Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar
Autoren: Eoin Colfer
Vom Netzwerk:
nach irgendeinem alten Knacker, der Theaterstücke schrieb. Und sie rief ihn auch immer Bernard, außer wenn sie vor Ärger vergaß, förmlich zu sein. Dann hieß es ›Benny‹, in einem Ton, der Quecksilber gefrieren ließ.
    Der Wagen stand vor der Garage. Dad war schon zu Hause. Zeit für ein tägliches Ritual. Benny schwang sich auf die Mauer und landete elegant in den Mulden, die seine Füße im Laufe der Zeit hinterlassen hatten. Zwischen der Garage und der Mauer gab es einen Nebeneingang, grün lackiert mit Rissen und abblätternder Farbe genau in der Mitte. Benny warf. Der Sliotar knallte in sein Ziel und noch mehr Farbe blätterte ab. Aber der Riegel hielt. Dieser hier machte es länger als die anderen. Vielleicht hatte Dad ihn verstärkt, um ihn zu ärgern. Da war wohl ein mitternächtlicher Ausflug mit dem Schraubenzieher angesagt.
    Pat Shaw trat auf die Veranda. Er warf Benny einen strafenden Blick zu, weil er gegen die Tür gebollert hatte, aber er konnte sich nicht beherrschen.
    »Na?« Er sah aus, als warte er auf die Ergebnisse einer medizinischen Laboruntersuchung.
    Benny ließ seine Medaille am Band baumeln.
    »Gut gemacht«, sagte Dad und lächelte erleichtert. »Komm her und zeig mir das Gold.«
    Die beiden Shaws gingen verlegen grinsend auf einander zu. Pat versuchte eine Umarmung und legte den Arm um seinen Sohn. Das Ergebnis war zwar eher ein Schwitzkasten, aber Benny verstand ihn schon.
    »Wie habt ihr gespielt?«
    Benny rechnete. »Zwei Tore, vier Punkte.«
    »Und wie hätte es ausgehen können?«
    »Zwei – elf.«
    Pat nickte. »Und was war mit den anderen sieben?«
    Benny lachte krächzend. »Und warum bist du schon zu Hause?«
    Sein Vater wurde auf einmal ernst. »Also Bernard … das heißt Benny … wir müssen miteinander reden. Es ist wichtig.«
    Eine Stimme schwebte durch die Diele. »Patrick? Ist das unser Großer?«
    »Komm wir zeigen die Medaille deiner Mutter«, sagte Pat Shaw und legte seine große Hand liebevoll auf den Kopf seines Sohnes.
    Jessica Shaw trug gerne Masken. Zwei silberne an einem Anhänger, ein weiteres Paar an handbemalten Keramikohrringen und eine goldene Brosche mit vier winzigen kubischen Augen aus Zirkon. Sie sammelte sie. Der fröhliche und der finstere Junge waren für sie das Yin und das Yan der dramatischen Künste. Benny hatte einmal den Fehler gemacht, sie danach zu fragen. Jessica hatte ihm einen viertelstündigen Vortrag über Fallstaff und Ophelia gehalten. Der Vortrag erwies sich als pädagogisch sehr wertvoll: Benny stellte nie wieder eine Frage über das Theater.
    Benny folgte seinem Vater in die Küche und warf auf dem Weg dorthin seine Sachen in das schwarze Loch unter der Treppe. Seine Mutter saß mit einer Tasse dampfenden Kaffees vor sich am Tisch. Auf den handgetöpferten Kaffeebechern prangten natürlich auch Masken. Jessica war wenigstens leicht zu beschenken. George, der kleine Schleimer, brachte das Motiv in jeder seiner freitäglichen Kunststunden unter. Sie hatten ein ganzes Regal voll mit seinen Kreationen. Alles, vom Lutscherstab bis zum Salzteig ließ sich zu Jessicas Lieblingssymbol formen.
    »Ihr habt eurer kleines Spiel gewonnen?«, flötete seine Mutter mit honigsüßer Begeisterung. »Das ist aber schön, Liebling.«
    »Es war das Finale der Landesmeisterschaften, Mam.«
    »So eine hübsche Medaille! Da hast du auch was zur Erinnerung.«
    Pat Shaw senkte den Blick.
    Benny entging das nicht. Was meinte sie damit, zur Erinnerung?
    »Was ist los, Dad?«
    Sein Vater legte beide Hände auf Jessicas Schulter. Eine geschlossene Front präsentierte sich Benny.
    »Wir wollen warten, bis dein Bruder kommt.«
    Benny machte sich langsam Sorgen. Sie gehörten normalerweise nicht zu den Familien, die Familienkonferenzen abhielten. Ein schrecklicher Gedanke kam ihm:
    »Ist mit Granddad alles in Ordnung?«
    »Was? Natürlich … Nein, nein Benny – Bernard – es ist nichts in dieser Richtung.«
    »Um was geht es dann?«
    »Hab noch ein bisschen Geduld, mein Schatz. Hier kommt Georgie schon.«
    George schlenderte ins Zimmer. Er war natürlich wie aus dem Ei gepellt: ausgebeulte beige Kordhose und ein weißes Poloshirt.
    Bennys T-Shirts stammten allesamt aus dem Supermarkt. Manchmal fand er es schwierig, die Kleider seines Bruders zu verachten und ihn zugleich um sie zu beneiden. Das war wirklich anstrengend.
    »Fertig, ihr Lieben?«
    George lächelte. Benny blinzelte argwöhnisch.
    »Euer Vater hat wunderbare Neuigkeiten für euch. Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher