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Bei Anruf - Angst

Bei Anruf - Angst

Titel: Bei Anruf - Angst
Autoren: Stefan Wolf
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der Hand zu weisen. Eine gewisse Prozentzahl an Wahrscheinlichkeit
sprach dafür.
    „Es ist möglich“, hatte er
seinen Freunden erörtert, „dass Dietmar Lerchenalt und Adolf Tagner dieses
Wahnsinns-Verbrechen an den drei rezeptkundigen Mönchen nicht auf blauen Dunst
hinaus geplant haben. Sondern abgesichert. Damit meine ich: Sie wussten genau,
wem sie das Rezept verkaufen würden. Nämlich einem dubiosen, einem verdächtigen
Spirituosen-Hersteller. Vielleicht haben sie sogar in seinem Auftrag gehandelt
und dieser Mensch hat ihnen die Unkosten vorgestreckt. Zum Beispiel die Anreise
nach Tirol und das Logis im Gasthaus Felsenblick, gelegen in St. Amarusetta.
Dort hat Lerchenalt zwei Nächte gewohnt, wie wir jetzt wissen, und Tagner von
gestern auf heute.“
    „So weit, so gut“, hatte Karl
eingewandt, „aber glaubst du im Ernst, dass uns der komplizenhafte
Schnapsbrenner — falls es ihn gibt — mit einem handgeschriebenen Geständnis
empfängt. Selbst wenn wir feststellen können, dass Lerchenalt und Tagner diesen
Typ kennen — es beweist nichts.“
    „Meine Phantasie“, meinte Tim, „ist
schon drei Schritte weiter, nämlich dort: Wenn der Schnapsbrenner der Auftraggeber
oder garantierte Abkäufer ist, macht ihn das zum Komplizen. Zu dem großen
Unbekannten im Hintergrund, auf den vor Gericht die Hauptlast der Strafe fällt.
Richtig?“ Alle stimmten zu.
    „Als Komplize“, fuhr Tim fort, „könnte
er aber noch in anderer Weise mittäterig sein. Indem er zum Beispiel hilft,
wenn bei den Schleusern der Boden unter den Hufen lodert.“
    „Du meinst“, rief Gaby, „er hat
Ivoritzki geholfen — hat Olivia aufgenommen und bei sich versteckt.“
    „Genau darauf will ich hinaus.“
    „Interessante Idee“, meinte
Klößchen. „Damit können wir die großen Spirituosen-Firmen endgültig vergessen.
Nur ein Waschküchen-Betrieb kommt in Frage.“
    Tim hatte zwei auf seinem
Notizzettel: Hardlaib-Spirituosen und Specht-Spirituosen.
    Die ungemütliche Fahrt nach
Hinterflecken war zwar in Tims Vorstellung schon so gut wie beschlossen. Um
aber nichts außer Acht zu lassen, hatte man auch bei ,Hardlaib’ nachgeforscht.

    Karl übernahm das, kannte
nämlich einen Kollegen seines Vaters — einen Professor für Meeresbiologie der
sich als Freizeit-Hobby der Schnapsologie verschrieben hatte, wie er es nannte.
Nicht etwa, dass der Lehrstuhl-Inhaber alkoholisch gefährdet war oder gar
trunksüchtig — nein, er verfasste lediglich Bücher über die Schnäpse der Welt,
über Herstellung, Geschichte, Besonderheit, Tradition und natürlich die
Wirkung.
    Dieser Schnaps-Kenner — Professor
Sehfärd-Ebbe — kannte auch tatsächlich die hiesigen Spirituosen-Hersteller und
konnte, was Hardlaib betraf, gleich abwinken. Denn diese Firma war schon im
Herbst vorigen Jahres Pleite gegangen, hatte sich aufgelöst und war im neuen
Telefonbuch nicht mehr aufgeführt.
    Tim hatte bei seinen
Nachforschungen am frühen Morgen das alte benutzt, das vorjährige — was ihm gar
nicht aufgefallen war.
    An dieser Stelle des Telefonats
hatte Gaby einen Gedankenblitz — und hatte Karl zugewispert: „Frag ihn wegen
Specht-Spirituosen! Wie da der Leumund ist!“
    Das war ein Schuss ins Schwarze,
ein Volltreffer. Denn Sehfärd-Ebbe hatte geradezu verschwörerisch die Stimme
gesenkt und bedachtsam gesprochen.
    „Was ich dir mitteile, Karl,
ist vertraulich — nicht zum weiterverwenden. Denn ich will keinen Ärger
kriegen. Aber bei meinen Besuchen in den Brennereien und den Nachforschungen
habe ich zwangsläufig Einblick bekommen. Der Inhaber von Specht-Spirituosen
heißt Dr. Heribert Specht. Ein unangenehmer, aalglatter Geschäftemacher-Typ.
Seine Produkte sind ziemlich minderwertig. Ich kann sie nicht empfehlen — auch
nicht in kleinsten Mengen, was ja für Schnaps ganz allgemein gilt. Specht
verwendet schadstoffhaltige Ausgangsprodukte und hatte auch schon mehrfach
behördlichen Ärger wegen Verunreinigung. Außerdem ist er vorbestraft.“
    „Vorbestraft?“, rief Karl.
    „Ja. Aber das hat nichts mit
seinen Schnäpsen zu tun.“
    „Sondern?“
    „Er hat illegale Arbeiter
beschäftigt.“
    „Illegale?“
    „Hast du doch sicherlich schon
gehört: Ausländer. Die für Hungerlöhne ran müssen und nicht mal versichert
sind. Keine Krankenversicherung, keine Sozialversicherung. Und Steuern hat er
für die natürlich auch nicht bezahlt.“
    „Das kann man doch nur mit
Menschen machen“, hatte Karl vorsichtig formuliert, „die es bitter
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