Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beiss noch einmal mit Gefuehl

Beiss noch einmal mit Gefuehl

Titel: Beiss noch einmal mit Gefuehl
Autoren: Tate Hallaway
Vom Netzwerk:
ahnungslos. Gut, ahnungslos auf eine breitschultrige Lonesome-Ranger-Art, aber er schien mir zu den Leuten zu gehören, denen schon bei der bloßen Erwähnung von wandelnden Leichen vor Schreck die Luft wegblieb.
    Ich überprüfte seine Aura ein weiteres Mal. Nun bemerkte ich am Rand einige nachtblaue Sprenkel, die für ein sehr gelassenes, bodenständiges Naturell sprachen. Auf ihn war Verlass, wenn man im Kampf Rückendeckung brauchte. Seine Chefs sahen in ihm bestimmt einen äußerst loyalen, zuverlässigen Mitarbeiter. Er war kein versponnener Fox Mulder. Er war ein Scully-Typ, durch und durch.
    Du liebe Zeit, vielleicht wusste er nicht einmal von seinen übersinnlichen Kräften. Möglicherweise dachte er, er hätte einfach nur eine scharfe Beobachtungsgabe oder ein gutes
Einfühlungsvermögen. Wenn er jedoch meine Gedanken lesen konnte, dann wusste er jetzt Bescheid. Ich sah ihn an und dachte ganz konzentriert: Der Zombie ist die Straße hochgelaufen!
    Dominguez taxierte mich stirnrunzelnd und kniff die Lippen zusammen. Er schien allmählich die Geduld zu verlieren. Seine Miene verriet mir jedoch, dass er nicht einfach nur verärgert war, weil ich in seinen Kopf hineingebrüllt hatte; er wirkte eher verzweifelt. Diesen Gesichtsausdruck kannte ich von Leuten, denen ich den Unterschied zwischen Stundenastrologie und humanistischer Astrologie zu erklären versuchte, obwohl sie mich lediglich nach ihrem Sternzeichen gefragt hatten.
    Mir drängte sich der Verdacht auf, dass der gute Special Agent Dominguez eine innere Blockade hatte. Irgendein traumatisches Erlebnis hatte ihn dazu gebracht, seine Fähigkeiten komplett zu ignorieren. Ich konnte ihm Gedanken übermitteln, solange ich wollte; er hörte mich gar nicht.
    Also beschloss ich, noch einen Test zu machen. Ich stellte mir vor, wie ich mich über die Theke beugte und ihm einen langen, leidenschaftlichen Kuss auf den Mund gab. Dann fuhr ich ihm in meiner Vorstellung mit den Fingern durch das kurz geschnittene, schwarze Haar und spürte die stachligen Stoppeln in seinem Nacken.
    Er kratzte sich verlegen hinter dem Ohr. „Äh, es geht nicht nur um einen Jungen“. Es sind mehrere“, erklärte er und sah mir in die Augen, aber nur ganz kurz. „Ich untersuche den Mord an sechs Priestern.“
    Weil ich mich so darüber freute, dass ich endlich eine Reaktion von ihm bekommen hatte, dauerte es einen Moment, bis seine Worte richtig zu mir durchdrangen. Doch sie ergaben überhaupt keinen Sinn. „Zombie-Priester? Der Junge war nie und nimmer ein Priester! Er hat höchstens das Priesterseminar besucht, falls es da auch Hockeykurse gibt, doch er war auf keinen Fall alt genug, um Priester zu sein.“
    Special Agent Dominguez sah mich an, als wäre ich komplett verrückt geworden. Um seine Mundwinkel spielte ein kleines Lächeln, wodurch seine Grimmiger-Cop-Fassade einen Sprung bekam. „Haben Sie gerade ,Zombie“ gesagt?“
    Ich hatte es nicht gewollt, aber ich hatte gewusst, dass so etwas passieren würde. Entweder stockte den Leuten der Atem, oder sie lachten über mich, wenn ich von der Farbe ihrer Aura sprach oder ihnen erklärte, dass sie sich vielleicht ein wenig unwohl fühlten, weil der Merkur gerade retrograd war.
    Ich konnte froh sein, dass Dominguez mich allem Anschein nach in die Kategorie „amüsant“ gesteckt hatte. Diese Einschätzung ging wenigstens in die Richtung „seltsam, aber anziehend“ oder „süß, wenn auch ein wenig sonderbar“. Die Leute, die nach Luft schnappten oder vor Lachen prusteten, sodass ihnen ihr Getränk aus der Nase sprudelte, sprachen mir in der Regel keinen Unterhaltungswert zu. Oftmals fühlten sie sich verpflichtet, mein Weltbild zu „korrigieren“, indem sie mir ihres aufdrängten. Für solche Diskussionen fehlte mir jedoch die Geduld. Abgesehen davon war ich, da ich mir meinen Körper mit der Göttin Lilith teilte, ziemlich überzeugt davon, dass ich recht hatte. Ich wusste, dass es Magie gab. Wie viele andere Menschen hatten schon einen so handfesten Beweis für die Wahrhaftigkeit ihrer Überzeugung? Wenn ich rief, dann kam eine Göttin.
    Dennoch, ich legte Wert darauf, dass Leute wie Special Agent Dominguez mich nicht für plemplem hielten. Ich weiß auch nicht; vielleicht liegt es an dem versteckten Schulterholster und dem ganzen Zauber, aber ich wünschte, ein Cop würde mich nur ein Mal ernst nehmen. Konnte er nicht einfach fragen: „In welche Richtung, sagten Sie, ist der Zombie gelaufen, Madam?“, statt mich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher