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Bilder von dir: Roman (German Edition)

Bilder von dir: Roman (German Edition)

Titel: Bilder von dir: Roman (German Edition)
Autoren: Kate Racculia
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für Mieter, da als Arbeitsbereich für ihre Tochter reserviert) und die Küche.
    Die nackten Füße ihrer Mutter klatschten auf den noch original erhaltenen Fliesen, während sie beschrieb, dass auf der rechten Seite der Speisekammer für jeden der Hausbewohner ein Fach gleicher Größe zur Verfügung stehe, die linke Seite jedoch dem persönlichen Gebrauch von Mona und den häuslichen Mahlzeiten vorbehalten war. Hatte sie schon erwähnt, dass er für zweihundert Dollar zusätzlich im Monat zu den Mahlzeiten kommen könne, die sie sechs Mal in der Woche koche, ausgenommen freitags, wo die Mieter ihr Geld immer zusammenwarfen und sich irgendwo ein Gericht zum Mitnehmen holten? Sie hätten einen Gasherd, der linke hintere Brenner sei etwas heikel und müsse öfter angezündet werden. Die Töpfe und Pfannen müssten wie Kinder behandelt werden, und sollte er je dabei erwischt werden, einen Scheuerschwamm aus Metall auf einer Teflonfläche zu verwenden, würde man ihn an eine Schneefräse binden und durch die ganze Stadt schleifen. Mona hatte eine trockene Art von Humor, aber als der geheimnisvolle neue Mieter nicht lachte, ja nicht einmal unbeholfen kicherte, fragte Oneida sich, ob er tatsächlich glaubte, ihre Mutter meine es ernst.
    »Und das«, sagte Mona und betrat die Veranda, »ist die Veranda. Wo wir die Gartendarts, die Gießkannen und meine Tochter verwahren.« Sie lächelte Oneida zu und bedeutete ihr, sich zu ihnen zu gesellen, was Oneida auch tat. Sie verschränkte ihre knochigen Arme über der Brust und lehnte sich zurück, als ihre Mutter ihr den Arm um die Schultern legte. Mehl und Zuckerguss machten den Duft ihrer Mutter aus. Er war das Ergebnis jahrelangen Mischens, Backens, Schichtens und Spritzens von Zuckerguss auf Hochzeitskuchen, und Oneida sog ihn tief ein. »Oneida«, sagte Mona Jones und deutete auf den Mann, der in der Küche stand, »das ist Arthur Rook. Er nimmt die Zimmer über der Garage.«
    Arthur Rook wirkte verloren. Er war sehr groß und dünn, nicht abgemagert bis aufs Skelett wie die großen Jungs in der Schule, die, wenn sie im Sommer einen Schub von fünfzehn Zentimetern gemacht hatten, mit der gleichen Menge Haut wie zuvor zurechtkommen mussten, aber sie konnte ihn sich in einer nicht allzu fernen Vergangenheit als einen dieser Jungs mit gespannter Haut vorstellen. Er war viel jünger als die anderen Bewohner, und sie fragte sich, was er in Ruby Falls wollte. Er hatte dunkles Haar und eine Rasur bitter nötig. Seine Augen waren sehr dunkel und sehr wachsam, und er blinzelte nicht. Er sah sich alles an – nein, er studierte es. Er spürte den Umrissen aller undeutlichen, leblosen Wölbungen auf der Veranda nach, als suche er nach etwas, was er vor Jahren dort verloren hatte, woran er sich aber erst wieder erinnern könnte, wenn er es wieder sähe. Schließlich fand Arthur Rooks Blick auch seinen Weg zu Oneida, und als ihre Augen sich trafen, spürte sie ein seltsames Kitzeln in der Kehle, als sollte sie zu diesem Fremden etwas sagen oder als hätte er ihr etwas zu sagen. Er benahm sich, als wüsste er etwas, das sie nicht wusste, und das ärgerte sie – wie immer.
    Ein Donnerschlag holte Arthur aus seiner Trance. Er schlurfte nach vorne und reichte Oneida die Hand, die sie schüttelte.
    »Schön, dich kennenzulernen.« Seine Stimme schwankte, als hätte er sie eine Weile nicht benutzt.
    »Woher sagten Sie, kommen Sie, Mr. Rook?«, fragte Mona.
    »Los … Angeles.« Arthur Rook sagte das mit einem Achselzucken, als würde er Oneidas spontane Reaktion, Was zum Teufel tust du dann hier? vorwegnehmen, wie sie bemerkte. »Ich musste weg«, sagte er. »Ich war es leid.« Er schüttelte den Kopf. »Man braucht ein Decodiergerät, um dort einen Hamburger zu bestellen.«
    »Ach, kommen Sie«, sagte Mona. »Die geheime Speisekarte im In-’n’-Out kennt doch jeder.«
    Und bei diesen Worten wurde Arthur Rooks Gesicht aschfahl, und seine so konzentrierten und wachen Augen flatterten unruhig und glänzten. Während des darauffolgenden peinlichen Schweigens bot Mona ihm an, ihm sein Zimmer zu zeigen, was er annahm – ein wenig zu schnell, wie Oneida fand, für einen Mann, der behauptete, es einfach leid zu sein. Sie wusste nicht, welches Geheimnis sie mehr beschäftigte: was Arthur Rook in Ruby Falls zu suchen hatte oder warum er nach den Worten ihrer Mutter aussah, als wollte er gleich weinen.

3 Letzter Wille und Testament
     
    Wenn man das Darby-Jones betrat, glaubte man sich im
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