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Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Titel: Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
Autoren: Jennifer Blake
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harten Arbeit Kapital schlug.
    Obwohl sie natürlich viel lieber leben wollte, mit all dem Vergnügen und ja, auch all dem Schmerz, die das Leben mit sich brachte. Sie hatte es satt, so abgekapselt von anderen Menschen und ihren eigenen Bedürfnissen und Gefühlen zu leben. Was immer jetzt auch noch passieren mochte, eins hatte sie begriffen: Sie wollte nicht nur leben, sondern auch wirklich spüren, dass sie am Leben war.
    Doch vorher musste sie Muriel entkommen. Und dazu brauchte sie ein Boot und einen Plan.
    Die Idee kam ihr in den frühen Morgenstunden, nicht lange nachdem sie das Boot gehört hatte, mit dem Frank zurückkam. Es würde ein Opfer sein. Sie konnte schon allein den Gedanken daran kaum ertragen und spürte bereits jetzt, wie weh es tun würde. Aber es musste sein. Einen anderen Weg gab es nicht.
    Würde Muriel auf ihren Trick hereinfallen? April wusste es nicht. Sie würde abwarten müssen, was passierte.
    Am nächsten Morgen warf Muriel sie bereits bei Sonnenaufgang aus dem Bett. Sie war geladen, weil Frank ohne das Manuskript zurückkommen war. Er behauptete, das Boot sei weg gewesen, aber Muriel beschimpfte ihn, nur zu feige gewesen zu sein. April hingegen atmete auf, als sie die Neuigkeit hörte, weniger des Manuskripts als der Tatsache wegen, dass Luke sich offenbar in Sicherheit gebracht hatte. Muriel verweigerte ihr die Bitte, sich frisch machen zu dürfen, und zwang sie, das Frühstück zuzubereiten. Dann befahl sie ihr, sich an die Arbeit zu machen, und kündigte an, dass April nur etwas zu essen und zu trinken bekäme, wenn sie pro Stunde eine Seite schrieb.
    Der Tag kroch im Schneckentempo dahin, während April auf ihre Chance wartete. Sie saß mit gesenktem Kopf da, um sich ihre Wut nicht anmerken zu lassen. Aber sie arbeitete, sie schrieb, irgendetwas, Stunde um Stunde, Seite um Seite. Es war egal, was sie zu Papier brachte, weil Muriel, die die ersten beiden Seiten überflogen hatte, jetzt keine Anstalten mehr machte, irgendetwas zu lesen. Aber vielleicht gerade weil April sich nicht bewusst anstrengte und nicht versuchte, ihre Gedanken vor dem Niederschreiben wie üblich sorgfältig zu ordnen, flossen die Worte in einem stetigen Fluss aufs Papier. Das sollte sie sich eine Lehre sein lassen.
    Anfangs wurde sie jedes Mal abgelenkt, wenn sie draußen auf dem See ein Motorboot hörte. In der Hoffnung, es könnte Luke sein, hob sie den Kopf und lauschte, bis der Motor in der Ferne verklungen war. Bis sie merkte, dass Muriel sie aus zusammengekniffenen Augen anstarrte, wobei um ihre Mundwinkel ein kaltes Lächeln spielte. Danach ließ April sich ihr Interesse nicht mehr anmerken.
    Am Nachmittag war es so brütend heiß, dass sie in Schweiß gebadet und das Papier unter ihrer Hand und ihrem Handgelenk ganz nass war. Fliegen belästigten sie, Schmeißfliegen, die ihr um den Kopf summten und mit bazillenverseuchten Beinen über ihre Arme spazierten, ebenso wie blutrünstige Moskitos, die sich im Sturzflug auf ihren Beinen niederließen, um sich ihren Nachmittagsimbiss zu holen. Die Insekten kamen durch die verrosteten und zerrissenen Fliegengitter vor den Fenstern herein, die ebenso wie die Türen weit offen standen, um jeden Luftzug, der vom See hereinwehte, auszunützen. Aber es gab keinen, es gab nur gnadenlose brütende Hitze und die weiß glühenden Strahlen der Sonne.
    Endlich ging die Sonne unter. Als das Licht mit ihr verschwand, klappte April ihren Schreibblock mit den Seiten, die sie heute tagsüber geschrieben hatte, zu und legte ihn ordentlich auf die ausgedruckten Manuskriptseiten, die Muriel aus Mulberry Point gestohlen hatte. Sie stand von ihrem Stuhl auf und reckte sich ausgiebig.
    „Was soll das?“ fragte Muriel scharf von der Tür her, wo sie saß und sich mit ihrer Kappe Luft zufächelte.
    „Es ist zu dunkel, ich kann nichts mehr sehen. Ich dachte …“
    „Sie brauchen nicht zu denken, kapiert? Ich sage Ihnen schon, was Sie zu tun haben.“
    April biss die Zähne zusammen und schluckte die scharfe Erwiderung, die ihr auf der Zunge lag, hinunter. Sie war sich nicht sicher, wie lange sie Muriels Schikanen noch ertragen konnte, ohne zu explodieren. Obwohl sie deren Gehässigkeit vielleicht benutzen konnte, um schneller an ihr Ziel zu gelangen.
    April hob ihr Haar im Nacken hoch und stöhnte: „Puh, ist das eine Hitze, ich bekomme kaum noch Luft. Sie erwarten heute hoffentlich nicht von mir, dass ich etwas koche, weil ich mich nämlich weigere. Lieber sterbe ich, als diesen
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