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Besser verhandeln - Das Trainingsbuch

Titel: Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
Autoren: Unbekannter Autor
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Ich sitze in dem Führerhaus eines Möbelwagens und halte an allen Ecken begierig nach den Straßenschildern Ausschau. Als sich der riesige Möbelwagen einer Ecke näherte, verlangsamte er seine Fahrt. »Ist's in diesem Block?« fragte der Fahrer den Neger, der neben mir saß.
    Der riesige Neger wandte sich an mich. »Sein das der Häuserblock, Junge?« fragte er, und seine großen weißen Zähne blitzten. Ich war so aufgeregt, daß ich kaum zu sprechen vermochte. »Das ist er«, piepste ich und reckte mich, um auf die Straße sehen zu können. Hier ist es. Ich erkannte die Häuser wieder, sie sahen eins wie das andere aus, und vor jedem stand ein schlanker junger Baum. Alles sah genauso aus wie an dem Tag, an dem ich mit Papa und Mama hierhergekommen war, an dem Tag, an dem sie das Haus für mich, zu meinem Geburtstag kauften.
    Alle hatten damals gelächelt, selbst der Makler, der dem Papa das Haus verkaufte. Aber Papa hatte nicht gescherzt. Er hatte es im Ernst gemeint. Denn er sagte dem Makler, das Haus müsse am 1. Juni fertig sein, weil ich an diesem Tag Geburtstag habe und das Haus mein Geburtstagsgeschenk sein solle. Und es stand am 1 . Juni tatsächlich zum Einzug bereit, genauso wie es Papa gewünscht hatte. Und heute war der 1 . Juni, wir feierten meinen achten Geburtstag, und wir zogen ein. Der Wagen fuhr langsam um den Häuserblock, und ich hörte das leichte Knirschen der Reifen auf dem Kiesweg, als der Möbelwagen die gepflasterte Straße verließ. Meine neue Straße war noch nicht gepflastert und erst mit weißgrauem Kies bedeckt. Die Reifen rissen den Kies mit und schleuderten die Steinchen prasselnd gegen die Kotflügel. Ich wetzte in dem Führerhaus ungeduldig umher. »Das ist es!« rief ich und zeigte hinaus. »Da ist mein Haus! Das letzte im Block, dort, das einzige freistehende Haus.« Der Möbelwagen rollte langsam und hielt. Auf dem Fahrweg sah ich bereits unseren Wagen stehen. Mama und meine um zwei Jahre ältere Schwester Miriam waren uns vorausgefahren, um einen Laib Brot und ein Salzfaß ins Haus zu bringen und alles vorzubereiten. Mama hatte gewollt, daß ich mit ihr komme, ich wollte aber mit dem Möbelwagen fahren, und der Fahrer hatte gesagt, ich dürfe mitkommen.
    Ich versuchte die Türe zu öffnen, ehe der Wagen ganz zum Stillstand gekommen war, aber der Neger hielt seine Hand auf der Klinke. »Warten noch Moment, Junge«, sagte er lächelnd. »Bleibst noch lang genug hier.«
    Als der Wagen stand, gab er die Türklinke frei. Doch während ich vom Führerhaus herunterkletterte, rutschte ich in meiner Eile auf dem Trittbrett aus und fiel der Länge nach auf die Straße. Ich hörte hinter mir einen gemurmelten Fluch und fühlte, wie mich kräftige Hände aufhoben und wieder auf die Beine stellten. Der Neger flüsterte mir mit seiner tiefen Stimme ins Ohr: »Hast dich wehgetan, Junge?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich glaube, ich hätte nicht sprechen können, selbst wenn ich es gewollt hätte. Ich war zu eifrig damit beschäftigt, mein Haus anzusehen.
    Es bestand bis zur halben Höhe aus braunroten Ziegelsteinen, und von da an bis zum Dach aus braunen Schindeln. Das Dach war mit schwarzen Schindeln gedeckt, und vor dem Haus befand sich eine kleine ungedeckte Veranda, von der ein paar Stufen auf die Straße führten. Es war das schönste Haus, das ich je gesehen hatte. Voll Stolz atmete ich tief ein und sah die Straße entlang, um festzustellen, ob mich auch jemand bemerkte. Es war jedoch niemand zu sehen. Wir waren die ersten Mieter, die in dem ganzen Häuserblock einzogen.
    Der Neger hatte sich neben mich gestellt, »'s ist eine schöne Haus«, sagte er. »Du sein mächtig glückliche Junge, so schöne Haus zu bekommen.«
    Ich lächelte ihm dankbar zu, denn als ich ihm auf der Fahrt erzählt hatte, daß mein Papa es mir als Geburtstagsgeschenk gegeben hat, spottete er über mich wie alle andern. Ich lief die Stufen hinauf und klopfte an die Türe. »Mama! Mama!« rief ich. »Ich bin's. Ich bin da!«
    Die Türe öffnete sich, und Mama stand vor mir; sie hatte ein Tuch um den Kopf gebunden. Ich drängte mich an ihr vorbei und blieb in der Mitte des Zimmers stehen. Alles roch so neu in meinem Haus. Der Anstrich der Wände, das Holz der Treppe, alles war neu. Ich hörte, wie Mama den Fahrer fragte, was denn so lange gedauert habe. Ich verstand seine Antwort nicht, weil ich bereits die Treppe hinaufsah. Aber als Mama ins Zimmer zurückkam, sagte sie, daß die Leute nur deshalb bei der Arbeit
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