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Bezaubernd

Bezaubernd

Titel: Bezaubernd
Autoren: Emma Green
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vagen Erklärungen und seinen flüchtigen Besuchen, bei denen der Sex wichtiger als alles andere zu sein scheint. Heute Abend wäre ich gerne Iris, die nichts dem Zufall überlässt, die verlangt und die bekommt, Punkt, aus, Ende. Ich wäre gerne Camille, die alles in den Wind schießt, ohne über die möglichen Konsequenzen nachzudenken. Ich wäre gerne Marion, die vor nichts Angst hat, vor allem nicht vor sich selbst, die ihren Prinzipien treu bleibt, auch wenn das bedeutet, dass sie vielleicht nie den Richtigen findet. Heute Abend wäre ich gerne …
    Ich würde gerne schlafen gehen, ohne dass jemand mitten in der Nacht in mein Appartement gestürmt kommt. Wenn es meine große Schwester, meine beste Freundin oder ihr Bruder ist, werde ich sie wohl mit einem Lächeln empfangen müssen, genauso, wie sie es auch schon für mich getan haben. Für Freunde sollte man immer da sein. Wenn es ein Einbrecher ist, dann soll er kommen und alles mitnehmen, denn ich sehe nichts um mich herum, das mir wirklich wichtig ist. Nichts zu machen, dieser Tag ist einfach sinnlos. Ich vergesse die symbolische Bedeutung des T-Shirts meines Geliebten und ziehe es an, denn es ist ausreichend lang, um das Wichtigste zu bedecken. Dann gehe ich in den Salon.
    Ich nehme zurück, was ich gesagt habe, denn ich könnte nicht wie Iris mit nacktem Po vor meinen Freunden herumtanzen.
    Gabriel kommt völlig niedergeschlagen und mit zerknittertem Hemd den Gang entlanggefegt. Ich glaube, ich habe noch nie solch eine Hoffnungslosigkeit in seinem Blick gesehen. Wie ein verletztes Tier hat er zwar immer noch die majestätische Haltung eines Löwen, eine gebieterische Ausstrahlung und eine goldblonde Löwenmähne, aber er hat etwas von seinem Hochmut und seinem Stolz verloren, sein Gang ist langsam und seine tiefe, raue Stimme gleicht einem klagenden Stöhnen.
    „Amande …“
    „Gabriel, was ist los?“
    Ich bin mir nicht sicher, ob er weint, seine Augen sind feucht, aber der Kummer scheint tief in seinem Inneren zu sitzen. Mein Geliebter lässt sich auf das Sofa fallen, ich setze mich neben ihn und sehe ihm dabei zu, wie er sich langsam hinlegt und seinen glühenden Kopf auf meine Schenkel bettet. Ich vergrabe meine Finger in seinen seidenweichen blonden Haaren, während ich mit der anderen Hand langsam den leichten Stoff auf seinem Rücken streichle, ich versuche, ihn zu beruhigen, bevor ich ihm vorsichtig eine Frage stelle.
    „Willst du es mir erzählen?“
    „…“
    „Du machst mir Angst, ich habe dich noch nie so gesehen.“
    „…“
    „Erklär es mir.“
    „…“
    Doch Gabriel schweigt, er blickt ins Nichts und das Blau seiner Augen ist mir noch nie so hell erschienen. Ich sehe sein ernstes, unerschütterliches Gesicht und seinen sonnengebräunten Körper, der sich unter seiner langsamen und tiefen Atmung hebt und senkt. Ich wage einen neuen Versuch, um sein Schweigen zu brechen.
    „Willst du nicht mir mir sprechen?“
    „…“
    „Soll ich raten?“
    „…“
    „Silas ist dir immer noch böse?“
    „…“
    „Oder liegt es an Prudence?
Oder Virgile?“
    „…“
    „Hast du Eleanor gefunden?“
    Auch mein Herz schlägt jetzt immer schneller. Ich versuche, meine Atmung zu kontrollieren und mir nicht das Schlimmste auszumalen. Wie soll ich die nächste Frage formulieren, die mir so sehr auf den Lippen brennt?
    „Liegt es … an mir?“
    „…“
    „Bist du dir nicht mehr sicher?“
    „…“
    „Gabriel, du kannst mir alles sagen.“
    „…“
    „Ich flehe dich an, sprich mit mir.“
    „…“
    „Du siehst so traurig aus. Sag mir, was ich tun kann.“
    Ich beuge mich zu ihm hinunter und drücke ihm einen sanften Kuss auf die Wange. Gabriel dreht unmerklich den Kopf und presst seine Lippen auf meine. Diese Geste überrascht mich, einerseits, weil dieser große Körper noch bis vor Kurzem völlig regungslos bei mir lag, und andererseits, weil mir unweigerlich ein Schauer über den ganzen Körper läuft. Ich gebe mich seinem Kuss lange hin, lange genug, um diese Art der Kommunikation zu genießen und mich gleichzeitig darüber ärgern zu können. Ich wollte, dass er mit mir spricht, doch er hat mir nichts weiter als seine schweigsamen und sinnlichen Lippen dargeboten. Während ich mich darauf vorbereite, ihn in meine Analyse miteinzubeziehen und ihm meinen Unmut mitzuteilen, gleitet die entschlossene Hand meines Geliebten hinter meinen Kopf und seine Lippen umspielen meine immerfort, halten sie gefangen, umschließen sie,
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