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Beth

Beth

Titel: Beth
Autoren: Vampira VA
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wiedergewonnenen Lehens bewußt geworden zu sein ...?
    Der Krämer räusperte sich. Raoul erkannte, daß ihm schon eine ganze Weile der Korb mit den Waren entgegengehalten wurde. Rasch griff er danach und murmelte einen Dank.
    »Bis bald«, sagte er und verließ den Laden.
    »Bis bald«, wiederholte der Ladenbesitzer mechanisch und sah zu, wie Raoul, den Korb in der einen, den Krückenschaft in der anderen Hand, wieder heimwärts humpelte.
    Heimwärts .
    Wie normal es für ihn geworden war, dort, wo Marie auf ihn wartete, auch sein Zuhause zu sehen.
    Sie stand mit weit aufgerissenen Augen hinter der Tür, als er eintrat. Ihre Züge waren grimassenhaft verschoben, und zuerst fiel Raoul keine mögliche Erklärung dafür ein.
    Bis sie ihm den Grund stammelnd nannte.
    Der Korb fiel ihm aus der Hand, aber er bückte sich nicht, um ihn aufzuheben. Das, was sich über den Boden verstreute, hatte keine Bedeutung.
    Nicht mehr.
    »Sie erwachen?« echote er heiser.
    Er glaubte es erst, als er die Treppe hinunter in den Keller gehastet war.
    Das Gewölbe war völlig verändert.
    Die Kokons existierten nicht mehr. Nur flirrende Fetzen schwebten wie gewichtslose Flusen durch die Luft. Die Nester aber waren verschwunden, und ihr Inhalt .
    Raouls Blick ruckte von einer der stolz aufrecht stehenden Gestalten zur nächsten. Sie waren nackt, ohne Ausnahme. So nackt wie zu Zeiten, als sie noch geschlafen hatten.
    Ihre Augen, dachte Raoul als nächstes, ihre Augen sind offen.
    Vom befürchteten Weiß blieb er verschont, aber das Rot, das ihm entgegenstach, dörrte ihn innerlich förmlich aus, als schürften die Blicke der Bleichen auf dem Grund seiner Seele nach etwas, das .
    ihnen gehörte.
    Raoul wurde schmerzhaft bewußt, daß seine Seele wahrhaftig verpfändet war. An IHN. An den, der gegangen und nicht wiedergekehrt war, in all der Zeit nicht!
    Eine der Gestalten trat ihm aus der Phalanx entgegen, und Raoul erkannte Loth, dessen Stimme er nie zuvor gehört hatte.
    »Vater ...«, sagte Loth brüchig.
    Der bin ich nicht, dachte Raoul und empfand große Erleichterung darüber, es tatsächlich nicht zu sein. Die Fremdheit, die der wache Loth ausströmte, hatte eine solche Dimension, daß er ihn um keinen Preis der Welt weiter als seinen »Ziehsohn« betrachten mochte.
    ». ist tot«, vollendete Loth den begonnenen Satz in unerwarteter Weise.
    »Tot?« Hinter Raoul erklangen Schritte. Marie rief seinen Namen. Dann fühlte er ihre kalte Hand auf seiner Schulter. Sie bebte, und Raoul verstand ihre Aufgewühltheit nur allzu gut.
    »Beruhige dich«, sagte er, ohne sich nach ihr umzudrehen. »Wir haben nichts zu fürchten.« Er schwieg kurz und vergewisserte sich dann bei Loth: »Das haben wir doch nicht?«
    »Nein«, sagte Loth. Sein kahler Schädel und die brauenlosen Augen, in denen eine unbekannte Glut glomm, zogen Raouls Blicke an. »Zu fürchten habt ihr nichts. Eure Zeit ist einfach um.«
    Marie schrie leise auf. Raoul drehte sich jetzt doch nach ihr um und hielt ihren Arm. Gleichzeitig fragte er: »Um? Was heißt das?«
    »Ganz einfach, wir werden nicht mehr gebraucht«, sagte Zoe, die nun ebenfalls auf Raoul zutrat. Sie hatte Brüste von ungleicher Größe und Form. »Keiner von uns. Dieses Haus hat seinen Sinn verloren. Es darf endlich sterben, und es wird sterben, sobald wir es verlassen haben.«
    Die bleiche Zoe redete wie von etwas Lebendigem. Raoul räusperte sich und stellte die Frage, die ihn von allen, die ihm auf der Zunge lagen, eigentlich am wenigsten interessierte: »Wohin wollt ihr ge-hen?«
    Loth zuckte die Achseln, ratlos, wie es schien. »Das wissen wir nicht. Noch nicht.«
    Zum ersten Mal bemerkte Raoul etwas wie Trauer in den roten Augen - nicht nur in Loths Pupillen, sondern in einem jeden Blick, dem er begegnete.
    »Ich habe ein Recht zu erfahren, was geschehen ist«, sagte er fast trotzig. »Ich habe die Hälfte meines Lebens auf euch aufgepaßt. Und nun soll ich ...?«
    Natan unterbrach ihn kalt: »Wir haben dich nicht darum gebeten. Außerdem gäbe es dich längst nicht mehr, hättest du damals nicht in den Handel mit Ihm eingewilligt!«
    »Ihr . wißt davon?« Raoul hob die freie Hand und faßte sich unbehaglich an die Kehle.
    Natan antwortete nicht. Statt dessen sagte Loth: »Du und sie«, er zeigte auf Marie, die wie Espenlaub zitterte und deren zerfressene Züge so voller Anspannung waren, daß Raoul fürchtete, die verätzte Haut könne aufbrechen, »ihr sollt beide euren Lohn erhalten. Nutzt den Aufschub,
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