Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beruf Philosophin oder Die Liebe zur Welt Die Lebensgeschichte der Hannah Arendt

Beruf Philosophin oder Die Liebe zur Welt Die Lebensgeschichte der Hannah Arendt

Titel: Beruf Philosophin oder Die Liebe zur Welt Die Lebensgeschichte der Hannah Arendt
Autoren: Alois Prinz
Vom Netzwerk:
verlernen,
Stünd’ ich, Natur, vor dir, ein Mann allein,
Da wir’s der Mühe wert, ein Mensch zu sein.«
    Hannah muss ihre Arbeit unterbrechen, weil es an der Tür läutet. Es sind Salo und Jeanette Baron, alte Freunde, die sie zum Abendessen eingeladen hat. Nach dem Essen setzt man sich ins Wohnzimmer, in dem auch Hannahs Schreibtisch am Fenster steht. Neben dem Sessel, in dem sie zu sitzen pflegt, wenn Gäste da sind, steht ein kleines Tischchen mit Zigaretten und Aschenbechern und Schälchen mit Nüssen aller Art, kandierten Früchten, Crackers und Plätzchen – alles Utensilien, die sie beim Gespräch in Reichweite haben muss.
    Als Hannah den Kaffee servieren will, bekommt sie plötzlich einen Hustenanfall und sinkt ohnmächtig in ihren Sessel. Nach dem ersten Schreck rufen die Barons Hannahs Hausarzt und ihre Freundin Lotte Köhler an. Doch als die beiden eintreffen, ist Hannah Arendt schon tot. Sie starb an einem Herzinfarkt.
    Die Trauerfeier für Hannah Arendt findet am 8. Dezember in der Riverside Memorial Chapel statt. Die Zeremonie ist die gleiche wie bei Heinrich Blücher. In der überfüllten Chapel ist Hannah Arendts Leichnam in einem schlichten Kiefernsarg aufgebahrt.
    Einige ihrer engeren Freunde ergreifen das Wort. Auch Mary McCarthy und Hans Jonas halten eine kleine Ansprache. Mary versucht noch einmal, das Bild ihrer »schönen Freundin« heraufzubeschwören: »Sie war eine schöne Frau, bezaubernd, verführerisch, feminin. [...] Das Auffälligste an ihr waren die Augen, leuchtend und funkelnd, verträumt, wenn sie glücklich oder erregt war, aber zugleich tief, dunkel und entrückt, Teiche der Innerlichkeit. Es war etwas Unergründliches an Hannah, das in den Tiefen dieser Augen zu liegen schien.« 6
    Auch Hans Jonas beschreibt die Besonderheit in Hannahs Erscheinung, ihre Verwundbarkeit und ihre »absolute Entschlossenheit«. Jonas beendet seine Erinnerung sehr persönlich:
    »Da sie selbst die Freundschaft über alles gestellt hat, lassen Sie mich als Freund zu ihr sprechen. Letztes Jahr, Hannah, feierten wir das fünfzigste Jahr unserer Freundschaft und wir erinnerten uns daran, wie alles begann, damals, in Bultmanns Seminar zum Neuen Testament, in dem wir beide die einzigen Juden waren, und wie diese Freundschaft dann wuchs über die Jahre hinweg, obgleich sie lange Zeiten der Trennung und einige stürmische Meinungsverschiedenheiten zu überstehen hatte – immer waren wir uns sicher in dem einen gemeinsamen Gefühl dafür, was von Bedeutung war und was nicht, was wirklich zählte, was man in Ehren halten und was man verachten konnte. Es sind so viele hier, die ein Loblied auf dich als Freundin singen können, die bezeugen können, dass, wenn du einmal ernsthaft eine persönliche Bindung eingegangen bist, dies für ein Leben war. Du hast die Treue gehalten, du warst immer da. Wir alle sind ärmer ohne dich. Die Welt ist kälter geworden ohne deine Wärme. Du hast uns zu früh verlassen. Wir werden versuchen, dir die Treue zu halten.« 7
    Die Urne mit Hannah Arendts Asche wird auf dem Friedhof des Bard College neben Heinrich Blücher beerdigt.
    Martin Heidegger überlebte Hannah Arendt nur um fünf Monate. Er starb am 26. Mai 1976. Mary McCarthy war von Hannah Arendt zu ihrer literarischen Nachlassverwalterin ernannt worden. Sie übernahm die schwierige Aufgabe, die Manuskripte zu dem geplanten Buch Das Leben des Geistes zu überarbeiten und herauszugeben. Mary McCarthy starb am 2S. Oktober 1989 in New York.
    Friedrich Schiller
Das Mädchen aus der Fremde
    in einem Tal bei armen Hirten
Erschien mit jedem jungen Jahr,
Sobald die ersten Lerchen schwirrten,
Ein Mädchen schön und wunderbar.
  
Sie war nicht in dem Tal geboren,
Man wusste nicht, woher sie kam;
Und schnell war ihre Spur verloren,
Sobald das Mädchen Abschied nahm.
  
Beseligend war ihre Nähe,
Und alle Herzen wurden weit;
Doch eine Würde, eine Höhe
Entfernte die Vertraulichkeit.
  
Sie brachte Blumen mit und Früchte,
Gereift auf einer andern Flur,
in einem andern Sonnenlichte,
In einer glücklichem Natur.
  
Und teilte jedem seine Gaben,
Dem Früchte, jenem Blumen aus;
Der Jüngling und der Greis am Stabe,
Ein jeder ging beschenkt nach Haus.
  
Willkommen waren alle Gäste,
Doch nahte sich ein liebend Paar,
Dem reichte sie der Gaben beste,
Der Blumen allerschönste dar.

Zeittafel
    1906  Johanna Arendt wird am 14. Oktober als einzige Tochter von Paul Arendt und seiner Frau Martha, geb. Cohn, in Hannover
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher