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Bei Anruf - Angst

Bei Anruf - Angst

Titel: Bei Anruf - Angst
Autoren: Stefan Wolf
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nötig haben,
die sich widerrechtlich bei uns aufhalten, die mit Ausweisung, mit Abschiebung
rechnen müssen — die vermutlich von Schleusern hereingeschmuggelt wurden.“
    „Genau so ist es, Karl.
Gewissenlose Arbeitgeber nutzen diese Notlage aus.“
    „Vielen Dank für die Auskunft,
Herr Professor. Das war sehr interessant. Schönen Tag noch!“
    Karl hatte aufgelegt. Klößchen
machte Anstalten, ihn zu umarmen, denn die Auskunft war Geld wert.
    Auch Tim war völlig aus dem
Häuschen, umarmte aber lieber Gaby, was auch Sinn machte und nicht nur der
Liebe wegen geschah — denn immerhin hatte Tims Freundin die Eingebung gehabt,
nach Spechts Leumund zu fragen.
    Tim fasste zusammen: „Es passt,
Amigos. Specht könnte der sein, den wir suchen. Und wenn er’s ist, dann ist Ivoritzki
dort untergetaucht — weil er nicht mehr in seine Wohnung kann, wovor ihn Havliczek
mit dem Code-Wort gewarnt hat. Und Olivia ist sicherlich auch dort. Also auf
nach Hinterflecken!“
    Das war vorhin gewesen. Jetzt
erreichten sie das Dorf.

23. Fluchtversuch in Hinterflecken
     
    Olivia zitterte vor Angst.
Keinen Bissen von ihrem Frühstück hatte sie zu sich genommen. Kuno Ivoritzkis
Gerede löste Panik in ihr aus. Der Gedanke, mit ihm, ihrem Bruder und den
anderen unterzutauchen, sich abzusetzen ins Ausland, ständig auf der Flucht zu
sein — der Gedanke war ihr unerträglich. Sie war doch nicht mitschuldig. An gar
nichts. Aber sobald sie floh, würde sie eine von denen sein — jedenfalls musste
die Polizei das denken.
    Sie sah sich schon abgebildet
auf Fahndungsplakaten — wie eine Terroristin. Ihr wurde übel.
    Nein! Niemals!
    Kuno hatte sie allein gelassen,
nachdem er ihr nochmals gedroht hatte.
    Sie schlüpfte aus dem Bett.
Eilig zog sie sich an.
    Flucht!
    Aber nicht Flucht mit den
Schleusern, sondern weg von ihnen. Vor ihnen wollte sie fliehen.
    Kuno würde nicht damit rechnen,
dass sie sich so rasch entschloss.
    Sie zog ihre gelbe Wetterjacke
an. In ihrer Umhängetasche steckten Portmonee, Schülerausweis und was sie so
brauchte. Die große Tasche ließ sie zurück. Wenn nur dieses mulmige Gefühl im
Magen nicht wäre! Leise öffnete sie die Tür.
    Stille im Haus.
    Olivia huschte nach vorn zur
Galerie, blieb stehen und horchte.
    Die Stille hielt an, war
geradezu unheimlich.
    Mit weichen Knien schlich sie
die Treppe hinunter. Auch in der Kaminhalle lagen dicke Teppiche.
    Zur vorderen Tür? Lieber nicht.
Sicherlich gab es einen hinteren Eingang, der nicht abgeschlossen war. Sie fand
ihn. Die Tür war zwar verschlossen, aber der Schlüssel steckte. Leise konnte
Olivia öffnen.
    Als sie auf den Hof trat,
schlug ihr kühle Luft entgegen. Für einen Moment brachen die grauen Wolken auf
und ein paar Sonnenstrahlen drangen herab. Die Sonne stand bereits hoch. Olivia
merkte erst jetzt, dass es schon später Vormittag war. Sie hatte lange
geschlafen.
    Niemand war auf dem Hof. Auch
in den Gebäuden gegenüber, die offenbar zur Schnaps-Brennerei gehörten, war
Wochenendstille.
    Sie schloss die Tür hinter
sich. Geduckt unter den Parterre-Fenstern durch! Herzklopfen. Und ein total
trockner Mund.
    Als sie die Hausecke erreichte,
atmete sie erleichtert auf. Sie schob den Kopf um die Mauerkante und — blickte
Dr. Heribert Specht ins Gesicht.
    Er stand nur einen Schritt
entfernt, kalte Wut auf der feisten Visage. Hinter der randlosen Brille waren
die Augen wie Eis.
    „Na, mein Fräulein?“, meinte er
höhnisch. „Ein bisschen die Füße vertreten? Oder was hast du vor? Hat dir Kuno
nicht gesagt, dass du drin bleiben sollst!“

    Er packte sie an der Schulter.
Es tat weh. Beinahe hätte Olivia aufgeschrien. Doch ihr Blick wurde abgelenkt,
denn in diesem Moment tauchten die Kids auf, vier Jugendliche auf Bikes: drei
Jungs und ein Mädchen. Sie stoppten vorn in der Einfahrt, wo das Tor offen
stand, und saßen ab.
    Der Große — ein braungebrannter
Typ mit dunklen Locken — trug seine Basecap verkehrt herum. Er sah aus wie 17,
obwohl er sicherlich jünger war.
    „Hallo!“, rief er. „Sind wir
hier richtig bei der Spirituosen-Firma von Dr. Heribert Specht?“
    „Ein falsches Wort“, zischelte
Specht, „und ich bringe dich um! Mach ein fröhliches Gesicht, du Kanaille!“
    Er drehte sich um zu den
Biker-Kids.
     
    *
     
    Das dürfte Specht sein, dachte
Tim. Wie erwartet: ein Fiesling. Und wie der mit seiner Tochter umgeht! Sah
fast aus, als klatscht er ihr eine. Ist denn das ‘ne Erziehung?! Arme Maus! Der
zittern ja die Lippen.
    Der
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