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Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Martin Mucha
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uns mit bundesdeutschem Akzent und
Vokalen, die den Weg zum Umlaut schon einen weiten Weg gegangen waren. »Und
jetzt die Knarre bitte.«
    Ich
ließ die Waffe fallen. Dumpf prallte sie auf dem Teppichboden auf, wir hatten
alles verloren. Das Buch, die Knarre und das bisschen Selbstachtung, das mir
noch geblieben war. Rien ne va plus.
    V
    Bar jeder Hoffnung, ohne
Druckmittel oder Fluchtweg, hörte ich Gevatter Tod schon ein kleines Liedchen
pfeifen. Da das gesamte Leben nur eine Reise zum Tod ist, hätte ich die Situation
eigentlich locker nehmen können. Im Lehnstuhl, mit einer guten Tasse Tee, lesen
sich solche Philosophien auch immer nett. Wenn aber drei Knarren auf einen
gerichtet sind, schwindet die Gelassenheit, und Panik beginnt sich
breitzumachen. Sehr breit, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann. Auch wenn
man sich noch so fest vornimmt, im Angesicht des eigenen Todes nicht zu flennen
und zu betteln, wenn der Augenblick gekommen scheint, ist solchen Vorsätzen
eine Tendenz zur Verflüchtigung eigen. Also feilschte ich um jede Minute.
    »Warum
ist eigentlich Goldzung nicht da?«, fragte ich. Meine Stimme klang rau und
belegt.
    »Weil
wir ihn gar nicht haben, Herr Doktor«, meinte Anne schnippisch.
    »Sie
haben ihn gar nicht?« Wenn man Verblüffung malen könnte, ich hätte in dem
Moment ein gutes Sujet abgegeben.
    »Nein,
nie gehabt. Ich dachte nur, dass ich einfach mitspiele, als Sie nach ihm
fragten. Wenn ich gesagt hätte, dass ich nicht weiß, wo er sich befindet, hätte
das doch nur alles unnötig verkompliziert.«
    »Ja?«
    »Sicher,
Sie beide hätten mir doch nie geglaubt. So ist alles viel einfacher gelaufen.
Kleine Lügen schmieren große Maschinen.« Sie klopfte zufrieden auf den
Buchrücken.
    »Sie
haben also gar nicht in der Mollardgasse eingebrochen?«
    Anne
lachte leise und glockenhell auf. »Zweifach falsch, lieber Arno. Erstens würde
ich nie einbrechen«, eine kleine Pause, mit einem Lächeln verziert, »zweitens
habe ich auch niemanden dazu beauftragt.«
    »Wer
hat dann Goldzung enführt?«
    »Keine
Ahnung, wer meinen Onkel hat. Solange das Buch bei mir ist, ist mir das auch
reichlich gleichgültig.«
    »Jetzt
verstehe ich gar nichts mehr.« Ich meinte das so, wie ich es sagte, rückhaltlos
ehrlich.
    »Das
ist Ihr Problem, nicht meines.«
    »Sie
wollen mich also dumm sterben lassen?« Ich biss mir auf die Zunge, doch es war
schon zu spät.
    »Das
ist durchaus möglich«, meinte Anne mit dem leisesten Anflug eines Bedauerns.
    »Aber
Duvenbeck haben Sie auf dem Gewissen. So weit liege ich doch richtig?«
    »Warum
sollte ich Ihnen so etwas sagen?«
    »Weil
Laura mir sonst nie glaubt, dass ich nichts damit zu tun habe.«
    »Sie
sorgen sich um Ihre Beziehung?«
    »Sicher.«
    »Es ist
Ihnen aber schon klar, mein lieber Arno, dass dort, wo Sie jetzt hingehen,
solche Dinge wie Liebe gar nicht existieren?«
    »Kann
sein. Da noch keiner zurückgekommen ist, will ich aber auch nicht riskieren,
eine Ewigkeit lang Lauras Enttäuschung zu spüren.«
    Anne
lachte.
    »Sie
sind mir einer. Na gut, was soll schon passieren? Setzen Sie sich doch beide,
im Stehen spricht es sich schlecht.« Anne setzte sich, wir taten es ihr gleich.
Man hätte meinen können, wir wären bei ihr zum Tee geladen.
    »Ich
habe Pierre getötet. Gut so?«
    »Warum?
Weil er kurz davorstand, das Buch zu kaufen?«
    »Genau.«
    »Ist
das nicht ein bisschen drastisch? Ich meine, es geht doch nur um Schokolade. So
viel Geld kann doch da gar nicht im Spiel sein.«
    »Sie
wären überrascht, wie viel Geld da zu machen ist. Aber das ist nur ein
Nebeneffekt. Mir ging es um die Firma. Sehen Sie, ich bin in einer Familie
aufgewachsen, in der es Tag und Nacht nur um Schokolade ging. Wir spielten um
die Conchen fangen, statt Murmeln verwendeten wir Kakaobohnen, die bei der
Röstung verkohlt waren, aus alten Kakaosäcken bastelten wir Puppenkleider, und
wenn Großvater Goldzung uns auf seine Knie nahm und eine Geschichte erzählte,
dann ging es da um den Kakaowagen im Dreißigjährigen Krieg, die Fahrten nach
Mittelamerika, die Abenteuer auf den Kakaomärkten.« Sie machte eine kleine
Pause und zündete sich eine Zigarette an. »Bürgerkriege und Dschungel, Hitze,
Blut und Schweiß. Während Großvater erzählte, schmolz die Masse in den Conchen,
und wir tranken aus dickwandigen Bechern braunes Gold. Erzählungen sind
mächtig, Arno, gerade Sie sollten das wissen. Als ich zwölf wurde, war alles,
was ich wollte, Chocolatiere werden, doch ich war
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