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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar
Autoren: Eoin Colfer
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über sein Sofa gebreitet hatte. Er sah kaum von seiner Pfeife auf. Bei diesem Wetter würde er wahrscheinlich kein großes Geschäft machen. Er hatte also nichts dagegen, dass Omar wegfuhr.
    Es sprach für die automechanischen Fähigkeiten des kleinen Tunesiers, dass das ramponierte Moped überhaupt ansprang. Aber es sprang an und aus dem Auspuff spritzten zähflüssige Klumpen rußgeschwärzten Wassers.
    »Al-hamdu li’llah« , murmelte Benny, bevor Omar es sagen konnte.
    »Al-hamdu li’llah« , echote Kaheena. Ein weiterer kleiner Schritt auf ihrem Weg zurück ins Land der Lebenden.
    Sie stiegen auf und im gleichen Moment lief das von dem Schaumstoffsattel aufgesogene Wasser schmutzig an ihren Schenkeln hinunter. Kaheena streckte den Arm über Omars Schulter hinweg und griff mit neugierigen Fingern an Bennys Nase.
    »Hörst du wohl auf damit!«, sagte Benny grinsend.
    Er würde es niemals verraten, beschloss er. Er würde keinem Menschen sagen, wo sie waren. Kaheena ging es auf dem Beifahrersitz eines alten Mopeds deutlich besser als festgebunden auf einem Krankenhausbett. Gute Absichten hin oder her – die Ergebnisse sprachen für sich. Sie stieß ihm einen Finger in die Nase.
    »He! Ich meine es ernst. Hör auf damit!« Als ob ein Mädchen, das drei Jahre lang unter Drogen in einer geschlossenen Anstalt verbracht hatte, sich davon beeindrucken ließ, dass ein kleiner irischer Junge streng mit ihr war.
    So tuckerten sie zum Französischen Markt. Keiner der anderen Fahrer machte sich die Mühe aufzupassen und sie nicht nass zu spritzen.
    Vor ihnen am Straßenrand hingen zwei Polizisten der Garde Nationale auf ihren BMWs herum. Sie waren überhaupt die coolsten Typen in der Stadt. Sie trugen schwarze Uniformen mit glänzend schwarzen, kniehohen Stiefeln. Außerdem waren sie bewaffnet: Handwaffen hingen in Holstern an ihren Hüften und manchmal hatten sie sogar eine Art Maschinengewehr bei sich. Benny spürte, wie sich Omars Rückenmuskeln anspannten. Na klar! Es war mehr als wahrscheinlich, dass die Polizei inzwischen nach ihnen suchte. Bestimmt hatten sie auch so was wie ein Phantombild. Zwei Jungen und ein Mädchen gesucht im Zusammenhang mit einer ganzen Latte von Anklagen.
    Sie hätten keinen Gedanken darauf verschwenden müssen. Alle drei waren sie so mit Dreck überzogen, dass es aussah, als würde das Moped von Blob persönlich gelenkt. Die beiden Polizisten übernahmen sich ohnehin nicht. Eine Waise mehr in Sfax würde keineswegs ein empfindliches Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen. Außerdem müssten sie sich die Stiefel dreckig machen, wenn sie den Verkehr wirklich im Auge behalten wollten.
    Omar flitzte vorbei und missachtete dabei eine rote Ampel. Aber ein Moped, das an einer Ampel anhielt, würde nur Aufmerksamkeit erregen.
    Das ganze Vorhaben war wirklich ein bisschen dumm. Benny wusste eigentlich gar nicht, wohin sie fuhren, sonst hätte er vielleicht Beschwerde eingelegt. Aber wenn man bedenkt, dass er ein hungriger, frierender Ausreißer war, vielleicht auch nicht.
    Und wohin fuhren sie? Zum Französischen Markt. Und wo kauften die Bewohner von Marhaba ihre Frischwaren? Dreimal darf man raten. Heute war der Tag, an dem die Händler lächelnd ihre Auslagen säuberten und die Preise um dreihundert Prozent erhöhten. Es war also unvermeidlich, dass sie gesehen wurden. Sonnenklar. So viel zur angeborenen Verschlagenheit von Kindern.
    Omar parkte neben einer angepflockten Ziege und stolzierte auf den Markt, als ob er ihm gehörte. Was mit den zwanzig Dinaren, die Omar besaß, fast zutraf. Benny schlich hinter ihm her und versuchte, unverdächtig auszusehen. Allerdings war er so dreckbeschmiert, dass sogar seine Ma ihn nicht erkannt hätte, selbst wenn er sie geküsst hätte.
    Essen war das Gebot der Stunde. Omar schnallte sich Kaheena um und strebte auf einen Stand zu. Der Besitzer kannte Omar und schien nicht allzu begeistert, ihn zu sehen – bis der kleine Tunesier beiläufig eine Ecke des Zwanzig-Dinar-Scheins zwischen seinen Fingern hervorblitzen ließ. Dann waren sie natürlich die besten Freunde. Die beiden Jungen kauften frisches Baguette, cremigen weißen Käse, Orangensaft und eine große Tafel dunkle Schokolade. Und all das machte sie nur um zwei Dinare ärmer.
    Omar band Kaheena los und lehnte sie an eine Säule. Er brach ein Stück Schokolade ab und ließ sie daran lutschen. Dann kümmerten sich die beiden Jungen um sich selbst. Sie brachen das Brot in der Mitte auf und drückten
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