Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe
Autoren: J Downham
Vom Netzwerk:
und aus.

VIERZIG
    A llmählich kehrt das Licht zurück. Die völlige Dunkelheit verblasst an den Rändern. Mein Mund ist trocken. Der Abrieb von den Medikamenten gestern Abend belegt meinen Rachen.
    »Hey«, sagt Adam.
    Er hat einen Ständer, entschuldigt sich dafür mit scheuem Lächeln, ehe er die Vorhänge aufzieht, sich ans Fenster stellt und rausschaut. Hinter ihm die dumpf rosanen Morgenwolken.
    »Du wirst jahrelang ohne mich hier sein«, sage ich ihm.
    Er fragt: »Soll ich uns Frühstück machen?«
    Wie ein Hausdiener bringt er mir Sachen. Ein Zitroneneis am Stiel. Eine Wärmflasche. Eine zerteilte Apfelsine. Noch eine Decke. Er setzt unten auf dem Herd Zimtstangen zum Kochen auf, weil ich mich nach Weihnachtsduft sehne.
    Wie ist das so schnell passiert? Wie ist es wirklich wahr geworden?
     
     
    bitte komm ins Bett und leg dich mit deiner Wärme auf mich und nimm mich in deine Arme und mach dass es aufhört
     
     
    »Mum stellt ein Rankgitter auf«, sagt er. »Erst war es ein Kräutergarten, dann Rosen, und jetzt will sie Geißblatt. Ich geh vielleicht raus und helf ihr, wenn sich dein Dad zu dir setzt. Einverstanden?«

    »Klar.«
    »Du hast heute keine Lust, wieder draußen zu sitzen?«
    »Nein.«
    Jede Bewegung ist mir zu viel. Die Sonne bohrt sich in meinen Schädel, und alles tut weh.
     
     
     
     
     
     
    dieser hirnrissige Irre befiehlt allen, sich auf einem Feld aufzustellen und sagt ich werde einen von euch aussuchen nur einen von euch allen der sterben muss und jeder schaut sich um und denkt na ich kann das ja wohl nicht sein denn wir sind schließlich Tausende statistisch ist es also total unwahrscheinlich und der Irre geht auf und ab und sieht jeden einzeln an und als er in meine Nähe kommt zögert er und lächelt und dann zeigt er genau auf mich und sagt du bist es und der Schreck dass ich es bin aber nun ja natürlich bin ich es warum auch nicht ich hab’s schon immer gewusst
     
     
     
     
    Cal platzt ins Zimmer. »Kann ich rausgehen?«
    Dad seufzt. »Wohin?«
    »Einfach raus.«
    »Da musst du dich schon ein wenig genauer festlegen.«
    »Ich sag Bescheid, wenn ich da bin.«
    »Reicht nicht.«
    »Alle anderen dürfen einfach so raus.«
    »Alle anderen interessieren mich nicht.«
    Wundervoller Zorn, als Cal zur Tür stampft. Die Gartenpartikel in seinem Haar, der Dreck unter seinen Fingernägeln.
Sein Körper, der die Tür aufreißen und hinter sich zuknallen kann.
    »Ihr seid alle solche blöden Ärsche!«, schreit er, während er die Treppe runterrennt.

ANWEISUNGEN FÜR CAL
    Stirb nicht jung. Krieg ja keine Hirnhautentzündung oder Aids oder so was. Sei gesund. Kämpf in keinem Krieg und lass dich in keine Sekte aufnehmen oder bekehren und verlier auch dein Herz an keine, die es nicht verdient. Glaub nicht, du müsstest brav sein, weil du als Einziger übrig bist. Sondern sei so böse, wie du willst.
     
     
    Ich greife nach Dads Hand. Seine Finger sehen aufgeschürft aus, wie über eine Reibe gezogen.
    »Was hast du gemacht?«
    Er zuckt die Schultern. »Ich weiß nicht. Ich hab’s nicht mal gemerkt.«
     
     
    Zusätzliche Anweisung für Dad: Gib dich mit Cal zufrieden.
     
     
    Ich liebe dich. Ich liebe dich. Diese Botschaft schicke ich durch meine Finger in seine, den Arm rauf bis in sein Herz. Hörst du mich? Ich liebe dich. Und es tut mir leid, dass ich dich verlasse.

    Stunden später wache ich auf. Wie kann das sein?
     
     
     
     
    Cal ist wieder da, sitzt neben mir auf dem Bett, an Kissen gelehnt. »Tut mir leid, dass ich rumgeschrien hab.«
    »Hat Dad dir gesagt, dass du das sagen sollst?«
    Er nickt. Die Vorhänge sind aufgezogen, und irgendwie ist die Dunkelheit wieder da.
    »Hast du Angst?«, fragt Cal ganz sanft, so als würde er unwillkürlich laut denken.
    »Ich hab Angst vor dem Einschlafen.«
    »Dass du dann nicht aufwachst?«
    »Ja.«
    Seine Augen glänzen. »Aber du weißt, dass es nicht heute Nacht sein wird? Ich mein, du würdest es doch merken, oder?«
    »Es wird nicht heute Nacht sein.«
    Er legt den Kopf an meine Schulter. »Ich find das echt voll Scheiße«, sagt er.

EINUNDVIERZIG
    D as Glöckchen, das sie mir geschenkt haben, ist laut im Dunkeln, aber das ist mir egal. Adam kommt rein, mit schlaftrunkenen Augen, in Boxershorts und T-Shirt.
    »Du hast mich allein gelassen.«
    »Ich bin eben grade runtergegangen, um mir’ne Tasse Tee zu machen.«
    Ich glaube ihm nicht, und seine Tasse Tee ist mir egal. Er kann lauwarmes Wasser aus meinem Krug trinken, wenn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher