangeln und erneut nach unten rutschen.
    In diesem Moment wird mir klar, dass wir gar keine Wahl haben. Direkt über uns beginnen nämlich einige der Dachschindeln seltsam zu klappern, ihre Farbe zu verändern und dann nach oben zu hüpfen, als wären sie Deckel auf dampfenden Wasserkesseln.
    Inzwischen haben sogar die Betrunkenen und Schaulustigen erkannt, dass das hier kein von TUI organisiertes Midnightspecial ist. Und auch nicht die Dreharbeiten zu einer neuen Folge von Stirb langsam mit Bruce Willis. Nein, das hier ist die Wirklichkeit. Und es geht um Leben oder Tod.
    Wir hören erneut eine Stimme durch das Megafon, die ich diesmal aber sehr wohl verstehe. Es ist nämlich nicht Spanisch, sondern Deutsch. Es ist Schröder.
    »Hörst du mich, Jo? Das Dach fliegt euch gleich um die Ohren. Seht zu, dass ihr da wegkommt. Ihr müsst ganz an den Rand. Da holen wir euch ab! Los, beeilt euch!«
    Ich nehme Katie an der Hand und balanciere einfach los wie ein Hochseilartist. Die Regenrinne knarzt unter unseren Füßen, sie löst sich sogar hier und da vom Dach - aber sie hält. Während wir uns dem äußersten Rand des Daches nähern, schraubt sich von unten die Drehleiter in die Höhe. In dem Korb steht ein spanischer Feuerwehrmann und direkt neben ihm Schröder mit der Sprechtüte.
    »Los, macht schneller. Beeilt euch. Es geht um Sekunden«, schreit er.
    »Jaja, immer mit der Ruhe«, murmelt Katie neben mir.
    »Ich glaube, Schröder hat Recht«, sage ich.
    »Ihr Männer habt ja immer Recht.«
    An immer mehr Stellen schießen jetzt Flammen durch das Dach. Die Drehleiter ist vielleicht noch fünf Meter von uns entfernt. Katie beginnt seltsam zu torkeln. Auch mir
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