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Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Martin Mucha
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gestützt,
und dachte nach. Sorgenfalten bildeten sich auf seiner Stirn.
    »Da
hamma aber ganz schön einigriffn!«, meinte er schließlich.
    »Wo
hineingegriffen? Womit? Was soll das überhaupt?«, fragte Gütkens, sich noch
immer die Backe haltend.
    »Na in
die Scheiße, Piefke, in die Scheiße!«
    »Wieso,
das versteh ich jetzt aber nicht!«
    »Mit
dem Bandl in der Maschin’ hamma an Beweis. Dass der Körthy si girrt hat, unsere
Kollegen den falschen erschossen haben, dass die beste Freundin der
Justizministerin a Mörderin is. Waßt, Piefke, der Chef von mein Chef, der
tarockiert mit dem Mo von der Justizministerin, und am Sonntag essen alle
mitanand Gugelhupf, und wenn i klaner Kieberer a so an Skandal aufbausch, waßt,
was dann passiert?«
    »Sie
bekommen eine Auszeichnung und werden befördert?«
    Gunzmar
und Runker lachten. Wasti lachte mit.
    »Auszeichnung!«
Runker wischte sich die Lachtränen aus den Augen. »Der war guat. Befördert
werd’ i sicher, und zwar aufs Abstellgleis. Parksünder in Favoriten strafen,
oder Dorfpolizist in irgendan klan Tal, wo alle gleich heißen und vor Inzucht
nimmer gradaus schaun kennan. So schaut’s aus. Einigriffen hamma, und zwar
urdentlich.«
    Alle
nickten, das heißt, alle bis auf Gütkens.
    »Halt,
warten Sie, warum haben Sie dann überhaupt vor der Tür gestanden? Warum tun Sie
sich das alles an, wenn Sie dann niemanden verhaften.«
    Runker
lächelte dem Deutschen zu.
    »Passen
S’ auf, Herr Oberkorrektor. Erstens hab’ i zwa Menschen des Leben g’rettet, des
is scho amol net nix. Und zweitens wascht a Hand die andere. Die Frau Krobath weiß,
dass ich weiß, was sie gmacht hat. Der Chef von mein Chef wird des a wissen,
und des wird si wieder amal rentieren.«
    »Sagen
Sie, ticken Sie eigentlich noch richtig? Sind denn hier alle verrückt?« Gütkens
war knapp davor, in die Wand zu beißen. Seine Stimme hatte einen Oberton
gewonnen, der vermuten ließ, dass etwas in ihm gerissen war. Einer der kleinen,
wichtigen Fäden, die unsere Welt zusammenhalten.
    »Reißen
S’ Ihna zsamm. Sonst werma ganz fix an Widerstand gegen die Staatsgewalt ham,
und des is ka Gspaß. Vor allem net, wenn ma Ausländer is, Herr Gütkens.«
    Gütkens
verstummte. Runker klopfte ihm väterlich auf die Brust. Dann hob er den Arm und
blickte auf die Uhr.
    »In
fünf Minuten sind die Kollegen da. I tatat sagn, der Rumäne wollt’ Frau Krobath
und ihre Gäste ausrauben, wir sind glücklich dazwischen, und alles andere wird
scho irgendwie zsammpassen. Vorschlag zur Güte?«
    »Klingt
ausgezeichnet«, meinte Anne kühl. Sie und Runker schüttelten sich die Hände. Er
gab ihr das Band, sie gab ihm das Buch. Gütkens stand daneben, als ob er einen
Gehirnschlag erlitten hätte.
    Einige
Stunden später hatte die Gerechtigkeit gesiegt. Ftacek war vorbeigekommen und
hatte das Buch kassiert. Obwohl niemand wusste, wo Goldzung steckte, blieb
Runker nichts anderes übrig, als die Schokoladenchronik ihrem Besitzer
auszuhändigen. Als die Spurensicherung eingetroffen war, alle Beweise
verwischt, unsere Falschaussagen mit doppeltem Durchschlag ordnungsgemäß
aufgenommen worden waren und wir das Gebäude verließen, trug Gütkens immer noch
denselben Ausdruck im Gesicht. Das würde er wahrscheinlich für den Rest seines
Lebens tun. Wer zu lange in den Abgrund blickt, in den blickt auch der Abgrund
zurück. Wien hinterlässt unauslöschliche Spuren in jedem, auch in den Besten
von uns. Von Gütkens ganz zu schweigen.
    VII
    (Sechs Wochen später)
     
    Anfang November ist eine
schlechte Zeit in Wien. Der Sommer mit seiner Wärme ist endgültig vorüber, der
Winter mit der Nässe und dem kalten Wind ist da. In guten Jahren hat man drei
Monate, in denen es grau und grauslich wird, manchmal aber dauert der Winter
auch bis in den Mai. Egal aber, ob drei Monate oder ein halbes Jahr lang, die
Stadt zeigt sich dann von ihrer schlechtesten Seite. Die Luft ist trüb, Grau
ist die einzige Farbe, die Bäume in den Parks wirken wie Leichname, und eisiger
Wind schneidet durch die Unterwäsche bis ins Mark. In dieser Zeit lächelt
niemand in Wien, einzig von den Punschständen hallt das hoffnunglose Lachen der
Verdammten durch die Stadt. Der Winter ist die Zeit der Depressionen.
    Es war
einer dieser grauen Tage und ich stand am Fenster und wartete, dass Laura bei
mir in der Felberstraße vorfuhr. Ich hielt eine Schale mit kupferrotem
O’Sullivan in der Hand und nippte genüsslich. Die Partiten für Violine solo von
J. S.
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