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Bei Anruf - Angst

Bei Anruf - Angst

Titel: Bei Anruf - Angst
Autoren: Stefan Wolf
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ähnlich. Und Unglück bringt weder der eine
noch die andere. Bist du etwa abergläubisch?“
    „Ich bin noch nicht munter. Und
vor allem nervös. Außerdem weiß ich aus Erfahrung: Zumindest für mich trifft es
zu — das mit dem Unglück. Wenn mir vor ‘ner wichtigen Sache so ein Vogel
begegnet ist, ging was schief.“
    „Blödsinn!“
    „Ich könnte dir zig Fälle erzählen.“
    „Dann liegt es daran, weil du
dich selbst in Angst versetzt. Du programmierst dich innerlich auf ‘nen Fehler
— nur weil du eine Krähe siehst. Und dann geht’s natürlich schief.“
    Adolf antwortete nicht und
rauchte schon die vierte Zigarette.
    Um 7.03 Uhr erreichten sie die
Stelle unterhalb der Haarnadelkurve — den idealen Tatort für einen Hinterhalt,
wie Dietmar meinte.
    Sie parkten bergseitig. Hier
war der Hang nicht sonderlich steil, führte — gut begehbar — um einen
kegelförmigen Berg herum und bot Weg zu einer verfallenen Berghütte, die
Dietmar benutzen wollte: für die scharfen Verhöre. Es gab dort ein aus
Natursteinen gemauertes Kellergeschoss mit mehreren Räumen. Die Mönche konnten
getrennt befragt werden — ohne dass die Angaben hinaus drangen, bzw. nach
nebenan.
    Hinter der Leitplanke öffnete
sich der Abgrund. Nur noch ein halber Meter Boden, Felskante — dann ging es
senkrecht in die schaurige Tiefe.
    Der Morgen war heller geworden,
aber das Tageslicht reichte nicht bis dort hinunter.
    Fröstelnd trat Adolf von der
Leitplanke zurück.
    „Ich glaube, ich bin nicht
schwindelfrei.“
    „Adolf, weshalb nehme ich dich
eigentlich mit?“
    „Du brauchst einen Schläger. Im
Überwältigen bin ich gut. Wir werden also alle drei Wagen runterstürzen?“
    „Darauf freue ich mich. Wir
haben noch Zeit. Wir lösen ein paar Schrauben an der Leitplanke. Dann geht’s
leichter. Hol mal den Werkzeugkasten! Er steht unter dem Beifahrersitz. Ein
flacher Metallkasten mit dem nötigsten Werkzeug.“
    Dietmar kniete bei der
Leitplanke und besah sich die Konstruktion. Altes Gelump. Wie fadenscheinig.
Alles war rostig. Dieses Geländer würde keinen Wagen aufhalten, wenn er dagegen
prallte. Aber hier würde nichts prallen, höchstens anstoßen — berühren. Denn
hier fuhr man langsam.
    Während er die Schrauben überprüfte,
hatte Adolf Tagner die Fahrertür geöffnet. Der Wagen parkte mit der Vorderseite
zum Hang, mit dem Heck zur Straße, stand abschüssig und ziemlich schräg — aber
die Handbremse war angezogen und der erste Gang eingelegt.
    Adolf rauchte noch immer, kletterte
auf den Fahrersitz und beugte sich weit nach rechts, landete fast bäuchlings
auf der Handbremse und stieß mit der linken Schulter gegen den Schaltknüppel.
Dabei passierten gleich zwei Fehler, die sich zur Katastrophe addierten: Der
eingelegte Vorwärtsgang wurde herausgenommen, das Getriebe auf Leerlauf
geschaltet. Gleichzeitig drückte Adolf mit seinem Gewicht den Hebel der
Handbremse hinunter — nicht ganz, aber fast.
    Beinahe hätte die Glut der
Zigarette ein Loch in den Sitz gebrannt. Fluchend zog Adolf den Werkzeugkasten
mit der linken Hand hervor, fand den Tragegriff und robbte zurück, wobei er den
Kasten über die Mittelkonsole hievte.
    Adolf stieg aus, schob sich die
Zigarette zwischen die Lippen und schloss die Fahrertür. Verpennt und nervös
wie er war, hatte er nichts gemerkt von seinem Murks.
    Über dem Abgrund zog die Dohle
einen weiten Kreis, krächzte dabei und schien nicht zu wissen, wohin.
    Adolf trug den Werkzeugkasten
zu seinem Komplizen und kniete sich neben ihn, was den Blickwinkel in den
Abgrund etwas abflachte und damit erträglicher machte.
    Beide wandten dem Wagen den
Rücken zu. Nur die schmale Straße lag zwischen ihnen und dem Fahrzeug. In
dieser Sekunde setzte sich der Landrover langsam in Bewegung, begann lautlos zu
rollen und zielte mit seinem breiten. Heck genau auf die beiden.

19. Frühaufsteher denken weiter
     
    Klößchen schnarchte. Karl
murmelte im Schlaf etwas Unverständliches — es klang wissenschaftlich — und
wälzte sich auf die andere Seite. Tim griff nach seiner Armbanduhr und stellte
fest: 7.21 Uhr.
    Für einen Samstag ist das früh,
zumal nach einer langen und ereignisreichen Nacht. Aber Tims biologische
Zeituhr — die innere — ist nun mal gepolt auf Frühaufsteher, weshalb jetzt an
ein Weiterschnarchen nicht zu denken war. Zumal dem TKKG-Häuptling seine
Suchidee durch den Kopf spukte.
    Er schlug die Decke zurück,
schwang die Beine von der Bettcouch, eilte ins Bad — leise
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