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Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel

Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel

Titel: Benson, Amber - Jenseits GmbH 1 - Lieber Tod als Teufel
Autoren: Amber Benson
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Wandspiegel sah, musste ich ein erneutes Würgen unterdrücken. Ich sah aus wie eine aufgewärmte Leiche. Mein hellbraunes Haar war zerzaust, und unter den großen, braunen Augen hatte ich dunkle Ringe. Mein normalerweise halbwegs attraktives Gesicht hatte plötzlich etwas seltsam Abgehärmtes.
    Ohne Vorwarnung durchfluteten weitere Bilder – genau genommen Erinnerungen – meinen Kopf, und ich rannte ins Abteil zurück, um Galle hochzuwürgen – das Einzige, was sich noch in meinem Magen befand.
    „Das ist eine oberfiese Lebensmittelvergiftung, sonst nichts“, sagte ich mir, als ich mich schließlich wieder aufsetzte, wobei ich mich am Toilettendeckel festhalten musste. Doch noch bevor die Worte aus meinem Mund waren, wusste ich es besser. Das war keine Lebensmittelvergiftung. Das, was mit mir geschah, war viel schlimmer als eine Ladung Salmonellen abzukriegen und anschließend glutenfreie Biobackwaren durch die Gegend zu kotzen.
    Meine Erinnerungen waren zurückgekehrt. Deshalb hatte mein Mageninhalt schreiend das Weite gesucht. Jemand hatte den Vergessenszauber aufgehoben, den ich vor drei Jahren auf mich gewirkt hatte, um nach vierundzwanzig Jahren Irrsinn endlich ein normales Leben zu fuhren.
    Und all das wegen eines gottverdammten verzauberten Törtchens!
    Kaum hatte ich mir eingestanden, in welcher Lage ich mich befand, fiel mir auch der Name wieder ein, der zu der seltsamen Stimme gehörte. Ich nahm all meinen Mut zusammen und sprach ihn aus.
    „Jarvis …?“, sagte ich und ließ den Namen im Raum stehen. Als keine Antwort kam, schaute ich mich um, in der Hoffnung, dass ich vielleicht Glück gehabt und mir die ganze Sache doch nur eingebildet hatte.
    Doch dem war nicht so, ich wusste es. All die seltsamen Dinge, die mir in letzter Zeit widerfahren waren, ergaben nun einen Sinn. Das war echt ein Riesenmist. Tatsächlich wäre es mir sogar lieber gewesen, verrückt zu sein.
    „Zeig dich!“, sagte ich, ohne zu zögern. Wenn hier das vorging, was ich dachte, das vorging, würde ich die Sache im Keim ersticken, bevor Jarvis etwas dagegen unternehmen konnte.
    Wahrscheinlich war er irgendwie aufgehalten worden, denn er brauchte ganze dreißig Sekunden, um sich zu materialisieren.
    „Oh Gott … du bist es wirklich“, piepste ich und versuchte, nicht vor Schreck in Ohnmacht zu fallen. Ich lehnte mich an die Wand und atmete mehrmals tief durch, um mich zu beruhigen und meine Benommenheit abzuschütteln. Von hier aus konnte ich den Mann, der mich von der anderen Seite der Waschbeckenreihe anstarrte, in Ruhe mustern.
    Jarvis war klein – beim besten Willen nicht größer als einen Meter fünfzig-, und jetzt, als er in einer Ecke der Unisextoilette erschien, sah er genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte: winzig. In seinem dunklen Zweireiher, der perfekt zu seinem cremefarbenen Anzughemd und seiner Krawatte passte, sah er trotzdem aus wie geleckt.
    „Ja, ich bin’s: Jarvis, wie er leibt und lebt.“ Er verbeugte sich bedachtsam, wobei er das Gesicht so weit Richtung Boden neigte, wie seine Ziegenbeine es zuließen. Dazu musste man wissen, dass Jarvis von Geburt an ein Faun war. Und er gehörte zu den stolzesten Vertretern dieser Art, die ich kannte. Das Wort „Ziegenbock“ war ein Sakrileg für ihn. Wenn man wollte, dass Jarvis einem kostenlos die Zähne ausschlug, musste man ihn nur als „Bockjunge“ bezeichnen.
    „Scheiße! Scheiße, Scheiße, Scheiße“, sagte ich.
    Wunderbar, die Sache mit dem Im-Keim-Ersticken fängt ja wirklich großartig an, dachte ich sarkastisch.
    „Was machst du hier?“, krächzte ich in dem kläglich scheiternden Versuch, mich zusammenzureißen. „Vater und ich hatten eine Regel vereinbart! Solange ich unter der Wirkung des Vergessenszaubers stehe, müsst ihr Leute mich in Ruhe lassen!“
    Jarvis hob warnend die Hand. „Sprich mit der Hand.“
    Das brachte mich zum Schweigen. Es war über zehn Jahre her, dass jemand versucht hatte, mir mit dieser Fran-Drescher-Nummer zu kommen.
    „Tut mir leid, Jarvis, aber das kann ich dir nicht durchgehen lassen“, sagte ich, während meine Stimme langsam ihre normale Tonlage wiederfand. „Das ist so ein Mittneunzigermüll.“
    Er schürzte die dicken rosa Lippen, die sich wie gewohnt unter einem buschigen schwarzen Schnurrbart befanden. Anschließend rümpfte er unzufrieden die große Adlernase. Offenbar gefiel es ihm gar nicht, dass ich auf seinen kleinen Fauxpas hingewiesen hatte, doch als Angehörige der Popkulturpolizei
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