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Betongold

Betongold

Titel: Betongold
Autoren: Tom Westerhoff
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aus, steckte den Stummel in seine Tasche und zog seine Handschuhe wieder an. Dann ging er zurück ins Haus.
    Die Feuerwehr war zwischenzeitlich eingetroffen und hatte das Wasser aus dem Bett gepumpt. Der Leichnam von Weishaupt wurde gerade in den Zinksarg gelegt, ein Kollege überreichte ihm ein Foto des Toten.
    Es war ein Schnappschuss aus einem Urlaub. Weishaupt saß an einer Strandbar mit einem Cocktail in der Hand und lachte in die Kamera. Südamerika, vielleicht Brasilien dachte Kunkel, als er sich die Reklame im Hintergrund des Bildes anschaute.
    Â»Was Besseres habt ihr nicht gefunden?«, fragte er den Kollegen, doch der schüttelte den Kopf: »Dieses war das Einzige, welches annähernd aktuell ist.«
    Kunkel verabschiedete sich von Dr. Schenkelberg und ging die Treppe hinunter nach draußen. Wieder schweifte sein Blick über die Menge der Schaulustigen und er nahm im Vordergrund ein bekanntes Gesicht wahr. Er ging auf ihn zu. »Karsupke, was machen Sie hier?«, begrüßte er den Reporter und zog ihn von den Schaulustigen weg.
    Henning Karsupke war Redakteur und Fotograf einer kleinen Wochenzeitung, die sich hauptsächlich von Anzeigen und Werbeprospekten der einschlägigen Verbrauchermärkte finanzierte. Der redaktionelle Teil dieser Zeitungen umfasste in der Regel gerade mal zehn Seiten, die restliche Dicke der Zeitung von 5 Zentimetern wurde durch mindestens 15 Einlegeprospekte erreicht. Kunkel hatte Karsupke vor drei Monaten im Rahmen einer Pressekonferenz kennengelernt, als sie die Erpressung einer Supermarktkette aufgedeckt hatten. Der Erpresser wurde bei seinem Versuch, vergiftete Milchtüten in die Regale zu schmuggeln, gefasst.
    Karsupke war Anfang dreißig und sah mit seiner Nickelbrille ein wenig aus wie Harry Potter in seinem zehnten Film. Auf eine gewisse Art war er Kunkel sympathisch. Seine Fragen in der damaligen Pressekonferenz waren fundiert und zeugten von einer guten Recherche. Sein Artikel in der Wochenzeitung hätte sicherlich das Format für eine der großen Tageszeitungen gehabt, doch soweit hatte er es noch nicht geschafft.
    Â»Wie ist er denn ermordet worden?«, begrüßte Karsupke den Hauptkommissar.
    Â»Wer?«
    Â»Na Weishaupt. Er ist doch ermordet worden richtig?«
    Â»Hören Sie Karsupke, ich habe im Moment wenig Zeit und es ist zu früh etwas zu sagen«, erwiderte Kunkel, »Warten Sie die Pressekonferenz ab, oder wissen Sie etwas, was ich nicht – oder noch nicht – weiß?«
    Â»Könnte möglich sein«, grinste Karsupke und sah aus, wie ein Student, der seinem Professor gerade die noch unbekannte 2. Formel zur Quantentheorie erklären könnte.
    Â»OK, aber nicht hier und nicht jetzt«, sagte Kunkel, »Wir treffen uns heute Nachmittag um fünf bei Pino. Das kennen Sie doch.« Karsupke nickte, Kunkel ging zu seinem Volvo, als sein Handy klingelte.
    Â»Hallo«?
    Â»Und?«, ertönte die Stimme seines Chefs.
    Kunkel hasste dieses »UND«. Es konnte alles sein und nichts.
    Â»Was gibt’s Neues?«, bohrte Gärtner weiter.
    Â»Im Moment noch nicht allzu viel, ich denke, wir müssen die Ergebnisse der Spurensicherung und die Befragungen in der Nachbarschaft abwarten«, antwortete Kunkel spürbar genervt. »Ich bin gerade auf dem Weg ins Hotel, in dem sich Weishaupt gestern laut seinem Terminkalender mit jemandem getroffen hat und danach fahre ich ins Krankenhaus und befrage die Haushälterin. Ich bin dann um zwei im Büro.«
    Â»In Ordnung, dann bis um 14.00 Uhr«, sagte Gärtner und legte auf.
    Hat wohl was gemerkt, dachte Kunkel, stieg ein und startete den Motor. Er fuhr über die Darmstädter Landstraße zum Travel Hotel nach Gravenbruch. Während der Fahrt entspannte er sich etwas. Wenn man ihn früher gefragt hatte, was er werden wollte, hatte Paul immer nur gesagt: »Ich werde ein einfacher Mann, der durch die Stadt fährt.« In gewisser Weise war es ja auch so gekommen.
    Er parkte den Volvo direkt vor dem Haupteingang, an dem ihn schon ein grün livrierter Page mit einem kritischen Blick auf sein Gefährt erwartete. Souveränität ist auch eine Tugend, dachte sich Kunkel und zeigte ihm seinen Ausweis, während er die Tür verschloss. »Es dauert nicht lange«, gab er dem Pagen mit auf den Weg und betrat die Hotellobby.
    Am Empfang musterte ihn dezent kritisch der Empfangschef und auch er bekam den
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