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Besser verhandeln - Das Trainingsbuch

Titel: Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
Autoren: Unbekannter Autor
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so herumtrödeln, weil sie Stundenlohn bekommen.
    Ich packte sie am Arm. »Mama, welches ist mein Zimmer?« fragte ich. Zum erstenmal sollte ich ein eigenes Zimmer bekommen. Vorher hatten wir in einer Mietwohnung gewohnt, und ich hatte gemeinsam mit meiner Schwester ein Zimmer gehabt. Eines Morgens, kurz bevor mein Papa sich entschloß mir das Haus zu kaufen, war Mama in unser Zimmer gekommen, als ich mich gerade im Bett aufgesetzt hatte, um meiner Schwester beim Anziehen zuzusehen. Mama sah mich prüfend an. Später, beim Frühstück, teilte sie uns mit, daß wir ein Haus kaufen werden, und daß ich von nun an ein eigenes Zimmer bekommen werde.
    Jetzt schüttelte sie meine Hand ab. »Es ist das erste auf der Stiegenseite, Danny«, antwortete sie aufgeregt. »Und steh mir jetzt nur nicht im Weg herum. Ich hab eine Menge zu tun.« Ich stürzte die Treppe hinauf, wobei die Absätze meiner Schuhe einen ungeheuren Lärm erzeugten. Oben zögerte ich einen Augenblick und sah mich um. Papa und Mama hatten das große
    Frontzimmer, dann kam Miriams Zimmer, und hier - hier war meines. Ich öffnete die Türe und trat leise ein.
    Es war ein kleiner Raum, etwa zehn Fuß breit und vierzehn Fuß lang. Es hatte zwei Fenster, aus denen ich direkt in die beiden Fenster des jenseits des Fahrwegs liegenden Hauses sehen konnte. Ich drehte mich um und schloß hinter mir die Türe. Dann durchquerte ich das Zimmer, preßte mein Gesicht an die Fensterscheibe, um hinauszuschauen, da ich aber nicht sehr weit sehen konnte, öffnete ich das Fenster.
    Jetzt sah ich den Fahrweg, der sich zwischen den beiden Häusern hinzog. Direkt unter mir bemerkte ich das Dach des neuen Paige, den Papa eben erst gekauft hatte. Weiter zurück, hinter dem Haus, befand sich die Garage. Dahinter gab's nur noch Felder. Hier endete das neue Wohnviertel von Flatbush. Die Bauplätze waren früher nichts als Schutthalden gewesen, aber die Stadtverwaltung hatte sie eingeebnet, und um die Ecke herum entstanden noch weitere Häuserreihen, die alle genauso aussahen wie die unsre. Wenn ich mich weit genug aus dem Fenster hinausbeugte, konnte ich sie sogar sehen.
    Ich trat in die Mitte des Zimmers zurück. Langsam drehte ich mich im Kreise und betrachtete jede Wand einzeln. »Mein Zimmer... es ist mein Zimmer«, sagte ich immer wieder. Ich spürte, wie mir ein Klumpen in die Kehle stieg, es war ein merkwürdiges Gefühl. So wie damals, als ich vor Großpapas Sarg stand, mich fest an die Hand von Papa klammerte und in das stille weiße Antlitz sah, mit dem kleinen schwarzen Sabbatkäppchen auf dem Kopf, das sich so furchteinflößend von dem schmucklosen weißen Laken abhob. Papa hatte sehr leise gesprochen. »Sieh ihn dir gut an, Danny«, hatte er gesagt, es war aber eher so, als spräche er mit sich selbst. »Das ist das Ende, das alle Menschen erwartet, und es ist das letztemal, daß wir sein Gesicht sehen können.« Dabei beugte er sich nieder und küßte das stille Gesicht im Sarg. Ich küßte es gleichfalls. Großpapas Lippen waren eiskalt und bewegten sich nicht, als ich sie mit den meinen berührte. Etwas von ihrer Eiseskälte rann mir durch alle Glieder.
    Ein Mann mit einer Schere in der Hand stand neben dem Sarg. Papa öffnete seinen Rock und der Mann schnitt ein Stück von seiner Krawatte ab. Dann sah der Mann fragend auf mich. Papa nickte mit dem Kopf und sagte auf Jiddisch: »Er ist von seinem Blut.« Hierauf schnitt der Mann auch ein Stück von meiner Krawatte ab, und ich spürte, wie mir der Klumpen in die Kehle stieg. Es war eine ganz neue Krawatte, ich trug sie zum erstenmal. Und jetzt konnte ich sie nie mehr tragen. Ich sah zu Papa empor. Er blickte wieder in den Sarg und seine Lippen bewegten sich. Ich bemühte mich zu verstehen, was er sagte, es gelang mir aber nicht. Er ließ meine Hand los und ich lief zu Mama hinüber und der Klumpen saß mir noch immer in der Kehle.
    Und dasselbe Gefühl verspürte ich jetzt wieder. Plötzlich warf ich mich zu Boden und preßte meine Wange an das Holz. Der Boden war kalt, und der Geruch des frischaufgetragenen Lacks stieg mir in die Nase. Meine Augen begannen zu brennen. Ich schloß sie und lag einige Minuten ganz still. Dann drehte ich mich wiederum und preßte meine Lippen auf den kalten Boden. »Ich hab dich lieb, mein Haus«, flüsterte ich. »Du bist das schönste Haus auf der ganzen weiten Welt, und du gehörst mir, und ich hab dich lieb!«
    »Danny, was treibst du denn da auf dem Fußboden?« Ich sprang rasch auf
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