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Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"

Titel: Benedict-Clan "Der Mitternachtsmann"
Autoren: Jennifer Blake
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herumrührte. „Aber es gibt keine Garantie dafür, dass es immer so bleibt.“
    „Was aber noch lange nicht heißt, dass Sie in meinem Fall diesmal irgendetwas anders machen würden, wenn Sie die Gelegenheit dazu hätten.“
    Das stimmte. Sie würde nicht lügen und behaupten, dass Muriels Buch gut sei, obwohl es schrecklich war. Sie konnte nicht ihren guten Namen, für den sie so hart gearbeitet hatte, benutzen, um ein Buch zu loben, das dieses Lob nicht verdiente. Weil Leute, die sich ihr Geld sauer verdienen mussten, dieses Buch dann kaufen und höchstwahrscheinlich enttäuscht sein würden. Außerdem kam noch hinzu, dass sie sehr genau wusste, dass man viel mehr brauchte als nur Glück und die Unterstützung eines Verlags, um an die Spitze zu kommen. Man brauchte Talent, das nötige Handwerkszeug, den Willen, viel und hart zu arbeiten, und die Fähigkeit, einen Gedanken, der einem in den Kopf kam, weiterzuentwickeln. Und etwas, das man nur als Herz beschreiben konnte: Man musste es fühlen, sonst funktionierte die Geschichte nicht.
    Muriel lachte freudlos auf, als April weiterhin schwieg. „Das dachte ich mir.“
    „Warum können Sie nicht etwas anderes machen?“ fragte April. „Warum müssen Sie unbedingt Liebesromane schreiben?“
    „Und das sagen ausgerechnet Sie?“ antwortete Muriel, abfällig den Kopf schüttelnd. „Warum können Sie denn nicht etwas anderes machen? Warum schreiben Sie?“
    „Weil ich die Geschichten mit mir herumtrage. Und wegen der Worte, die mir ständig wie eine Melodie durch den Kopf gehen. Ich schreibe, weil es mir Freude macht.“
    „Das ist es“, sagte die andere Frau mit einem Nicken. „Genau. Und Sie sind schuld, dass ich das jetzt nicht mehr kann. Womit wir wieder am Anfang wären.“
    So war es. April rührte den Eintopf um und sagte nichts mehr.
    Muriel war ein Profi. Sie legte ihr Gewehr rechts neben sich und ließ April nicht aus den Augen. Sie beobachtete sie, während sie aßen, blieb dicht neben ihr, als sie die Teller abwusch, und folgte ihr durch die Hintertür nach draußen, als sie beide die Außentoilette benutzten. Anschließend legte sie April eine Handschelle um und fesselte sie im hinteren Raum an den verrosteten Metallrahmen des Betts, dann legte sie sich auf die andere Seite der durchhängenden Matratze. Sie nickte ein, aber sie fuhr jedes Mal hoch, wenn April sich bewegte.
    April konnte nicht schlafen. Die Matratze war klumpig und roch vermodert, sie selbst brauchte ein Bad, einen Kamm, um ihre verfilzten Haare durchzukämmen, und etwas anderes zum Schlafen als die Kleider, die sie den ganzen Tag angehabt hatte. Die Handschelle behinderte ihre Blutzirkulation, so dass sich ihre Finger bald taub anfühlten. In der Hütte war es im Vergleich zum Pontonboot heiß und stickig, und das Blechdach über ihnen knackte, während die brütende Hitze des Tages daraus entwich.
    Nach einer Weile ging der Mond auf und schien durch das schmutzige Fenster. April schaute sich in dem Lichtschein um, sie sah die groben Bretterwände, an denen an Nägeln ausgewaschene Hemden und Jacken hingen, und auf die Hintertür, die zur Außentoilette führte. Sie ließ ihren Blick auf dem Gewehr verweilen, das Muriel neben sich in die Ecke gestellt hatte, und als sie ein Schauder überlief, schaute sie schnell wieder weg, aber es dauerte nicht lange, bis ihr Blick zurückkehrte.
    Neben dem Gewehr stand noch etwas anderes. Zuerst hielt April es für einen Mopp oder einen Besen, aber dann entschied sie, dass es sich um eine weitere Waffe handelte, wahrscheinlich um eine Jagdflinte. Es machte Sinn, weil die Hütte eine Jagdhütte war.
    Als es nichts Neues mehr zu entdecken gab, lag sie still da, während ihre Gedanken anfingen, sich endlos im Kreis zu drehen. Sie dachte immer wieder an Luke und fragte sich voller Angst, ob er wohl mit Frank auf dem Boot zusammengetroffen war, wobei sie inständig hoffte, dass er vor Franks Eintreffen schon weg war. Und dann würde Frank auch ihre Notizen nicht in die Finger bekommen. Alles, was sie in den letzten Tagen gesagt und getan hatte, spielte sich wieder und wieder in ihrem Kopf ab, zusammen mit dem, was sie vielleicht hätte sagen oder tun sollen. Sie dachte an ihre Arbeit und was diese für sie bedeutete, was sie weiterschreiben sollte, was Muriel letzten Endes erreichen wollte und tausend andere Dinge mehr.
    Irgendwann gegen Mitternacht war sie entschlossen, lieber zu sterben als zuzulassen, dass Muriel ihre Ideen stahl und aus ihrer
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