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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar
Autoren: Eoin Colfer
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verwirrte Mädchen wurden zwischen die spitzen Stacheln der nach ihnen greifenden Pflanzen gedrückt. Sie schlugen in dem Gewirr aus Ästen um sich wie Delphine in einem Netz. Literweise Wasser strömte zwischen ihnen hindurch. Dampfwolken stiegen wild zischend vom Tank des Mopeds auf. Benny konnte nicht schreien. Er konnte nichts sehen. Wassertropfen spritzen ihm in die Augen. Wie Geschosse prallten sie von seinem Körper und seinem Kopf ab. Omar war auf seinem Sitz herumgedreht worden: Sie schauten sich jetzt an. Sie hielten sich aneinander fest und Kaheena klemmte zwischen ihnen.
    Das Moped machte einen Satz nach vorn und schoss durch die pfotenartigen Blüten der Kaktusfeigen. Es drehte sich noch einmal dampfend in der Strömung und war dann im nächsten Moment verschwunden. Benny zog Omars Kopf fest an sich. Kaheenas Gesicht stieß gegen seine Brust.
    Los, Dad, dachte Benny. Komm schnell.
    Nur die Matratzen auf seinem Rücken hielten ihre Köpfe über Wasser. Der Stoffbezug war gerissen. Die Schaumstofffüllung löste sich in ihre Bestandteile auf und trieb davon.
    Dann wurden sie von etwas getroffen! Es schlug gegen Bennys Rippen und drehte ihn im selben Augenblick herum. Er spürte, dass sich das gesplitterte Holz wie Nadeln in seine Haut bohrte. Die Tür drehte sich und Omar bekam die Ecke ins Gesicht. Instinktiv ließen sie los, weil die Hände zu ihren Wunden flogen. Benny schnappte nach Luft, schluckte aber nur schmutziges Wasser. Die Strömung drängte sie auseinander. Omars Nase blutete und bildete rosa Schlieren im Wasser hinter ihm. Er packte Benny am Hemdkragen.
    »Kaheena«, gurgelte er.
    Benny konnte nur blind tasten. Komm schon, Dad!
    Er schaffte es, kurz Atem zu holen. Das bisschen Sauerstoff, das er eingesogen hatte, gab ihm Kraft. Er legte suchend die Hände um Kaheenas Taille und verschränkte die Finger. Jetzt waren sie alle drei miteinander verbunden, eine menschliche Kette, und Benny hing an der Matratze, die sich in den Stacheln verfangen hatte. Aber ein schwaches Glied hatte die Kette: Die Knoten des Overalls, der Kaheena an Omar band, waren einer solchen Belastung nicht gewachsen.
    Der oberste löste sich! Die beiden Jungen sahen nicht einmal, was passiert war. Blut, Wasser und Schmutz umspülte sie, sodass sie blind waren und stumm. Omar flog nach hinten und seine Hand löste sich von Bennys Hemdkragen. Der irische Junge spürte, wie die Kette seiner Mutter an seinem Hals zerriss.
    »Komm, Dad«, schrie Benny. »Komm endlich!«
    Omar trieb wie eine Stoffpuppe im Wasser und die Strömung zerrte mit Macht an ihm. Sein Gesicht war rot von Blut »Omar!«, schrie Benny, aber er konnte sich nicht einmal selbst hören. »Omar! Halt durch!«
    Kaheena sträubte sich gegen seine Arme und er spürte ihre spitzen Knochen über seine Brust kratzen.
    »Dad! Dad!«
    Der Overall rutschte. Jetzt war er schon Omars Beine hinuntergeglitten und wurde nur noch von den gebeugten Knien gehalten.
    Omar kämpfte. Er schlug auf das Wasser ein wie auf einen Gegner. Benny wollte nach ihm greifen, aber dazu hätte er Kaheena loslassen müssen. Vielleicht konnte er sie nur mit einer Hand festhalten. Nur eine Sekunde. Nur ein kurzer Griff.
    Omar las seine Gedanken.
    »La, Sahbee!« , bellte er. » Mafi Hilfe! Kaheena eins eins null.«
    »Omar! Bitte.«
    Irgendwie trafen sich in dem ganzen Chaos ihre Augen.
    »Binny Bee Gee«, sagte Omar und versuchte sein blödes Grinsen.
    Das Wasser pulsierte und Omar war weg. Einfach aus dem Overall gerissen. Benny schrie und legte Arme und Beine um Kaheena. Es hatte keine ausgedehnte Abschiedsszene gegeben wie im Film. Keine einsame Hand, die über den Wogen winkte. Omar war einfach plötzlich nicht mehr da gewesen.
    Benny hörte, wie etwas riss. Die Matratzen rutschten noch ein Stück tiefer. Sie wurden nur noch von ein paar Fasern gehalten. Wenn die Bäume ihren stacheligen Griff lockerten, würde der durchnässte Schaumstoff sie in die Tiefe ziehen wie ein Stein.
    Wieder riss der Stoff ein Stück weiter. Das Wasser zerrte mit gierigen Fingern an ihren Beinen. Benny spürte, wie der Bindfaden, mit dem die Matratzen verschnürt waren, in seine Achseln einschnitt. Kaheena hing in seinen Armen wie ein Sack Kohlen.
    »Dad! Komm! Es tut mir Leid.«
    Und dann kam Dad. Starke Hände ergriffen Benny und zogen ihn durch die Büsche heraus. Er sah, wie sich sein Blut sofort im Wasser auflöste und weggespült wurde. Die zerschundenen Beine fühlten sich nicht an wie seine eigenen. Oder
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