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Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur

Titel: Behzat C. - jede beruehrung hinterlaesst eine spur
Autoren: Emrah Serbes
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dieser Kälte hier rumstehen?«
    Anscheinend war an der Theorie, daß dicke Menschen weniger frieren, etwas faul. Harun wollte ihn mit dem Ausruf: »Mund halten!« zum Schweigen bringen, doch das sorgte nur für einen kleinen Aufruhr in der Gruppe. Da eine körperliche Auseinandersetzung am Tatort das letzte war, was Behzat Ç gebrauchen konnte, ging er sofort dazwischen und entfernte Harun. Harun war in punkto Kontaktpflege zur Öffentlichkeit recht schlecht. Die halbstündigen Menschenrechtsseminare, an denen sie einmal im Jahr teilnehmen mußten, reichten einfach nicht aus.
    Soweit er es aus den Körpersprache-Lehrgängen mitgenommen hatte, die Hauptkommissaren als Teil der internen Fortbildung erteilt wurden, versuchte er sich in schön beruhigenden, entspannten Bewegungen.
    »Liebe Leute, habt bitte noch fünf Minuten Geduld, wir müssen kurz noch unsere Arbeit machen und dann können wir alle nach Hause gehen.«
    Der Dicke aber wollte sich partout nicht entspannen.
    »Von wegen fünf Minuten, wir stehn hier jetzt schon seit einer geschlagenen Stunde«, schrie er.
    Daraufhin schob Behzat Ç die mühsam erlernte Körpersprache sowie alles, was ihm aus den teilnahmeverpflichtenden Psychologiekursen in Erinnerung geblieben war, beiseite und ging ihn an wie ein stinknormaler Hauptkommissar: »Ist ja gut, Bursche! Sei einfach nur still, ja? Still! Der redet ja immer noch?!?«
    Als Yavuz zusammen mit den Sanitätern die Bahre in den Sanitätswagen trug, kam Harun mit den restlichen Einträgen.
    »Über die anderen ist nichts vermerkt. Was sollen wir machen?«
    »Nehmt den Barbesitzer und die Geburtstagsgäste mit, ich guck mir die Bar mal an.«
    »Was sollen wir mit den Vorbestraften machen? Einer Körperverletzung, der andere BTM.«
    »Die sollen morgen vorbeikommen. Wo sind Sıtkı und das Phantom?«
    »Schauen sich wohl die Terrasse an, von der das Mädchen gesprungen ist.
    »Schön.«
    Harun hakte sich bei ihm unter und flüsterte: »Sollen wir den schreienden Fettwanst auch mitnehmen?«
    Der Fettwanst nörgelte inmitten der Wartenden aufrührerisch herum. Er hatte seine Brille abgenommen und wischte mit einem Papiertaschentuch die beschlagenen Gläser ab.
    »Nein. Ich will keinen Aufstand. Laßt die Leute gehen.«
    Harun zeigte auf zwei dunkelhäutige Männer, die in einer Ecke standen, und fragte leise: »Was sollen wir mit denen machen?«
    Bevor er das Gebäude betrat, entgegnete Behzat Ç im gleichen Tonfall: »Die Leute aus Tunceli könnt ihr auch gehen lassen.«
    Das Haus hatte keinen Aufzug. Er mußte die steilen Treppenstufen bis zum obersten Stockwerk nehmen. Unterwegs ging zweimal die Flurbeleuchtung aus. Er nahm sich vor, einen Blick auf den Ort zu werfen, von dem sich Betül in den Tod gestürzt hatte, und dann nach Hause zu fahren und ein paar Stunden zu schlafen. Genau vor dem Eingang zur Bar kam ihm ein kompakter Typ, der bestimmt fünfzehn Zentimeter kleiner war als er, entgegen und drängte sich vorbei. Er drehte sich um und musterte den Mann. Der kam ihm nicht bekannt vor.
    »Entschuldigen Sie?«, sprach er ihn an.
    Als der Mann sich mit dem Ausruf »War was?« umdrehte, fragte er ebenso hart zurück: »Wer bist du denn?«
    »Was geht dich das an? Wer bist du überhaupt?«
    Behzat Ç packte den Typen am Kragen und knallte ihn dank seines Größenvorteils an die Wand. Das Phantom und Sıtkı hatten die Stimmen gehört und waren vor die Tür gekommen. Sie gingen sofort dazwischen. Nun trat aus der Bar ein Mann mit schwarzem Überzieher, militärischem Aussehen und angegrautem Haar und stellte sich neben Behzat Ç. Er zeigte seinen Ausweis, deutete auf den kompakten Mann und sagte: »Er gehört zum Dienst.«
    Als er sah, wie der kompakte Mann tief durchatmete und sich anschickte zu sprechen, brachte er ihn mit einem Fingerzeig zum Schweigen.
    »Du geh.«
    Der Kompakte schüttelte demonstrativ den Kopf und schnalzte wiederholt mit der Zunge: »Ts, ts, ts.«
    Wankenden Schrittes stieg er die Treppen hinab. Der Mann, der aus der Bar herausgetreten war, raffte seinen Überzieher zusammen und sagte: »Es kann gut sein, daß wir in diesem Fall zusammenarbeiten werden. Wir müssen einander helfen.«
    »Was haben Sie denn mit dem Fall zu tun?«
    Der Mann kniff die Augen zusammen und strich seinen Schnurrbart glatt. Sie standen jetzt Auge in Auge. Es war eine unerwartete Frage, die vom Tonfall her gegen die alteingesessenen Verhaltensregeln verstieß. Die Flurbeleuchtung verlosch. Eine Weile blieben sie in
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