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Besessene

Besessene

Titel: Besessene
Autoren: S Hayes
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stämmig und blond mit offenem freundlichem Gesicht und Merlin groß und dunkel mit eher reservierten Zügen. Ich murmelte, dass Luke unser Nachbar sei, griff nach meinem Mantel und düste los. Merlin nahm meine Hand und sein Daumennagel grub sich so fest hinein, dass es wehtat, aber ich sagte nichts.
    »Was ist denn bloß so wichtig?«, fragte ich, als unser Haus aus dem Blickfeld verschwunden war und ich endlich Atem holen konnte. »Wieso soll ich denn so dringend mit zu dir kommen?«
    Merlin zögerte. »Es geht um dein Porträt, Katy. Ich krieg die Farben nicht richtig hin.« Er beugte sich zu mir und rieb seine Nase an meiner Wange. »Ich kann mich nicht mehr konzentrieren   … weiß auch nicht, warum.«
    »Und wie kann ich da helfen?«
    »Du kannst für mich Modell sitzen. Zu dieser Tageszeit ist das Licht am allerbesten. Wenn du jetzt für mich sitzt, kann es sein, dass ich es noch hinkriege.«
    »Okay, kein Problem, Merlin.« Wir gingen die in einem weiten Bogen zum Haus führende Auffahrt entlang und ich hätte mich dafür ohrfeigen können, dass meine Reaktion so wenig euphorisch ausgefallen war. »Ich meine natürlich, klar sitze ich für dich. Das ist doch das Mindeste, was ich tun kann.«
    Ich drapierte mich malerisch auf dem ramponierten Chenillesofa, darum bemüht, meinen Bauch einzuziehen und nicht an Rubens’ Gemälde von üppig proportionierten nackten Damen zu denken.
    »Muss mich noch umziehen«, sagte Merlin.
    Ohne Vorwarnung und mit schneller Handbewegung öffnete er alle Druckknöpfe gleichzeitig an seinem Hemd und warf es auf sein Bett. Dann nahm er ein altes T-shirt vom Haken und zog es sich über den Kopf. Ich versuchte, den Blick abzuwenden, allerdings erst, nachdem ich seine entblößte Brust und die Linie schwarzer Haare gesehen hatte, die sich den Oberkörper hinunter- und an seinem Nabel vorbeischlängelte.
    Mein Gesicht glühte vor Verlegenheit und ich befürchtete schon, auf seinem Gemälde mit gigantisch roten Backen verewigt zu werden. Ich schob es einfach auf die Sonne. »Es ist ziemlich   … heiß hier oben, findest du nicht?«
    Merlin brummte irgendwas von warmer Luft, die nach oben steigt, und öffnete das Dachfenster. Er formte ein Viereck mit seinen Fingern, sah mich an, dann wieder auf die Leinwand. Er schüttelte den Kopf. »Dein Haar lässt sich nicht abbilden   … unwirklich sieht es beinahe aus   … so wie gesponnenes Gold, durchzogen von einem Ton gerösteter Kastanien, dein Teint   … wie alabasterfarbene Sommersprossen.«
    Er lächelte. Die meisten Typen hatten Mühe, sich auch nur das dürftigste Kompliment einfallen zu lassen, doch Merlin brachte es fertig, einen einzigen Satz wie ein ganzes Sonett klingen zu lassen. Ich bemühte mich, nicht herumzuzappeln auf meinem Sofa, aber es war eine Tortur fürmich, einem so prüfendem Blick standzuhalten, und außerdem stieg die Temperatur im Atelier. Ich musste meine Strickjacke ausziehen und hoffte, dass es nicht wie der verunglückte Versuch eines Striptease aussah. Merlin malte unendlich lange und ich schwieg, da er so versunken in seine Arbeit war. Obwohl er ja mich malte, schien er distanziert zu sein, fast so, als nehme er mich als abstrakte Form wahr. Die Sonneneinstrahlung wurde jetzt noch intensiver; vor meinen Augen fing es an zu flimmern und auf Merlins Augenbraue sah ich einen Schweißtropfen schimmern.
    »Sollen wir eine Pause machen?«, schlug ich vor.
    Merlin nickte. Er wischte sich die Hände an einem Lappen ab und kam zu mir herübergeschlendert.
    »Ist für mich auch noch Platz, Katy?«
    Schnell setzte ich mich aufrecht hin und schlug die Beine unter. »Und   … wie sind die Farben jetzt?«
    »Viel besser.«
    Ich rutschte auf dem Sofa herum und starrte zur Tür.
    »Es gibt keinen Fluchtweg«, sagte er leise.
    Ich rieb mir die Nase, strich mir die Haare glatt und sah mich im Zimmer um, während Merlin ruhig dasaß und mich betrachtete. Ich strich mir über die Arme, da ich plötzlich trotz der Hitze fröstelte.
    »Ich will dich ansehen, Katy.«
    Lachend versuchte ich, seine Bemerkung abzutun. »Du hast mich doch die ganze Zeit schon angesehen.«
    »Nicht so.« Er legte eine Hand unter mein Kinn und zwang mich, seinen Blick zu erwidern. Seine Augen waren durchdringend, stechend und steingrau.
    Sein Kopf neigte sich meinem entgegen, dann schob seine Hand den Träger meines Hemdchens von der Schulter und seine Lippen küssten sich an meinem Hals nach oben.
    »Und wenn deine Mutter reinkommt  
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