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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar
Autoren: Eoin Colfer
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brauchte nur zehn Minuten, um die Überreste von Omars Hütte auszubeinen. Dann fiel ihm noch ein, dass er auch den Truthahn mitnehmen könnte. Er verpasste ihm einen Schlag mit der Bürste und warf ihn obenauf auf seinen Karren. Benny würde dieser Truthahn fehlen. Aber er würde immer ein Stück seines Bruder in sich tragen.
    Grace stieß gegen seinen Knöchel. »Hier, ich hab was für dich.«
    »Was? Für mich! Das darf nicht wahr sein!«
    Grace war verlegen. Sie warf ihre Haare kopfüber nach vorn, um zu verbergen, dass sie dunkelrot angelaufen war. »Eine Art vorzeitiges Weihnachtsgeschenk. Hier … schau.«
    Sie reichte ihm eine kleine pinkfarbene Schachtel mit goldenen arabischen Buchstaben. Darin lag ein merkwürdiger silberner Anhänger.
    »Oh … ein … äh …« Was zum Teufel war das?
    »Ein halbes Herz.«
    »Ach ja. Sieh an.« In den Anhänger waren Buchstaben eingraviert. STE … und darunter NDE.
    »Äh … Stende? St. Ende? Sankt Ende? Ist das etwa der Heilige der Hurlingspieler?«
    »Nein, du Idiot. Es ist die zweite Hälfte von BESTE FREUNDE.« Unter ihrem T-Shirt zog sie die passende zweite Hälfte hervor. »Ich habe den anderen Teil, schau.«
    »Ja, klaro.« Benny fuhr mit dem Daumen über die Buchstaben. Das war zweifellos das doofste Ding, das er je gesehen hatte. Wenn das die Jungs zu Hause erführen, würden sie vor Lachen in die Hosen machen.
    Grace spähte unter ihren Ponyfransen hervor und wartete auf eine Reaktion.
    »Vielen Dank.«
    »Gerne.«
    Aber das reichte nicht. »Vielen Dank« war eher ein neutrales Wort. So antwortete man einem Lehrer, wenn er die Hausaufgaben zurückgab.
    Was sagte man also, wenn man von einem Mädchen ein Geschenk bekam? Es war anders, als wenn man von Ma oder Dad etwas bekam. Sie erwarteten, dass man sich beschwerte. Grace hoffte wahrscheinlich auf etwas wirklich Nettes. Sollte er ihr einfach die Wahrheit sagen? Sagen, dass dies das doofste Ding war, das ihm jemals unter die Augen gekommen war?
    Das schottische Mädchen strich sich eine blonde Strähne hinters Ohr.
    »Das ist toll«, sagte Benny und zog sich die Kette über den Kopf. »Das schönste Geschenk, das ich je bekommen habe. Wenn ich sterbe, müssen sie es gewaltsam von meiner Brust entfernen.« Er hielt inne. »Danke, Kumpel.«
    Grace kicherte. »Bernard«, sagte sie und ahmte wieder seine Mutter nach. »Du kannst dich so gut ausdrücken. Vielleicht erlaube ich dir, dich in meiner Beliebtheit zu sonnen.«
    »Danke, Euer Majestät.«
    Grace ließ ihm das Mäuschen in den Arm fahren. Und sie traf genau den Nerv. Benny lächelte. Es tat gut, nett zu sein, einfach um nett zu sein.
     
    Familientreffen. Aber jetzt war es anders. Benny mochte Georgie seit der Überschwemmung irgendwie immer noch. Selbstverständlich nutzte sich das Gefühl ein wenig ab. Aber das war nur natürlich.
    »Bernard, George. Wir haben Neuigkeiten.«
    Na also. »Nicht noch mal ein Umzug, Mam?«
    Jessica lachte, als sei das ein absurder Gedanke. »Nein, nein, Bernard. So was nicht. Es sind gute Neuigkeiten – ehrlich. Es geht um Kaheena.«
    Benny spürte, dass sein Herz fast durch seine Rippen sprang. Jede Vene seines Körpers pulsierte mit. Alle sahen ihn an, um zu sehen, wie er reagierte. In letzter Zeit kam das oft vor. Als ob er durch den Verlust Omars außer sich geraten sei. Sie taten es jedoch heimlich. Er drehte sich dann unerwartet um und erwischte alle dabei, dass sie ihn angestrengt nicht anschauten. »Ihr habt euch anders entschieden?«
    Pat schüttelte den Kopf. »Nein, mein Sohn. Es geht einfach nicht. Die Rechtsabteilung möchte nicht, dass EuroGas-Angestellte hier unten in irgendwelche rechtlichen Geschichten verwickelt werden.«
    »Ja, aber …«
    »Das steht in meinem Vertrag, Benny. Sie könnten mir kündigen. Und dann hätte ich weder einen Job noch Kaheena.«
    Benny wusste, dass sein Dad Recht hatte. Aber er hatte es Omar versprochen. Er hatte es versprochen.
    »Das ist sowieso alles nur noch Theorie.«
    »Wie meinst du das, Dad?«
    »Nun, die Kleine ist schon adoptiert.«
    Benny sprang auf die Füße. »Was? Du nimmst mich auf den Arm?«
    »Nein, Junge. Das tue ich nicht.«
    »Du hast gesagt, der Papierkram dauert mindestens zwei Monate.«
    »Ich würde sagen, da sind Schmiergelder geflossen. Du weißt doch, wie es hier läuft. Ein bisschen baksheesh bringt einen weit.«
    Benny konnte es nicht fassen. Sein ganzer Einsatz, seine Eltern zu überreden, war umsonst gewesen. Er hatte gedacht, dass Kaheena nicht
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