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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar
Autoren: Eoin Colfer
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nicht«, sagte er.
    »Was?«
    »Natürlich habe ich Hühnerflügel. Beleed! Das hier ist ein Geflügelstand!«
    »Dann geben Sie mir ein halbes Kilo«, schmollte Abdel.
    Er zog sein Walkie-Talkie wie ein Cowboy seinen Colt. Das hatte Stil. Niemand konnte seinen Status in Zweifel ziehen, wenn er in so ein Ding sprach. Diese Kinder vor dem Bäckerstand da drüben, zum Beispiel. Hoffentlich kamen sie zu ihm herüber. Dann konnte er seine Codes loslassen. Wenn sie ein paar Mal ›Bravo One‹ und ›Tango Seven‹ gehört hätten, würden sie den ganzen Weg zurück zu der Bruchbude, aus der sie wahrscheinlich gekrochen waren, aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.
    Abdel stutzte. Zwei Jungen und ein verkrüppeltes Mädchen. In seinem Kopf flackerte ein kleines Licht auf. Zwei Jungen und ein verkrüppeltes Mädchen. Da war doch was gewesen. Irgendwas mit …
    Walahi! Abdel erinnerte sich! Ein irischer Junge, Binny Irgendwas. Mohameds Lieblingsfeind. Abdel fummelte an der Tastatur seines Funksprechgeräts herum. Dafür würde er bestimmt zur Squashhalle abkommandiert. Das Walkie-Talkie erwachte in einem Ausbruch atmosphärischer Störungen zum Leben.
    »Uskut!« , zischte Abdel und schlüpfte hinter eine Säule. »Bravo One?«
    Rauschen … Knacken …
    »Bravo One? Hier ist Abdel.«
    Rauschen … Knacken … »Hier Bravo One.«
    Abdel frohlockte still. Gut. » Ya , Husni …«
    »Hier Bravo One.«
    »Husni. Ich bin’s, Abdel.«
    »Hier Bravo One. Bitte identifizieren Sie sich.«
    »Husni …« Abdel kochte. Sein Bruder Husni übertrieb es ein wenig mit dem Protokoll.
    »Bravo One. Hier Tango Seven. Over.«
    »Empfange Sie, Tango Seven. Was haben Sie für Probleme?«
    »Ich habe aktuell keine Probleme …«
    »Keine Probleme! Diese Frequenz ist für Notfälle freizuhalten!«
    »Es ist ein Notfall!«
    »Aber Sie sagten ausdrücklich –«
    »Husni. Ich gebe dir einen gewaltigen Tritt in den Hintern, wenn ich heimkomme.«
    »Drohungen gegen mich ändern die Vorschriften nicht.«
    »Und Mohamed Gama auch.«
    »Ich glaube nicht …« Husni hielt inne. »Gama?«
    »Ja!«, schrie Abdel triumphierend. »Ich habe den Jungen. Den irischen Jungen. Er ist hier, direkt vor mir.«
    »Warten Sie einen Augenblick, Tango … Abdel.«
    »Al-hamdu li’llah« , keuchte Abdel.
    Als der Geflügelverkäufer zurückkehrte, war sein Kunde verschwunden. Er erspähte den jungen Mann, wie er immer wieder hinter einer Säule verschwand und wieder hervorkam. Der war zweifellos verrückt. In Sfax gab es viele verrückte Menschen. Die Sonne und die Phosphatrückstände bleichten ihr Gehirn aus. Der Geflügelverkäufer seufzte. Er würde zurückkommen. Alle kamen zurück. Jeder aß Hühnchen.
     
    Das Telefon klingelte. Pat Shaw hatte den Hörer am Ohr, noch bevor das erste Klingeln zu Ende war. »Ja«, sagte er. »Ja. Okay. Ich bin schon unterwegs.«
    »Und?«, fragte Jessica flehentlich mit ganz verweintem Gesicht.
    »Sie sind gesehen worden. Auf dem Französischen Markt. Einer der Wachmänner hat sich an ihre Fersen gehängt.«
    »Oh, Gott sei Dank«, seufzte Jessica und zog George an sich. »Gott sei Dank.«
    Stuart Taft erhob sich von der Couch. »Ich fahre.«
    »Gut, Stuart. Gehen wir.«
    »Ich komme auch mit«, sagte Grace. Sie war bei den Shaws gewesen, seit Benny hinter der Mauer verschwunden war.
    »Ach ja«, sagte Pat, »soll ich Eintrittskarten verkaufen?«
    »Pat!«
    »Ich habe jetzt keine Zeit für so was, Jessie!«
    Aber Grace ließ nicht locker. So wie sie darauf bestanden hatte, nicht nach Hause zu gehen. »Ich komme mit«, wiederholte sie. »Benny mag mich.«
    »Also gut! Alle Mann in den Jeep.«
     
    Es fing wieder an zu regnen. Der Regen peitschte ihnen entgegen. Die Straße stand teilweise noch unter Wasser. Aber das schien Omar nicht zu stören. Er preschte vorwärts, als sei das schmutzige Wasser gar nicht da. Die Matratzen wogen inzwischen natürlich mindestens eine Tonne. Benny spürte, wie die Schnur in seine Schultern einschnitt. Jeden Augenblick konnten sie kopfüber in den Matsch fallen.
    Kaheena sah über die Schulter ihres Bruders. Ihre Nase lief. »Inny«, sagte sie.
    »Hör bloß auf!«
    »Inny«, wiederholte Kaheena.
    »Es heißt Binny! Ich meine Benny.« Großer Gott! Binny war schon schlimm genug. Und jetzt auch noch Inny!
    »Binny«, wiederholte Kaheena lächelnd.
    »Ja, fast«, seufzte Benny. Er nahm einen Zipfel von Omars Trainingsanzug und putzte dem Mädchen die Nase.
    Omar stieß ihn mit dem Ellbogen an.
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