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Betongold

Betongold

Titel: Betongold
Autoren: Tom Westerhoff
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es am anderen Ende der Leitung.
    Wolfgang Gärtner, Spitzname »Wolf« war sein Vorgesetzter im Polizeipräsidium Frankfurt und ein ausgesprochener Morgenmuffel. »Ich hatte gerade einen Anruf aus dem Präsidium; in Sachsenhausen ist ein Mann tot in seinem Haus aufgefunden worden. Kannst du in mich in 15 Minuten zuhause abholen?«
    Â»Gib mir zwanzig«, erwiderte Kunkel, »ich muss noch duschen und Tobis Frühstück machen.«
    Â»In Ordnung, aber lass mich nicht warten«, sagte der Wolf und legte auf.
    Die Wohnung in der Feldbergstraße hatte ihm sein Chef besorgt. Unter normalen Umständen hätte er sie nie bekommen; zu begehrt waren die Wohnungen in dieser Lage und wurden »unter der Hand vermietet«, wie ihm Gärtner beim Einzug stolz erläuterte. Dass diese Hilfe nicht ganz uneigennützig war, dämmerte ihm im Laufe der Zeit, denn Gärtner hatte keinen Führerschein und ließ sich gerne von zuhause in der nicht weit entfernten Mendelssohnstraße abholen.
    Â»Wie ich diese Morgen hasse«, beklagte er sich bei Lady Jeremy, die auch nicht sehr glücklich über den Trockenfraß war, aber eine saftige Alternative stand nicht zur Verfügung.
    Er duschte in der halben Zeit und rasierte sich. Während er sich die Zähne putzte, stellte er Marmelade und Käse auf den Tisch, steckte die Toastscheiben in den Toaster, öffnete die Tür zu Tobis Zimmer und machte eine halbe Drehung an dem Dimmschalter. Erster Weckversuch.
    Â»Tobi, aufstehen.«
    Die Bewegungen unter der Bettdecke zeigten ihm, dass Tobi ihn zumindest gehört hatte. Er ging zurück ins Bad und spülte sich im Waschbecken den Schaum aus dem Mund; die Hälfte hatte er ohnehin bei seiner ersten Weckaktion verschluckt. Dann ging ins Schlafzimmer, zog seine Jeans und ein schwarzes T-Shirt an, dazu die bequemen schwarzen Turnschuhe, steckte seine Dienstpistole aus dem Tresor in das Schulterhalfter und startete den zweiten Weckversuch, indem er den Lichtschalter auf volle Helligkeit drehte.
    Â»Ich muss schon früher los, dein Frühstück steht auf dem Tisch, ich lege dir Geld fürs Mittagessen hin. Wenn du noch duschen willst, musst du jetzt aufstehen, außerdem wird der Toast sonst kalt.«
    Tobi schlug die Decke zurück; strafende Blitze aus seinen verschlafenen blauen Augen trafen ihn, bevor er aufstand und im Bad verschwand.
    Â»Den Cappuccino musst du dir selbst machen; und vergiss nicht dein Handy aufzuladen, ich melde mich dann heute Nachmittag«, rief er, zog seine derbe Lederjacke an und schloss die Wohnungstür hinter sich.
    Er stieg in seinen dunkelblauen Volvo und startete den Motor, dem man merklich die in zehn langen Jahren gefahrenen Kilometer anhörte.
    Bis zur Wohnung seines Chefs war es nicht weit. Er bog von der Feldbergstraße in die Liebigstraße ein, am Vapiano rechts in die Bockenheimer Landstraße und dann links in die Mendelssohnstraße.
    Polizeirat Wolfgang Gärtner wartete schon vor dem Haus. In seinem hellen Trenchcoat und mit dem original Panamahut, den er von seiner letzten Südamerikareise mitgebracht hatte, erinnerte er Paul immer wieder an den hageren Hamburger Tatortkommissar, jedoch nur äußerlich, denn Gärtner war mit seinen 64 Jahren durch und durch ein Polizist der alten Schule. Er führte das Kommissariat mit eiserner Hand und private Probleme hatte er nicht, bzw. erfuhr niemand etwas davon. »Das gehört nicht hierher«, pflegte er zu sagen, wenn mal ein Kollege ihn etwas in dieser Hinsicht fragte. Der Spitzname »Wolf« allerdings gefiel ihm. Er genoss die Rolle des einsamen Rudelführers, immer bereit dieses gegen Angriffe von außen zu verteidigen, jedoch ebenso streng und unerbittlich zu sein, sollte jemand an seiner Autorität zweifeln.
    Wolf stieg ein und übernahm sofort das Kommando. »Wir müssen in den Wilhelm-Beer-Weg, am besten du fährst über …«
    Â»Ich kenne den Wilhelm-Beer-Weg«, fiel ihm Paul bestimmt ins Wort, »Dort beginnt der Stadtwald und ich fahre dort immer mit Tobi Mountainbike.« Wenn Paul Kunkel etwas nicht mochte, war es, wenn jemand ihm vorschreiben wollte, wie er Auto zu fahren hatte und da spielte es auch keine Rolle, ob es sich um seinen Chef handelte.
    Â»Ist ja gut«, brummte Gärtner, »aber frag mich dann auch nicht, wenn du dich verfahren hast.« Von da an herrschte männliches Schweigen.
    Sie mussten
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