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Bei Anruf - Angst

Bei Anruf - Angst

Titel: Bei Anruf - Angst
Autoren: Stefan Wolf
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sein. Seine Hand in der
Hosentasche berührte den Zettel, auf dem er sich die Rufnummer notiert hatte. Hat
Zeit, hat Zeit! Wer tut denn mir einen Gefallen?!
    Er drehte sich um.
    „Im Moment kann ich Dietmar
nicht erreichen. Adolf auch nicht. Die sind sicherlich in Aktion. Die haben
nämlich was Großes vor. Hoffentlich kann ich sie warnen, bevor sie nichts ahnend
zurückkommen. Denn hier brennt der Boden. Verstehst du? Keiner von uns kann
noch länger hier bleiben. Auch du nicht.“
    „Ich?“ Das Entsetzen nahm ihr
den Atem. „Wieso kann ich nicht hier bleiben? Ich habe doch nichts getan.“
    „Du bist Dietis Schwester. Damit
gehörst du zu uns. Außerdem weißt du Bescheid. Und wie man sich auf dich
verlassen kann — das hast du ja gestern Abend bewiesen.“
    „Aber... was heißt das: wir
können nicht hier bleiben?“
    „Wir müssen untertauchen. Uns
absetzen ins Ausland.“
    „Was... soll ich denn dort?“
    „Das wird sich finden. Und
darüber entscheidet Dieti. Schließlich ist er dein Bruder — er! Du bist
minderjährig. Also wird Dieti für dich alles regeln.“
    Tränen liefen ihr übers
Gesicht. „Aber ich habe doch nichts zu befürchten. Ich wusste doch bis vor
kurzem gar nichts von dem, was ihr treibt. Warum soll ich ausbaden, was ihr
verschuldet habt? Ich könnte doch hier bleiben.“ Sein Blick wurde noch kälter. „Weißt
du: Mir ist das eigentlich völlig egal. Mir geht es um meine Haut. Nicht um
deine oder um die der andern. Ich soll auf dich aufpassen. Das habe ich Dieti
versprochen. Du hast mich gelinkt. Soll er sich um dich kümmern und bestimmen,
was mit dir wird. Ich bin froh, wenn ich dich nicht mehr auf dem Hals habe.
Aber bis zu seiner Rückkehr bin ich nun mal verantwortlich für dich. Das habe
ich versprochen und dabei bleibt’s. Doch ich will keine weiteren Scherereien.
Deshalb verlange ich, dass du dich absolut fügst. Das heißt: Du bleibst hier in
deinem Zimmer, bis Dieti antanzt. Du rührst dich nicht aus dem Haus. Und halt
dich fern vom Telefon! Klar?“
    Sie nickte. Antworten konnte
sie nicht, denn sie hatte plötzlich entsetzliche Angst vor ihm.

21. Nachrichten aus St. Amarusetta
     
    Tim hatte natürlich vorher
angerufen. 10 Uhr war mit Gaby verabredet. Jetzt schlug eine Kirchturmuhr zehn
mal und der gusseiserne Klang hallte über die malerische Altstadt.
    Die Jungs stellten ihre Bikes
in die Zufahrt zum Hof, traten ins Haus und liefen die Treppe hinauf zur
Glocknerschen Etagenwohnung, die ja direkt über dem kleinen Feinkostgeschäft
liegt, das Gabys Mutter betreibt. Heute Vormittag bediente dort allerdings die
Aushilfe, denn Frau Glockner öffnete den Jungs und zauberte damit strahlendes
Grinsen auf die Gesichter. Gabys Mutter ist ja auch zu nett, wahnsinnig apart
und zweifellos die Mutter ihrer Tochter — denn die Ähnlichkeit, wie Tim immer
wieder feststellt, sieht ein Blinder.
    Herzliche Begrüßung. Den
sanften Rüffel, dass Gaby letzte Nacht sehr spät nach Hause gebracht worden
sei, steckten die Jungs weg, deuteten Besserung an, indem sie die Schultern
hochzogen. Natürlich wussten alle, dass das ein leeres Versprechen war.
    „Mein Mann ist noch nicht von
der Nachtschicht zurück“, erklärte sie. „Da ist was vorgefallen. Immerhin — er
kommt gleich!“
    Zunächst mal kam Gaby aus dem
Bad, pflegemäßig frisch, aber noch mit einer Portion Müdigkeit in den Blauaugen
— wie Tim sofort feststellte.
    „Hallo, ihr!“
    Tim umarmte seine Freundin.
Bussi auf Stirn und Nasenspitze.
    „Hoffentlich hattest du
ausreichend Schönheitsschlaf, Pfote.“
    „Wieso Schönheitsschlaf? Habe
ich den nötig? Gefalle ich dir nicht mehr?“
    „Meine Begeisterung für dich
grenzt an Wahnsinn.“
    „Übernimm dich nicht! Es ist
noch Tee da. Wollt ihr?“ Die Jungs lehnten dankend ab, denn Karls Mutter hatte
keinen Frühstückswunsch offen gelassen. Im Falle von Kakao, Schoko-Keksen oder
ähnlichem Nahrungsangebot, hätte Klößchen zwar seine Meinung geändert, aber
diese Speisekarte lag nicht vor.
    Oskar, Gabys schwarz-weißer
Cockerspaniel, trottete aus dem Mädchenzimmer, hörte die Jungs und führte sich
sofort auf wie von allen Flöhen gebissen. Besonders an Tim, seinem Liebling,
sprang er hoch wie ein Gummiball. Mit Streicheln und Knuddeln verging einige
Zeit. Gaby war inzwischen wieder im Bad, um ihre blonde Mähne mit weiteren 50
Bürstenstrichen zu pflegen.
    Die Jungs warteten im Wohnraum.
Tim hörte, wie die Eingangstür aufgeschlossen wurde. Glockners
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